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Sozialbestattungen Sozialbestattungen: Das passiert wenn man einsam stirbt

31.10.2016, 08:29
Ein preiswerter Sarg für 350 Euro aus Nadelholz, gedacht für Sozialbestattungen mit finanzieller Unterstützung der Kommunen.
Ein preiswerter Sarg für 350 Euro aus Nadelholz, gedacht für Sozialbestattungen mit finanzieller Unterstützung der Kommunen. dpa-Zentralbild

Halle/Stendal - „Umsonst ist nur der Tod“, sagt der Volksmund. Stimmt aber nicht, wenn es um Beerdigungskosten geht, die mangels Verwandten oder Geld nicht gedeckt sind. Dann trifft es die Allgemeinheit.

Sozialbestattungen kosten Sachsen-Anhalt 1,7 Millionen Euro

Die Kommunen in Sachsen-Anhalt stellen sich darauf ein, künftig häufiger für Bestattungen aufkommen zu müssen. Bereits jetzt ist in einigen Städten ein Anstieg erkennbar, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Sie springen ein, wenn sich keine Angehörigen finden lassen, diese nicht zahlen können oder wollen. Im vergangenen Jahr gaben die Landkreise nach Angaben des Statistischen Landesamts fast 1,7 Millionen Euro für 1324 sogenannte Sozialbestattungen aus.

In Magdeburg werden Tote ohne Angehörige auf einem speziellen Urnengrabfeld auf dem Westfriedhof beigesetzt. „Jeder Bestattungsplatz ist mit einer Keramikplatte, die Namen sowie Geburts- und Sterbedaten aufführt, versehen“, teilte die Stadt mit. Bei den Bestattungen, für die Halberstadt sorgen muss, gibt es hingegen keine Namenstafeln: Die Toten finden auf der grünen Wiese in einer Gemeinschaftanlage ihre letzte Ruhe.

Anzahl der Sozialbestattungen in Magdeburg verdoppelt

Die Landeshauptstadt meldet einen langjährigen Zuwachs von Todesfällen, bei denen kein Angehöriger die Beerdigung veranlasste: Waren es 2003 erst 85, verdoppelte sich diese Zahl im vergangenen Jahr. Nicht alle Gestorbenen hätten tatsächlich keine Angehörigen, hieß es. Oft seien die Familienverhältnisse zerrüttet und die Verwandten weigerten sich zu zahlen.

Die Ämter in Naumburg müssten meistens aushelfen, weil sich die Verwandten die Beerdigung nicht leisten könnten, teilte ein Sprecher mit. Von den 45 Verstorbenen, bei denen sich die Stadt vergangenes Jahr um die Bestattung gekümmert habe, hätten nur fünf keine Angehörigen gehabt. Die Toten würden grundsätzlich eingeäschert und anonym bestattet. Nur in den seltensten Fällen kämen Bekannte oder Bewohner aus dem Altersheim zur Beerdigung.

Quedlinburg bleibt auf 4.400 Euro sitzen

In Stendal liefen für Sozialbestattungen im vergangenen Jahr rund 18.000 Euro Kosten auf, ebenso in Quedlinburg im Harz. Die Welterbe-Stadt sei letztlich aber nur auf 4.400 Euro sitzen geblieben, rechnete die Verwaltung vor. In allen anderen Fällen konnten die Kosten aus dem Nachlass der Gestorbenen finanziert werden oder wurden nachträglich von den Verwandten zurückerstattet.

Quedlinburg zählte im Vorjahr 36 Fälle, in denen es zunächst für die Bestattung geradestand. Ein Trend sei erkennbar: Die steigende Zahl an Sozialbestattungen hänge zum einen mit der zunehmenden Vereinsamung älterer und vor allem pflegebedürftiger Menschen zusammen, erläuterte ein Stadtsprecher. Dazu komme das wachsende Maß an Altersarmut und oder auch Verschuldung.

Sozialbestattungen: „Der letzte Wille wird berücksichtigt“

Während die meisten Kommunen für Sozialbestattungen Urnenbeisetzungen wählen, überwiegt in Stendal die Beerdigung im Sarg. Ist das nicht teurer? „Beim Vertragspartner der Stadt ist das die günstigere Form“, sagte Stadtsprecher Klaus Ortmann. Allerdings könne bei Vorlage einer Willensbekundung des Gestorbenen von der Erdbestattung abgewichen werden. Dies gilt in allen Kommunen.

Auch eine Alternative zur Urnenbestattung sei möglich, wenn es testamentarisch so festgelegt sei oder religiöse Gründe dafür sprächen, teilte etwa Halle mit. „Der letzte Wille wird berücksichtigt.“ Die Saalestadt registriert seit 2013 jährlich rund 150 Fälle. Meistens könnten sich die Angehörigen die Bestattung nicht leisten.

In Salzwedel in der Altmark hingegen gibt es nach Angaben der Stadt immer mehr Gestorbene, die tatsächlich keine Angehörigen haben. Sie kämen meist aus Kliniken oder Pflegeheimen. Auch die zunehmende Altersarmut mache sich bemerkbar, hieß es. In Sangerhausen konnten in diesem Jahr bisher bei acht Verstorbenen keine Angehörigen gefunden werden. In 19 weiteren Fällen seien die Verwandten erst nachträglich ermittelt worden, teilte die Verwaltung mit. Dann wurden die Kosten in Rechnung gestellt.

Trotzdem fielen jedes Jahr einige tausend Euro an, auf denen die Stadt sitzen bleibe. „Wir gehen davon aus, dass das in den nächsten Jahren zunimmt, weil sich Angehörige nicht mehr kümmern“, erklärte die Stadt. Die Vereinsamung älterer allein lebender Menschen nehme leider spürbar zu. (dpa)