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Grausige Entdeckung Grausige Entdeckung: Steckt hinter Knochenfund eine Straftat?

Von Dirk Skrzypczak 26.10.2016, 05:00
Handelt es sich bei diesem Skelett um die Überreste einer Frau? Experten sind dabei, die Knochen zu bestimmen.
Handelt es sich bei diesem Skelett um die Überreste einer Frau? Experten sind dabei, die Knochen zu bestimmen. Janette Selz

Frankleben - Es ist ein warmer Spätsommertag. In den frühen Abendstunden des 29. September gräbt Christine Haase mit ihrem Schwiegersohn im Garten, der sich in der Anlage „Glückauf“ in Frankleben befindet. Den Teich für die Goldfische wollen sie vergrößern, als der Spaten plötzlich in 1,20 Metern Tiefe auf ein Hindernis trifft. „Erst dachten wir, dass es sich um einen Stein handeln könnte. Bis plötzlich die Erde aus den Augenhöhlen rieselte. Das war ein Schock“, sagt Haase. Der Fall ist erst jetzt durch einen Tipp an die MZ bekanntgeworden.

Die Familie alarmierte die Polizei. Ermittler der Kripo waren schnell vor Ort, auch Experten aus dem Landesmuseum für Vorgeschichte und Archäologie in Halle werden hinzugezogen. Die Polizei schaltet zudem das Rechtsmedizinische Institut der Universität in Halle ein. „Unter anderem soll die Liegezeit der Skelett-Teile bestimmt werden. Hinweise auf eine Straftat gibt es noch nicht“, sagt Polizeisprecher Jürgen Müller auf Nachfrage der MZ.

Drei Leichen?

„Offenbar wurden dort mehrere Personen begraben. Die Rede ist von drei Leichen“, erzählt unterdessen Haases Tochter Janette Selz. Als ihre Mutter den Garten vor 16 Jahre übernommen hatte, befanden sich am Fundort noch Rasen und ein Baum. Wie die Archäologen einschätzten, soll es sich bei den menschlichen Überresten um mindestens eine Frau handeln. „Ein Skelett war gut erhalten, da hat man sogar noch die Zähne gesehen. Es wurde in einer Art Embryo-Haltung vergraben. Wer macht denn so was?“, fragt die junge Frau.

Es ist die Ungewissheit, die die Familie seit nunmehr über drei Wochen beschäftigt. Handelte es sich um ein Verbrechen? Das Gelände, auf dem sich heute die Gartenanlage erstreckt, war früher Ackerland, kein Friedhof. Die Felder gehörten zum Schloss. „Ich möchte einfach nur Klarheit, denn so ein grausiger Fund beschäftigt einen sehr“, sagt Christine Haase. Bis 1947 ließe sich die Geschichte der Gärten zurückverfolgen.

Alter der Knochen

Dass Knochenreste gut erhalten sind, sei in Mitteldeutschland nicht ungewöhnlich, erklärt indes Alfred Reichenberger, Chef der Öffentlichkeitsarbeit im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. „Das liegt an der Beschaffenheit der Böden.“ Um das Alter der Knochen zu bestimmen, gebe es mehrere Möglichkeiten. Finden sich Grabbeigaben, dann lassen sich diese relativ zeitgenau datieren. Im Fall von Frankleben lagen im Erdreich aber nur die Knochen.

„Wir haben die Möglichkeit, den radioaktiven Zerfall von Kohlenstoff zu messen, der in den Knochen nachweisbar ist. Zu Lebzeiten haben die Personen aus der Atemluft den Kohlenstoff aufgenommen. Mit dem Tod stoppt der Prozess. Die Zerfallsrate ermöglicht uns dann die Bestimmung“, sagt Reichenberger. Das Ergebnis steht aber noch aus.

Den Gartenteich hat Christine Haase übrigens umgesetzt. „Mit dem Wissen, dass an der alten Stelle irgendetwas passiert ist, konnte er da doch nicht bleiben.“ Und unwohl fühle sie sich auch. Normalerweise übernachte sie im Sommer gern in ihrem Garten. „Aber ob ich das noch einmal mache, kann ich heute nicht sagen.“ (mz)