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Attacke an der Wohnungstür Merseburg: Angriff auf Afrikaner und seine Familie an der Wohnungstür

07.10.2016, 15:00

Merseburg - Es ist ein erschreckender Fall rassistischer Gewalt: In Merseburg sind  ein Afrikaner, seine Frau und ihr fünfjähriger Enkel zu Hause von zwei Männern  zusammengeschlagen worden. Die Polizei geht von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus. Deswegen ermittelt nun auch der Staatsschutz.

Die beiden 47 und 63 Jahre alten Täter kamen aus direkter Nachbarschaft, sie wohnen in derselben Straße. Am Donnerstabend klingelten sie stark alkoholisiert an der Wohnungstür des  44-Jährigen aus Liberia. Als der ohne etwas Schlimmes zu ahnen die Tür öffnete, griffen ihn die Männer sofort an.  Mit Schlagstock und Schlagring prügelten sie ihn krankenhausreif.

Seine deutsche Partnerin wollte ihm zur Hilfe eilen und wurde dabei ebenfalls attackiert. Selbst vor dem Fünfjährigen machten die Männer  nicht Halt. Alle drei Opfer mussten im Krankenhaus behandelt werden.

Rassistischer Angriff in Merseburg: Täter wurden verhaftet, Opfer sind im Krankenhaus

Die Polizei  nahm die mutmaßlichen Angreifer noch am Donnerstagabend fest. Gegenüber den Beamten äußerte sich der 63-jährige Merseburger dabei mehrfach fremdenfeindlich.

Bei ihm wurde ein Atemalkoholwert von zweieinhalb Promille festgestellt. Bei dem 47-Jährigen lag dieser bei zwei Promille. 

Während der Ältere die Tat bei der späteren Vernehmung mit der Begründung einräumte, den Afrikaner wegen lauter Musik zur Rede stellen zu wollen, stritt der Jüngere seine Beteiligung ab. Die beiden Tatverdächtigen wurden nicht in Untersuchungshaft genommen. Gegen sie ermittelt die Staatsanwaltschaft nun unter anderen wegen gefährlicher Körperverletzung.

Torsten Hahnel vom Verein Miteinander aus Halle sieht den Überfall als Konsequenz der Flüchtlingsdiskussion der vergangen zwei Jahre, in der rassistische Positionen immer enthemmter ausgesprochen worden seien. „Offener Rassismus und Hetze sind fast schon normal und werden auch zu wenig in der Öffentlichkeit sanktioniert“, sagt Hahnel.

In Folge dieser gesunkenen Hemmschwelle  komme es nun eben dazu, dass die Leute Taten, über die sie zuvor vielleicht nur am Stammtisch gesprochen hätten, auch in der Realität umsetzten.

Angriff auf Afrikaner und seine Familie in Merseburg: Keine neue Eskalationsstufe der Gewalt?

Dennoch sei es keine neue Eskalationsstufe der Gewalt.  „Solche Vorfälle gab es immer wieder, zum Beispiel in diesem Frühjahr in Halle“, sagt Hahnel. Ende April waren drei junge Punks in ihrer Wohnung im Schlaf überrascht und von mehreren Tätern zusammengeschlagen worden. Anschließend verwüsteten die Unbekannten die Zimmer. Der Staatsschutz nahm die Ermittlungen auf. Konkrete Ergebnisse wurden bisher nicht präsentiert.

„Mit der Radikalisierung der Sprache, mit der Steigerung der Aggressivität geht seit Monaten eine dramatische Zunahme der Angriffe auf vermeintlich Nichtdeutsche einher“, sagt Henriette Quade, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag Sachsen-Anhalts. Sie bezeichnet den Angriff auf die Familie als „besonders brutal und entgrenzt“.

Die Gesellschaft müsse nun mit Solidarität, Sicherheit und Schutz für die Betroffenen reagieren. „Eine klare Verurteilung der Täter - gesellschaftlich, politisch und juristisch - ist  wichtiger denn je“, so Quade.

Nach dem Vorfall konnte der Mann aus Liberia das Krankenhaus noch am Donnerstag und seine Partnerin am Freitagvormittag verlassen.  Der Fünfjährige ist weiterhin in Behandlung. (mz)