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Häusliche Gewalt Häusliche Gewalt Sachsen-Anhalt: Übergriffe gegen Männer nehmen zu

Von Oliver Müller-Lorey 04.10.2016, 06:00
Während sich Sachsen um die betroffenen Männer u.a. mit Schutzwohnungen kümmert, gibt es bis jetzt in Sachsen-Anhalt lediglich die Möglichkeit der Beratung.
Während sich Sachsen um die betroffenen Männer u.a. mit Schutzwohnungen kümmert, gibt es bis jetzt in Sachsen-Anhalt lediglich die Möglichkeit der Beratung. Symbolbild/Pixabay

Magdeburg/Dresden - In Sachsen-Anhalt werden immer mehr Männer Opfer häuslicher Gewalt. So stieg die Zahl der Fälle sogenannter häuslicher Gewalt in den vergangenen fünf Jahren von 480 auf 743, ein Anstieg von 54 Prozent.

Das bedeutet, dass von 3.851 Opfern in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr fast jedes fünfte männlich war. Auch Frauen litten im Vergleichszeitraum immer häufiger unter häuslicher Gewalt, doch bei ihnen war der Anstieg weniger stark ausgeprägt als beim vermeintlich starken Geschlecht.

Immer mehr Frauen straffällig

Das Innenministerium Sachsen-Anhalts hält sich mit Vermutungen zu den Gründen zurück. Auf MZ-Anfrage hieß es nur, der Anteil der Delikte sei im Vergleich zu allen Straftaten eher gering. Generell sei „im Bereich der weiblichen Tatverdächtigen ein prozentualer Anstieg in den vergangenen Jahren zu erkennen. Und zwar in allen Deliktgruppen“, erklärt Ministeriumssprecher Christian Fischer.

Mit anderen Worten: Frauen werden generell häufiger straffällig als früher. Außerdem gebe es ein „verändertes Anzeigeverhalten“, so Fischer: Straftaten werden von den Opfern tendenziell häufiger zur Anzeige gebracht als noch in der Vergangenheit.

Keine Schutzwohnungen für Betroffene in Sachsen-Anhalt

Hilfe bekommen betroffene Männer in Sachsen-Anhalt nur in Form einer Beratung. Betroffene haben keine Möglichkeit, in eine Schutzwohnung zu flüchten, so wie Frauen in Frauenhäuser. „Das Land fördert gegenwärtig keine Schutzeinrichtungen für männliche Opfer von häuslicher Gewalt. Diese Einrichtungen sind derzeit nicht geplant“, sagt Detlef Thiel, Sprecher des für Gleichstellung zuständigen Justizministeriums. Dabei würden männliche Opfer häuslicher Gewalt vereinzelt durchaus nach solchen Unterbringungsmaßnahmen fragen.

Doch Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) sieht keinen Handlungsbedarf und verweist auf die Interventionsstellen, an die sich auch Männer wenden könnten. „Nach wie vor sind Frauen weitaus häufiger von häuslicher Gewalt betroffen als Männer.“ Natürlich gebe es auch Männer, die Unterstützung suchen. Der Wunsch nach einer sicheren Unterbringung sei aber nicht in einem solchen Umfang da, dass eine landesweite Vorsorge notwendig sei, sagt Keding.

Nachbarland Sachsen geht das Problem an

Sachsens Gleichstellungsministerin Petra Köpping (SPD) wird da schon deutlicher. Dem MDR sagte sie: „Gleichstellungspolitik ist auch Männersache. Eine moderne Gleichstellungspolitik kann heute nicht mehr nur Frauensache sein.“

Der Ankündigung lässt das Nachbarland Taten folgen: So ist die sächsische „Landesfachstelle Männerarbeit“ - eine vom Land geförderte Organisation - dabei, spezielle Männerwohnungen in Dresden und Leipzig einzurichten. Sie sollen ähnlich wie Frauenhäuser funktionieren. Männer, die von zu Hause fliehen müssen, können in den Schutzwohnungen unterkommen - auch mit ihren Kindern. Zunächst sollen in Leipzig und der Landeshauptstadt jeweils drei Plätze bereit stehen, später auch in Chemnitz, sagte Frank Scheinert, Leiter der Landesfachstelle.

Die Schutzräume würden sich vor allem an Opfer sexueller, körperlicher und psychischer Gewalt richten. Sowohl hetero- als auch homosexuelle Paare seien betroffen. „Bei körperlicher Gewalt geht es um Schubsen, Beißen und Kratzen aber auch mal darum, dass in der Küche ein Messer gezogen wird“, sagt Scheinert.

Psychische Gewalt erfahren etwa Männer, wenn ihre Partnerinnen drohen, ihnen das gemeinsame Kind wegzunehmen. Selbst Fälle, in denen Männer zwangsverheiratet werden sollten, sind ihm aus Sachsen bekannt. (mz)