1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Saalekreis
  6. >
  7. Jugendanstalt Raßnitz: Jugendanstalt Raßnitz: Yoga für mutmaßlichen Mörder von Yangjie Li

Jugendanstalt Raßnitz Jugendanstalt Raßnitz: Yoga für mutmaßlichen Mörder von Yangjie Li

Von Michael Bertram 28.09.2016, 10:16
Jugendanstalt Raßnitz - Zelle
Jugendanstalt Raßnitz - Zelle Peter Wölk

Rassnitz - Trostlose Betonwüsten, dunkle Löcher als Zellen und Gefangene, die sich aufgrund ihrer kriminellen Energie und Langeweile auch hinter meterhohen Mauern mit krummen Dingern wie Schutzgelderpressungen und Drogenhandel ein schönes Leben machen: Die Klischees von Haftanstalten und ihren Insassen sind vielfältig, zeichnen jedoch ein verzerrtes Bild - auch wenn sich nun viele nach dem Angriff auf den mutmaßlichen Mörder der chinesischen Studentin Yangjie Li aus Dessau in der Jugendanstalt Raßnitz in ihrer Wahrnehmung bestätigt fühlen dürften.

Fakt ist zwar, dass auch in Raßnitz - neben Burg eines der modernsten Gefängnisse im Land - Übergriffe wie der jüngste auf den dort seit Mai in U-Haft sitzenden Mordverdächtigen immer wieder vorkommen. So wurden erst im Februar dieses Jahres zwei Insassen aus Raßnitz vom Landgericht Halle verurteilt, weil sie Mitgefangene erpresst und verletzt hatten.

382 Haftplätze

Dennoch gilt die Einrichtung, die 2002 eröffnet wurde und 382 Haftplätze bietet, als vorbildlich. Zu diesem Schluss kam auch eine Prüfkommission der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter, die bundesweit Haftanstalten besucht und die jeweiligen Bedingungen kritisch unter die Lupe nimmt. Gelobt wurde insbesondere die bauliche Konzeption der Jugendanstalt, in der ausschließlich männliche Jugendliche und Heranwachsende bis zu einem Höchstalter von 26 Jahren untergebracht sind.

Denn tatsächlich erinnert vor allem der Innenhof so gar nicht an ein Gefängnis. Umgeben von mehreren Hafthäusern, in denen die Gefangenen in Wohngruppen von zwölf bis 20 Personen zusammenleben, bietet ein begrünter Hof samt Teich ein angenehmes Umfeld. Hier steht auch eine kleine Kirche, in der Gottesdienste stattfinden oder sich Seelsorger mit den Gefangenen befassen.

Regelmäßig Projekte

In der Anstalt finden auch regelmäßig Projekte statt. So wird etwa Theater gespielt oder gemalt. Einige der Werke sind in den Fluren des Verwaltungstraktes zu sehen. Regelmäßig finden Fußballturniere in der gefängniseigenen Turnhalle statt, an der auch Mannschaften von draußen teilnehmen. Zuletzt wurde bei einer solchen Aktion Geld für den Verein zur Förderung krebskranker Kinder in Halle gesammelt.

Mit ihrer Spezialisierung auf männliche Jugendliche und Heranwachsende ist die Anstalt eine von zwei zentralen Einrichtungen im Land und damit eine Schlüsselstelle mit Blick auf die Resozialisierung von Straftätern. Dabei steht insbesondere das Thema Bildung im Fokus. In der Jugendanstalt können die Gefangenen sowohl Schul- als auch Berufsabschlüsse erwerben. Diese Möglichkeiten werden auch rege genutzt.

Mehrere Werkstatthallen

Dutzende Insassen haben Raßnitz inzwischen mit einem Hauptschul- oder sogar erweiterten Realschulabschluss verlassen, mehrere Werkstatthallen ermöglichen den Gefangenen ein Berufsvorbereitungsjahr oder gar eine komplette Ausbildung im handwerklichen Bereich.

Im Jahr 2012 eröffnete in Raßnitz zudem eine spezielle sozialtherapeutische Abteilung mit 24 Plätzen für ausgewählte Gewalt- und Sexualstraftäter, die dort intensiver betreut werden. Ziel ist es, das Risiko eines Rückfalls nach der Haftentlassung zu senken. Dabei helfen soll unter anderem „Bones“, eine Kanarische Dogge, die für das Verhaltenstraining eingesetzt wird. „Der Hund soll bei uns erst einmal ein Hilfsmittel sein, um einen besseren Zugang zu den Gefangenen zu bekommen“, sagte zur Einweihung der Abteilung Anstaltsleiter Klaus-Dieter Schmidt. Neben Gesprächen und einer Suchtberatung stehen auch dort kreative Angebote auf dem Programm: Theater, Kunsttherapie, Yoga und autogenes Training.

Darüber hinaus bietet die Jugendanstalt jungen Vätern, die hier ihre Strafe verbüßen und dadurch eingeschränkten Kontakt zu ihren Partnerinnen und Kindern haben, ein besonderes Projekt. Einmal im Monat sind Familientreffen in einem extra für diese Zwecke eingerichteten Spielzimmer möglich. Das soll die soziale Bindung stärken und auch auf diese Weise auf das Leben nach dem Gefängnis vorbereiten. (mz)