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Mordfall Yangjie Li  Mordfall Yangjie Li : Verdächtiger Sebastian F. wurde bereits in U-Haft geschlagen

27.09.2016, 20:00
Die beiden Verdächtigen im Fall Yangjie Li.
Die beiden Verdächtigen im Fall Yangjie Li. privat

Dessau/Raßnitz - Der mutmaßliche Mörder und Vergewaltiger der chinesischen Studentin Yangjie Li aus Dessau ist selbst zum Opfer geworden. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist der 21 Jahre alte Tatverdächtige bereits Anfang September in der Untersuchungshaft in der Jugendanstalt Raßnitz von einem Mithäftling geschlagen und verletzt worden. Der Angreifer hatte mit einem in einer Socke eingewickelten Vorhängeschloss zugeschlagen.

Wie das Justizministerium in Magdeburg bestätigte, erlitt er bei der Attacke eine blutende Wunde hinter dem rechten Ohr. „Diese wurde sofort mit einem Pflaster versorgt, weiterer medizinischer Maßnahmen bedurfte es nicht“, sagte die stellvertretende Ministeriumssprecherin, Jana Pietzsch. 

Beide Gefangene getrennt

Aufgrund des Vorfalls im Sportbereich der Jugendanstalt wurden beide Gefangene räumlich getrennt und in anderen Wohngruppen untergebracht. Gegen den Angreifer sei mit zwei Wochen Arrest eine Disziplinarmaßnahme verhängt und Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Halle gestellt worden. 

Die Behörde bestätigte ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, wollte sich zu den Hintergründen des Angriffs aufgrund der laufenden Ermittlungen jedoch nicht äußern. Darüber lässt sich freilich spekulieren: Bekanntlich haben Sexualstraftäter in Gefängnissen einen schweren Stand, geraten leichter in die Schusslinie von Mithäftlingen. Oder besteht gar ein Zusammenhang zum familiären Hintergrund des 21-Jährigen? Immerhin waren beide Eltern jahrelang ranghohe Polizisten. 

Bis zum Vorfall keine Probleme

Ein solches Motiv schließt zumindest das Justizministerium gegenwärtig jedoch aus. „Das Opfer war seit seiner Unterbringung in der Jugendanstalt Raßnitz auch schon mehrmals mit anderen Gefangenen beim Sport und es gab dort - wie auch im Vollzugsalltag - weder Probleme noch Anfeindungen“, sagte die Sprecherin. Demnach hatte die Anstaltsleitung auch keine Veranlassung dazu gesehen, den Haftalltag des 21-Jährigen einzuschränken oder ihn besonders zu bewachen.

Auch eine Unterbringung in einem anderen Bundesland bis zum Beginn des Prozesses gegen ihn und seine Lebensgefährtin, mit der er den Mord gemeinschaftlich begangen haben soll, wäre zwar möglich gewesen, aber nicht in Betracht gekommen. 

103 Strafanzeigen im Jahr

Nach MZ-Informationen soll der 21-Jährige selbst in Raßnitz bislang nicht auffällig geworden sein. Vermutlich war der Angriff deshalb nur einer von vielen. Denn in der Jugendanstalt kommt es immer wieder zu handfesten Auseinandersetzungen. Wie das Justizministerium erklärte, wurden allein im vergangenen Jahr wegen Körperverletzungen unter den Gefangenen 103 Strafanzeigen erstattet.  

Der immer wieder beklagte Personalmangel in den Gefängnissen spiele in Raßnitz aus Sicht der Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten keine Rolle. „Die Jugendanstalt ist aufgrund eines anderen Schlüssels personell gut aufgestellt“, meinte der Landesvorsitzende, Uwe Bülau. Bei jungen Gefangen bestehe das Problem, dass sie Konflikte nicht mit Worten, sondern mit Fäusten lösen wollen. „Genau deshalb sind viele ja genau dort gelandet“, sagte der Gewerkschafter. (mz)