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Überalterung und Personalnot Überalterung und Personalnot: Woher sollen neue Feuerwehrleute kommen?

Von Klaus-Dieter Kunick 06.09.2016, 05:00
Uniformen hängen im Umkleideraum einer Feuerwehr.
Uniformen hängen im Umkleideraum einer Feuerwehr. dpa-Zentralbild

Weißenfels - In der Weißenfelser Feuerwehr brennt die Luft - bildlich gesprochen natürlich, aber es trifft den Kern: Der Personalrückgang ist deutlich zu spüren, sagt Steve Homberg. Der stellvertretende Stadtwehrleiter spitzt  zu: „Wir haben steigende Einsätze, aber immer weniger Kameraden zur Verfügung.“ Zu den derzeit gemeldeten rund 350 Mitgliedern einschließlich der 15 Ortswehren fehlen gut weitere 100 Kameraden. Das führe teilweise zu dramatischen Situationen.

„Wir haben elf Einsatzfahrzeuge, aber zu wenige Fahrer“, ergänzt er. Es dürfe sich nicht wiederholen, dass bei einem Brand an einem Wohnhaus eine Drehleiter angefordert wurde, aber die nicht geschickt werden konnte, weil es keinen Fahrer gegeben habe. Glücklicherweise stellte sich bei dem Brand heraus, dass das Essen angebrannt sei und nichts Ernsthaftes passierte.

Keine Lösung in Sicht

Ist eine Lösung in Sicht? „Derzeit wohl kaum“, erklärt Kreisbrandmeister Silvio Suchy. Es werde immer schwieriger, junge Kameraden zu gewinnen. Besonders auf den Dörfern sei die Überalterung zu spüren. Selbst die von einigen Kommunen gezahlte Aufwandspauschale von zehn Euro pro Einsatz sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, ergänzt er. „Dieser Trend wird sich verstärken“, sagt der Weißenfelser Stadtwehrleiter Steffen Müller.

Woher also die Kameraden nehmen? Gute Erfahrungen gebe es zwar mit den 30 Kinderwehren, die es im Landkreis flächendeckend gebe. Aber: Von zehn Kindern, die in Wehren mitarbeiten, blieben statisch gesehen  drei, die später in der Wehr aktiv mitmischen, sagt Verbandsjugendfeuerwehrwart Rüdiger Blokowski.

Nachwuchsbereich „aufgefüllt“

Dass die Reihen der Wehren in erster Linie aus dem Nachwuchsbereich „aufgefüllt“ werden sollen, ist den Verantwortlichen klar. Doch das braucht Zeit. Bis dahin stecken die Weißenfelser den Kopf nicht in den Sand, sondern ergreifen die Initiative - sie wollen Frauen ansprechen und für die Mitarbeit in der Wehr gewinnen. „Es gibt nichts, was Frauen nicht machen können“ - den Worten von Steve Homberg folgen Taten: Justine Henschel hat die Fahrerlaubnis zum Führen eines Lkw bereits in der Tasche, Sandra Paudler zieht derzeit nach.

In der Fahrschule von Wilfried  Damerau lenkt die 30-Jährige derzeit einen 14-Tonner durch die Gegend. Justine brachte ihren ersten Einsatz schon hinter sich: „Ich habe den Einsatzleiter einfach gefragt, ob ich fahren darf“, erinnert sie sich. Der gab „grünes Licht“ und ab ging die Fuhre mit sechs Kameraden sowie mit Blaulicht und ta-tü-ta-ta. „Ich war allerdings ganz schön aufgeregt“, räumt die 21-Jährige ein.

Atemschutzgeräteträgerin und Rettungsassistentin

Sie absolvierte aber nicht nur den Führerschein, sondern auch den Maschinistenlehrgang, sie ist zudem Atemschutzgeräteträgerin und als Rettungsassistentin steht sie mit Rat und Tat den Kameraden bei der Ersten Hilfe zur Seite. „Wir suchen weitere Frauen, selbstverständlich auch Männer, Quereinsteiger, die sich hier  in der Wehr mit einbringen“, fügt Steve Homberg hinzu. Diesen unhaltbaren Zustand mit der Drehleiter zu verändern, ist auch das Ziel von Sandra  Paudler  - es sei für sie durchaus vorstellbar, irgendwann das Fahrzeug zu steuern.

Doch es gibt zugleich jede Menge hausgemachte Probleme, die relativ einfach gelöst werden könnten. So komme es eben immer wieder vor, dass Kameraden, die tagsüber auf Arbeit sind, von ihrem Unternehmen zu Brandeinsätzen nicht freigestellt werden. „Das kann und darf nicht sein“, ärgert sich Steve Homberg. „Als ob es nicht in dem Haus brennen könnte, in dem das Unternehmen selbst sitzt. Was dann? Die Chefs sollten mal darüber nachdenken“, fügt er hinzu.

Entwurf zur Änderung des Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz

Was an der Basis passiert, ist dem Magdeburger Innenministerium nicht verborgen geblieben. So werde derzeit an einem Entwurf zur Änderung des Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt gearbeitet.  Dabei sind die  Vorstellungen einer Arbeitsgruppe mit den Kreisbrandmeistern sowie den Gemeindewehrleitern erörtert worden.

„Kommunale Arbeitgeber soll ermöglicht werden, bei gleicher Eignung Angehörige der Feuerwehr bevorzugt einzustellen, sofern andere rechtliche Regelungen nicht zwingend entgegen stehen. Hiermit soll den Kommunen ermöglicht werden, die personelle Einsatzbereitschaft ihrer Feuerwehren positiv zu beeinflussen“, ist von Pressesprecher Christian Fischer vom Magdeburger Innenministerium zu erfahren. (mz)