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Umstrittene Biogasanlage Umstrittene Biogasanlage: Fleischwerk Tönnies verliert die Geduld

Von Petra Wozny 02.09.2016, 06:30
Eine der Protestveranstaltungen gegen die Biogasanlage in der Wählitzer Kirche mit Oliver Wendenkampf (am Mikrofon).
Eine der Protestveranstaltungen gegen die Biogasanlage in der Wählitzer Kirche mit Oliver Wendenkampf (am Mikrofon). Peter Lisker

Hohenmölsen/Weißenfels - Die seit zwei Jahren andauernde Diskussion um eine Biogasanlage in Webau wird neu befeuert. Geplant war, dass in dieser Anlage neben Altbroten und Fetten auch Schlachtnebenprodukte aus dem Weißenfelser Fleischwerk Tönnies vergärt werden sollen. Dies war bereits vorab vertraglich abgesichert worden.

Tönnies hat diesen Vertrag nun gekündigt. Das bestätigt der Verwaltungsleiter des Unternehmens, Andreas Töpfer. Das Unternehmen begründet die Kündigung des Vertrages damit, dass der bereits für 2014 avisierte Bau sich weiter verschiebe. „Wir entsorgen auch so täglich unsere Abfälle und müssen nicht warten“, ist vom Tönnies-Verwaltungschef zu hören. Es habe die Absicht seitens Tönnies bestanden, an die Vergärungsanlage jährlich mehr als 60.000 Tonnen Magen- und Darminhalte geschlachteter Tiere zu liefern.

Bürgerinitiative kontra Tönnies

Dies entspräche dem Schlachtabfall von rund acht Millionen Tieren. Für die Bürgerinitiative (BI), die sich gegen den Bau der Anlage gegründet hatte, ein unerträglicher Zustand. Die BI sieht im Betreiben einer Vergärungsanlage eine unmittelbare Gefahr dafür, dass Böden, Wasser und die Luft verunreinigt werden könnten. Hinzu komme aus ihrer Sicht, dass die Verkehrswege in Richtung Granschütz durch die Zulieferer stark belastet würden.

Granschützer Einwohner befürchten einen Werteverfall ihrer Grundstücke. Die BI klagt gegen den Bau der Vergärungsanlage. Um den Rechtsstreit bezahlen zu können, die Bürgerinitiative rechnet mit etwa 15.000 Euro, wurde bereits mehrfach zu Spendensammlungen aufgerufen. In der Erlebniskirche von Wählitz fanden einige Veranstaltungen unter Federführung des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) statt, wo gerade die Vergärung von Tierresten für massive Aufregung sorgten.

BUND ist erstaunt

BUND-Landesgeschäftsführer Oliver Wendenkampf war erstaunt darüber, dass es keinen Vertrag mehr mit dem Weißenfelser Fleischwerk gibt. „Ich höre das zum ersten Mal. Wir haben immer gemutmaßt, dass Fleischabfälle vergärt werden sollen. Liegt uns eine schriftliche Bestätigung von dem neuen Sachverhalt vor, werden wir unsere Argumentation zurücknehmen. Aber wir sprechen uns generell gegen die Anlage aus.“

Formal ist der Bau der Anlage, die auf dem Industriegelände des Mitteldeutschen Bitumenwerkes stehen soll, bereits vom Landesverwaltungsamt genehmigt. Die BI bemängelt jedoch, dass bis heute Auflagen, gerichtet an den Geschäftsführer der geplanten Anlage, Henner Paskarbies, nicht erfüllt worden seien. Paskarbies hielt sich gestern auf MZ-Anfrage bedeckt. „Ich kann dazu nichts sagen“, meinte er. Die Zwölf-Millionen-Investition sieht er wegen eines nicht vorliegenden Vertrages eines Zulieferers nicht in Gefahr.

Bürgermeister Andy Haugk mahnt zur Sachlichkeit

„Tönnies hätte uns 50 Prozent der zu vergärenden Produkte geliefert. Auch mit Halblast wäre die Anlage ausgelastet“, meinte er. Mit dem Bau soll begonnen werden, wenn der Rechtsstreit beendet ist. Der Geschäftsführer rechnet fest mit einer Entscheidung für die Errichtung der Biogasanlage. „Für uns ist es nicht die erste Anlage, die wir bauen. Da gab es hin und wieder Proteste.“

Bürgermeister Andy Haugk (parteilos) mahnt zum sachlichen Umgang in der Diskussion um den Bau der Anlage. „Wir haben ausreichend Biogasanlagen in unserer Region, wie zum Beispiel in Nessa. Über die spricht kaum einer.“ Versöhnlich klingt es auch bei Tönnies. „Sollte die Anlage in Betrieb gehen, denken wir neu über einen Vertrag nach“, stellt Verwaltungsleiter Töpfer in Aussicht. (mz)