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Belantis Belantis bei Leipzig: Wie Erwin Linnenbach den Freizeitpark in die Zukunft führen will

Von Steffen Höhne und Constantin Blaß 24.08.2016, 08:27
Der Macher: Erwin Linnenbach steht vor dem neu gestalteten Belantis-Logo.
Der Macher: Erwin Linnenbach steht vor dem neu gestalteten Belantis-Logo. Andreas Stedtler

Leipzig - Im Süden Leipzigs liegt Ostdeutschlands größter Freizeitpark: Belantis. Vor zweieinhalb Jahren übernahm Erwin Linnenbach als Geschäftsführer und Hauptgesellschafter das Ruder des Unternehmens. Seither wurde das Angebot noch stärker auf Familien ausgerichtet.

Die Besucherzahlen steigen. Die Zukunft der Freizeitparks sieht Linnenbach als Kombination aus virtuellen und real erlebbaren Welten.

Sie werben für Belantis mit acht Themenwelten und rund 60 Attraktionen. Doch was ist bei den Gästen das beliebteste Fahrgeschäft?
Linnenbach: Die beliebtesten Fahranlagen sind - statistisch gesehen - zwei Achterbahnen. Das ist der „Drachenritt“ in der Ritterburg. 84 Prozent der Gäste fahren damit. Da es nicht so wild zugeht, steigt in diese Bahn auch die Oma mit ein. Ähnlich verhält es sich bei der „Cobra“, die wir im vergangenen Jahr angeschafft haben. Dabei handelt es sich um einen 24-Personen-Zug, der rasant Fahrt aufnimmt. Auf unsere größte Achterbahn, „Huracan“, traut sich dagegen nur gut ein Drittel der Besucher.

Belantis: Freizeitpark in Sachsen für Familien

Das Zielpublikum sind ja auch eher Familien mit Kindern von vier bis 14 Jahren.
Linnenbach: Ja, der Themenpark ist so ausgerichtet, dass Kinder unter sieben Jahren mit der Ausnahme von zwei, drei Fahrgeschäften alle Attraktionen nutzen können. Das heißt aber nicht, dass Jugendliche und Erwachsene hier keinen Spaß haben.   

Kleinkinder spielen heute mehr auf dem iPad als auf dem Spielplatz. Inwiefern wird die Digitalisierung und der Einsatz von Virtual-Reality Freizeitparks beeinflussen?
Linnenbach: Enorm. Schon jetzt nutzen Parks in Amerika die Virtual-Reality-Technik. Auch in Deutschland sammelt der Europa Park in Rust mit einer Achterbahn bereits Erfahrungen. Ich selbst war im vergangenen November in der US-Stadt Orlando (Florida) bei der IAAP, der weltgrößten Freizeitpark-Messe. Dort war das wichtigste Thema Virtual Reality beziehungsweise auf Achterbahnen bezogen „Coastiality“. Ich habe dort sensationelle Dinge gesehen, die Freizeitparks auf eine neue Stufe heben werden – ohne sie zu ersetzen.

Wie könnte das aussehen?
Linnenbach: Künftig ist vorstellbar, dass unsere Besucher mit der Achterbahn „Drachenritt“ fahren – aber mit einer Computer-Brille auf dem Kopf. Die Fahrt geht dann nicht durch eine Ritterburg, sondern beispielsweise durch eine Unterwasserwelt oder eine Höhle. Ein und dieselbe Fahrt wird dann zu einem ganz anderen Erlebnis.

Gibt es bei Ihnen konkrete Überlegungen in Richtung solcher Virtual-Reality-Angebote?
Linnenbach: Überlegungen gibt es eine ganze Menge, aber für die kommenden zwei bis drei Jahre planen wir keine derartigen Projekte. Doch die Technik wird kommen und den Freizeitparks helfen, ihr größtes Problem abzumildern.

Und zwar?
Linnenbach: Dass wir unser Geschäft maximal von April bis Oktober betreiben können. Wir sind extrem wetterabhängig. Mit der Computer-Brille können unsere Gäste auch in einer Halle zum Beispiel auf Zombie-Jagd gehen.

Belantis-Chef Erwin Linnenbach im Video:

2017 soll eine neue Attraktion in Belantis entstehen

Welche Neuheiten sind in Belantis geplant?
Linnenbach: Für 2017 soll eine neue Fahr-Attraktion für die gesamte Familie entstehen. Mehr Details möchte ich aber noch nicht verraten. Unsere Architekten erarbeiten gerade Vorschläge. Zudem wollen wir durch den Bau einer neuen Halle unabhängiger vom Wetter werden.

Wie läuft das Geschäft aktuell? Steigen die Besucherzahlen?
Linnenbach: Wir haben im vergangenen Jahr zehn Prozent Wachstum erzielt, in diesem Jahr sind wir bisher bei 14,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gelungen sind uns die Steigerungen, indem wir 193 Tage im Jahr geöffnet haben – anstatt 140 wie noch vor drei Jahren. Zudem haben wir das Geschäft mit Firmenkunden ausgeweitet, die gleich den gesamten Park für ihre Mitarbeiter gebucht haben. Wir richteten auch mehrere Sonderveranstaltungen aus, zum Beispiel ein Box-Event oder eine Abendöffnung zum Wave-Gotik-Treffen in Leipzig. Da waren allein 10.000 Anhänger der Schwarzen Szene bei uns, sind Achterbahn gefahren und hatten Spaß. Das kann man nicht in Eintrittstickets abrechnen. Wichtig ist, dass wir unsere Infrastruktur wie die Gastronomie noch besser auslasten.

Belantis erwartet 2016 mehr als 600.000 Besucher

Können Sie dennoch eine Hausnummer bei den Gästezahlen nennen?
Linnenbach: Es werden in diesem Jahr sicher mehr als 600.000 sein.

In den 90er Jahren baute Erwin Linnenbach (55) die sächsischen Radiosender RSA und PSR auf und wurde später Geschäftsführer und kleiner Anteilseigner der Radiocast-Gruppe mit dutzenden Sender- und Unternehmensbeteiligungen in Deutschland.

Zur Jahrtausendwende war Linnenbach für diese auch federführend am Aufbau des Freizeitparks beteiligt, in den mehr als 60 Millionen Euro investiert wurden. 2012 hängte „Sachsens wichtigster Radio-Manager“ („Bild-Zeitung“) seinen Job an den Nagel. Auf eigene Rechnung stockte Linnenbach dann seine Belantis-Anteile auf und ist heute Hauptgesellschafter.

Seit dem Frühjahr 2014 führt er auch die Geschäfte des Parks mit rund 60 festen Mitarbeitern und zahlreichen Aushilfskräften. Das  Gelände erstreckt sich auf 107 Hektar, davon wird derzeit allerdings erst ein knappes Viertel genutzt.

Wirtschaftet der Park profitabel?
Linnenbach: Wir müssen jedes Jahr ein siebenstelliges Ergebnis verdienen, um weiter investieren zu können. Platz ist ausreichend da. Wir nutzen derzeit erst knapp ein Viertel des Geländes von 107 Hektar. Andere Parks wie der Europa-Park in Rust oder das Phantasialand in Brühl sind zwar deutlich größer, von den Expansionsmöglichkeiten ist Belantis aber einzigartig.

Woher kommen Ihre Gäste?
Linnenbach: Gut 30 Prozent kommen aus dem Raum Leipzig/Halle. Aus Halle haben wir etwa so viele Gäste wie aus Leipzig. Das ist erstaunlich, da die Stadt deutlich kleiner ist. Insgesamt kommen 40 Prozent unserer Gäste aus Sachsen, dann folgt Sachsen-Anhalt mit 20 Prozent. Deutlich dahinter liegen Thüringen (15 Prozent) und Berlin (sieben Prozent). Die anderen Besucher kommen unter anderem aus Bayern, Hessen, sowie Polen und der Tschechischen Republik.

Profitiert Belantis von der Boomtown Leipzig?

In Leipzig steigen die Touristenzahlen von Jahr zu Jahr deutlich. Profitiert davon auch Belantis?
Linnenbach: Mir liegen dazu keine genauen Zahlen vor. Ich schätze es momentan allerdings so ein, dass wir nur wenig profitieren.

Woran liegt’s?
Linnenbach: Lassen Sie es mich so sagen: In der Vermarktung der Seenlandschaft, in deren Mitte Belantis liegt, steckt noch viel Potenzial. Die Interessengruppen im Landkreis Leipziger Land versuchen, die Vermarktung voranzuschieben. Mein Eindruck ist, dass die Entwicklung des Tourismus auf der Agenda von Landrat Henry Graichen weit oben steht. Wir selbst sind aber auch bereits aktiv geworden und haben uns mit anderen regionalen Freizeit-Veranstaltern wie beispielsweise den Seenbetreibern um uns herum, Vineta und dem Kanupark zusammengetan. Wir wollen auf Messen wie der Beach & Boat die Region gemeinsam präsentieren.

Könnte ein eigenes Hotel dem Park mehr auswärtige Gäste sichern?
Linnenbach: Sicher, aber dies rechnet sich derzeit noch nicht.

Gibt es Konkurrenz für den Freizeitpark Belantis in Leipzig?

Wer ist der größte Konkurrent für Belantis in der Region?
Linnenbach: Wir haben keinen direkten Konkurrenten in Form eines anderen Freizeitparks in der Region. Das ist unser Vorteil. Wir stehen aber mit anderen Anbietern im Wettbewerb um die verfügbare Freizeit der Menschen. Das ist zum Beispiel auch RB Leipzig. Wer Samstag zum Fußballspiel geht, der kommt nicht in unseren Park. Unser Ziel ist es, auch mehr überregionale Gäste anzuziehen. Je besser die Seenlandschaft touristisch erschlossen wird, umso besser wird uns das in Zukunft auch gelingen. (mz)