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Montagsdemo in Zeitz Montagsdemo in Zeitz: "Gesetze der Schande müssen weg" meint Peter Moser

24.08.2016, 05:00
Peter Moser
Peter Moser Torsten Gerbank

Zeitz - Seit zwölf Jahren gibt es in Zeitz Montagsdemos gegen Hartz IV und für soziale Gerechtigkeit. Jedoch ist die Zahl der Teilnehmer geschrumpft - von rund 2.500 auf durchschnittlich etwa 15. MZ-Reporter Torsten Gerbank sprach darüber mit Peter Moser, Sprecher der Demonstranten.

Wie bewerten Sie die Entwicklung von einst 2.500 Teilnehmer auf jetzt zehn bis 15?

Moser: Als zwar sehr bedauerlich, aber nicht als Zeugnis gegen die Berechtigung unserer Proteste. Ich werte das als Resignation, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit in weiten Teilen der Bevölkerung. Die Entwicklung der Erkrankungsraten bei psychischen Erkrankungen wie auch die Entwicklung der Selbstmordrate oder die geringe Wahlbeteiligung stützen diese Einschätzung.

Wie lange sollen die Proteste noch weitergehen?

Moser: Die Proteste sollten fortgesetzt und möglichst noch verschärft werden, bis die Hartz-IV-Schandgesetze als Protestursache vom Tisch sind. Auch deshalb können wir mit den geringen Teilnehmerzahlen nicht zufrieden sein.

Ist es nicht inzwischen mehr Hobby als Protest, dass Sie sich Montag für Montag auf dem Roßmarkt treffen?

Moser: Der Protest findet ja keineswegs um seiner selbst Willen oder gar aus Lust und Tollerei statt, wie auch nicht aus Geltungsdrang. Er richtet sich gegen den tollwütig rasenden Abbau jener Sozialstandards, die in mehr als ein Jahrhundert langen Kämpfen gegen den erbitterten Widerstand mächtiger Unternehmerkreise durch die arbeitenden Menschen erkämpft wurden.

Warum glauben Sie, dass die Aktionen noch sinnvoll sind?

Moser: Wir nähern uns hinsichtlich Sozialstandards ja bereits wieder deutschen Zuständen, wie sie vor Bismarck herrschten und damals insbesondere auch durch die deutsche Sozialdemokratie beispielhaft bekämpft wurden. Leider findet man gegenwärtig in dieser Frage auch bei der SPD aber nur Lippenbekenntnisse, wie auch bei den meisten anderen Parteien.

Glauben Sie, dass Ihr Protest noch wahr- und ernst genommen wird?

Moser: Jedenfalls erhalten wir von Staats- wie Konzernmedien weit weniger Aufmerksamkeit als diese Organe deutlich belangloseren Anliegen zuwenden. Das ist gewiss kein Zufall. Nach meinen Informationen soll es allerdings im Bundesinnenministerium eine Dienststelle geben, welche die bundesweiten Montagsdemos recht aufmerksam im Auge behält. Das ist doch schon was.

Was wollen Sie erreichen?

Moser: Wir wollen zumindest jenen Sozialstandard wieder erreichen, wie ihn die Bundesrepublik in ihren besseren Zeiten einmal hatte. Damals hatten Langzeitarbeitslose zum Beispiel einen Rechtsanspruch auf Arbeitslosenhilfe, weil dies ein Anspruch war aus ihrer Arbeitslosenversicherung - den man mit den Hartz-Gesetzen abgeschafft hat, bei übrigens keineswegs gesenkten Beiträgen zu dieser Versicherung.

Was konkret haben Sie in den vergangenen zwölf Jahren erreicht?

Moser: Einiges, zum Beispiel - gegen harten Widerstand anfangs selbst aus den Gewerkschaften - konnte unsere bundesweite Bewegung als Einstieg einen gesetzlichen Mindestlohn erreichen. Dieser Mindestlohn ist zwar noch unbefriedigend niedrig, aber es ist ein Erfolg. In Zeitz konkret konnte für die Hartz-IV-Empfänger eine verbesserte Lösung bei den Kosten der Unterkunft (KdU) erreicht werden. Das alles geschah nicht im Selbstlauf und solche Erfolge werden sich auch zukünftig nicht selbsttätig einstellen.

(mz)