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Hamsterkäufe  Bundesregierung empfiehlt Hamsterkäufe: Warum erneuert die Regierung ihr Konzept zur Zivilverteidigung?

Von Steven Geyer 22.08.2016, 11:00

Berlin - Das Konzept der Zivilverteidigung stammt aus der Zwischenkriegszeit, doch in Deutschland wurde es aber vor allem im Kalten Krieg gepflegt: In der DDR war „ZV“ nicht nur die Organisation für den Schutz von Bevölkerung, Volkswirtschaft, Versorgung und der „kulturellen Werte“ im Havarie- und Angriffsfall, die Rettungs- und Einsatzkräfte landesweite vernetzte. Auch an Schulen waren entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten, teils auch im Umgang mit der Waffe, Teil des Lehrplans.

In der alten Bundesrepublik wurde das letzte Konzept zur Zivilverteidigung im Januar 1989 beschlossen. Es regelte Evakuierung und Notfallversorgung, aber auch, dass die Regierung im Krisenfall in einem Atombunker in Ahrtal bei Bonn untergebracht würde. Die Anlage ist seit fast 20 Jahren nicht mehr im Einsatz und seit 2008 als „Dokumentationsstätte Regierungsbunker“ ein Museum, das sich mit dem Kalten Krieg beschäftigt.

Neues Gesamtkonzept sollte her

Nun sehen Bundestag und Regierung wieder die Notwendigkeit solcher Pläne: Im Zuge der wachsenden Sorge vor Terroranschlägen seit 2001 hatte der Bund zwar Notfallszenarien aktualisiert und gemeinsame Übungen mit den Ländern wieder aufgenommen, die Havarien und Anschläge simulierten. Der Bundesrechnungshof mahnte jedoch ein Gesamtkonzept an, der Bundestag gab es vor vier Jahren in Auftrag – das Bundesinnenministerium hat es seither erarbeitet und will es in dieser Woche der Öffentlichkeit vorstellen.

Als größte Gefahr sieht das Ministerium laut FAS „hybride Konflikte“: Angriffe, bei denen ein Gegner neben konventionellen Waffen etwa Computerviren oder Sabotage einsetzt. Zwar sei „ein Angriff auf das Territorium Deutschlands, der eine konventionelle Landesverteidigung erfordert, unwahrscheinlich“, heißt es. Doch verlange die Vorsorge, „sich trotzdem auf eine solche, für die Zukunft nicht grundsätzlich auszuschließende existenzbedrohende Entwicklung angemessen vorzubereiten“.

Neu in dem Konzept ist zudem der Gedanke, dass die Bundeswehr nicht nur im Ausland aktiv sein könne, sondern auch Nato- und EU-Bündnispartner verteidigen müsse – und so Angriffe auch auf deutschen Boden wieder denkbar seien. Nötig sei ein verlässliches Alarmsystem sowie Vorgaben, wie Gebäude angriffssicherer werden können und ausreichende Kapazitäten im Gesundheitssystem. Die Bevölkerung soll im Notfall zum Selbstschutz fähig sein, bevor staatliche Maßnahmen anlaufen, um eine ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Energie und Bargeld sicherzustellen.

Die Union verteidigt das Konzept samt seiner Warnungen gegen die Kritik. „Die Neufassung des Zivil- und Katastrophenschutzes ist vollkommen sachgerecht und notwendig“, sagte der innenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, dieser Zeitung. „Nicht nur, aber auch wegen der verschärften Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus ist es wichtig, die Abwehr- und Reaktionsfähigkeit unserer Zivilschutzorganisationen in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und den neuen Herausforderungen anzupassen“, so Mayer. Es sei auch wichtig, die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren, sich im Fall einer Katastrophenlage nicht nur auf die staatlichen Strukturen zu verlassen, „sondern auch Eigenverantwortung in Form einer gewissen Eigenvorsorge zu übernehmen“, betonte der Unionspolitiker.

Ein Mensch kann nur vier Tage ohne Flüssigkeit auskommen

Bereits nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA und dem Elbehochwasser 2002 – als die Bundesländer zuständig, aber überfordert waren – hatte der Bund wieder begonnen, sich um Katastrophenschutz und -vorsorge zu kümmern. So wurde 2004 in Bonn das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, BBK, gegründet, von dem es auch schon Richtlinien für die „persönliche Notfallvorsorge“ gibt – vom Verhalten bei längeren Stromausfällen bis hin zur Frage, welches und wieviel Essen und Trinken jeder bevorraten sollte. Zentraler Hinweis: „Ein Mensch kann unter Umständen drei Wochen ohne Nahrung auskommen, aber nur vier Tage ohne Flüssigkeit.“ Das BBK rät zur Lagerung von 14 Litern Mineralwasser pro Person.