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Deutsche Bahn Deutsche Bahn: Probleme mit IC-Doppelstockzügen

Von Christian Schafmeister 17.08.2016, 21:26
Bei den IC-Doppelstockzügen gibt es weiterhin Probleme.
Bei den IC-Doppelstockzügen gibt es weiterhin Probleme. dpa

Halle (Saale) - Die neuen IC-Doppelstockzüge, mit denen die Deutsche Bahn eine neue Generation im Fernverkehr einläuten will, werden für den Konzern immer mehr zum Sorgenkind.

Zum einen sind die technischen Probleme an den rund 15 Millionen Euro teuren Zügen offenbar noch größer als bislang bekannt. Zum anderen hat sich die Einführung auf der Stecke von Dresden über Hannover nach Köln um sieben Monate verzögert, weil Bombardier als Hersteller viele der Züge nicht pünktlich ausgeliefert hat.

Nach MZ-Informationen denkt die Bahn deshalb inzwischen sogar darüber nach, sich von den Doppelstockzügen im Fernverkehr wieder zu verabschieden. Eine Sprecherin wollte dies nicht kommentieren.

IC-Doppelstockzüge der Deutschen Bahn: Behörde muss zustimmen

Noch im November 2015 hatte Bahn-Produktmanager Karsten Kemeter erklärt: „Sie werden gerne mit dem Zug fahren.“ Bereits kurz nach der Einführung des Prestige-Zuges Ende 2015 räumte der Konzern dann aber ein, es gebe auf einigen Strecken „Querbewegungen, die von den Reisenden als Wanken empfunden werden“.

Die damalige Hoffnung, die Probleme nur durch eine Änderung der Radprofile in den Griff zu bekommen, hat sich in der Zwischenzeit zerschlagen. Daher wird nun zusätzlich das gesamte Feder- und Dämpfersystem überarbeitet - ein umfangreicher Eingriff, für den eine Zulassung durch das Eisenbahnbundesamt erforderlich ist.

Bereits im Jahr 2011 gab es Überlegungen, Doppelstockwagen auf IC-Linien einzusetzen. Der Plan sah zunächst einen Start für 2013 vor, der jedoch auf Mitte 2014 verschoben wurde. Als Grund für die Verspätung nannte Hersteller Bombardier Verzögerungen bei der Zulassung durch das Eisenbahn-Bundesamt. Erstmalig wurde der Doppelstockwagen schließlich erst Ende 2015 auf der Strecke von Ostfriesland nach Leipzig eingesetzt. (mz)

„Die Tests sind erfolgversprechend gelaufen“, sagte eine Bahnsprecherin. Auf eine schnelle Verbesserung können die Kunden dennoch nicht hoffen: So rechnet die Bahn erst Anfang 2017 mit der erforderlichen Zulassung.

Zudem hatte der Konzern schon im Januar 2016 von einem „vielversprechenden Ansatz“ gesprochen, als es um die Änderung der Radprofile ging. Viel weiter sind Konzern und Hersteller bis heute nicht: Die neuen Radprofile werden derzeit an zwei Zügen getestet.

Von den zunächst 27 eingeplanten Zügen sind aktuell 23 im Einsatz, die meisten auf der Strecke von Dresden über Halle bis an die Nordsee. Ab Anfang September rollen auch die ersten beiden Züge auf der Strecke von Dresden über Halle nach Köln - sieben Monate später als geplant.

Die Bahn macht dafür den Hersteller Bombardier verantwortlich. So wurden die neuen Züge nach Angaben der Bahnsprecherin „größtenteils später geliefert als zugesagt“. Außerdem seien sie „nicht so zuverlässig im Betrieb, wie wir das vorausgesetzt hatten“.

Zur Behebung von Mängeln seien auch aktuell noch „deutlich mehr Züge in der Instandhaltung als ursprünglich geplant“. Dabei gehe es aber nur um Einschränkungen des Komforts, nicht um ein sicherheitsrelevantes Problem. Zu möglichen Forderungen gegenüber Bombardier wollte sich die Bahnsprecherin nicht äußern.

Die Probleme mit dem Prestige-Zug, der bis 2030 die teils 40 Jahre alte IC-Flotte ersetzen soll, bekommen die Bahn-Kunden derweil immer stärker zu spüren. So waren für die Strecke nach Köln bereits viele Reservierungen verkauft worden, die aber nicht in Anspruch genommen werden konnten, weil die neuen IC-Züge noch gar nicht fertig waren.

Berichten zufolge wurden als Ersatz alte, einstöckige IC-Züge, die aber deutlich weniger Sitzplätze haben, angeboten. Teils habe das Zugpersonal die Bundespolizei alarmiert, um überfüllte Züge räumen zu lassen. Die Bahn bestätigte, dass es im Frühjahr „Probleme mit Reservierungen“ gegeben hat. Die entsprechenden Gebühren seien den Kunden erstattet worden.

Skepsis bei Fahrgastverband

Der Fahrgastverband Pro Bahn hat angesichts der ungelösten technischen Probleme und den monatelangen Verzögerungen mittlerweile grundsätzliche Zweifel an der Tauglichkeit des neuen Zuges. „Ich werde langsam skeptisch“, erklärte Verbandschef Karl-Peter Naumann der MZ.

„Es ist immer schwierig, wenn bei einem solchen Zug von Beginn an der Wurm drin ist, dann werden die Dinge im Laufe der Zeit häufig nur schlimmer statt besser.“ Sollte die Bahn tatsächlich die Kehrtwende vollziehen und im Fernverkehr wieder ausschließlich auf einstöckige Züge setzen, würde Naumann das begrüßen. „Das hielt ich für gut.“

Ohnehin hält er Doppelstockzüge im Fernverkehr nur „für bedingt geeignet“. Die Gründe liegen für den Pro-Bahn-Chef auf der Hand. „Gepäck und Treppen, das verträgt sich einfach schlecht.“ Doch auch der Service entspreche nicht dem, was der Kunde im Fernverkehr erwarten könne.

So müssten sich die Bahn-Mitarbeiter, die im neuen IC ein kleines gastronomisches Angebot bereit hielten, mit Snacks und Getränken über Treppen und Gänge zu den Reisenden vorarbeiten. „Wenn ich in Magdeburg einen Kaffee bestelle, will ich ihn aber nicht erst in Helmstedt serviert bekommen“, sagte der Verbandschef. (mz)