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DFB-Pokal  DFB-Pokal: Amateurverein fühlen sich von Auflagen erdrückt

Von Frank Hellmann 18.08.2016, 06:00

Ravensburg - Es sind zuletzt stressige Tage für Peter Mörth und seine Mitstreiter gewesen. Mit wenig Schlaf und vielen Zweifeln. Haben wir an alles gedacht? Wird alles reibungslos klappen? „Persönlich geht das an die Schmerzgrenze“, sagt das Vorstandsmitglied des RV Ravensburg.

Der baden-württembergische Oberligist hat seinen Landespokal gewonnen und eröffnet am Freitag das alljährliche Spielchen zwischen David und Goliath. Gegen den Bundesligisten FC Augsburg. Sowohl die Oberschwaben als auch die bayrischen Schwaben hätte es schlechter treffen können. Dumm nur: Der RV Ravensburg hat gar kein richtiges Heimspiel, sondern zieht ins 25 Kilometer entfernt gelegene Pfullendorf.

Umzug für 7.500 Euro Stadionmiete

„Wir hatten wegen den geforderten DFB-Standards keine andere Wahl“, erzählt Mörth, „auch wenn da aus meiner Sicht viele unnötige Dinge verlangt werden.“ Der 55-Jährige hatte auch in Ulm oder Memmingen nachgefragt, ehe sich Pfullendorf als beste Lösung erwies. Nun zahlt der Gastgeber zusätzliche 7.500 Euro an Stadionmiete, stellt Shuttlebusse, damit die erhofften 7.000, 8.000 Zuschauer anreisen können. 13.000 Euro verschlingen Fahrtkosten der Gäste und Schiedsrichterhonorare. „Ein Wahnsinnskraftakt“, sagt der 55-Jährige, „wir brauchen schon 5.000 Besucher, damit wir plus minus Null aus der Sache herauskommen, denn die Zuschauereinnahmen werden ja geteilt.“ Und ohne die Unterstützung der benachbarten Vereine wäre die organisatorische Herausforderung nicht zu stemmen.

Es fließen vom DFB zwar 140.000 Euro Garantiesumme, aber davon sind auch Podeste für die Kameras oder der Sicherheitsdienst zu bezahlen. Der Sportliche Leiter aus Ravensburg beteuert: „Du brauchst einen Bundesligisten, um das zu refinanzieren. Sonst ist der Pokal ein Schuss ins Knie.“ Die hohen Anforderungen stellt auch die beauftragte Produktionsfirma, seitdem jedes Pokalspiel vom Bezahlsender Sky live übertragen wird. Kleinere Klubs fühlen sich förmlich erdrückt, weil sie sich zwangsläufig eine Ausweichstätte suchen müssen. Das eine Mal reicht die Fluchtlichtanlage nicht aus, das andere Mal fehlt ein Trennzaun für die Gästefans.

Der Verlust des Heimrechts schmerzt auch den Bremer SV. Der Bremen-Ligist hat aus grauer Vorzeit noch ein rühriges Stadion,

wo früher regelmäßig Pokalspiele stattfanden. Gegen den Bundesligisten SV Darmstadt 98 „wollten wir eigentlich am Panzenberg spielen“, beteuert der BSV-Vorsitzende Peter Warnecke. Die Zäune zur Trennung der Fans waren ebenso geplant wie ein Raum für die Polizei zur Fanüberwachung. Doch dann war die Schiedsrichterkabine zu klein. Dem Gespann steht die Freiheit zu, sich auf 20 Quadratmetern zu entfalten. Der BSV konnte nur die Hälfte bieten und weicht – wie im Vorjahr gegen Eintracht Frankfurt - an den Vinnenweg in den Stadtteil Oberneuland aus. Im Vorverkauf sind lediglich ein paar Hundert Karten weggegangen. Es droht ein Trauerspiel.

Der eigentlich dort ansässige FC Oberneuland ist ein gutes Beispiel, was im Pokal schiefgehen kann. Bis heute ist nicht im Detail geklärt, ob im Sommer 2012 der Umzug ins Weserstadion zum Pokal-Hit gegen Borussia Dortmund die nachfolgende Insolvenz mitverursacht hat. Auf jeden Fall hatte sich der damalige Regionalligist mit den Kosten gewaltig verkalkuliert.

„Der DFB ist mit seinen Auflagen so flexibel wie ein Quaderstein“, klagte Toni Endler vom Bayern-Regionalligisten FV Illertissen bereits vor drei Jahren. Der Verband rühmt sich gerne, viel Geld für seinen nationalen Pokal zu generieren. Was auch stimmt. Doch der Reibach wird ab dem Achtelfinale gemacht, wenn 527 000 Euro garantiert sind, die zu Viertel- und Halbfinale jeweils noch verdoppelt werden. Die Amateure sind dann in der Regel außen vor. Sieger FC Bayern kassierte zuletzt allein an Prämien mehr als 7,5 Millionen Euro. Von einem Spiel gegen die Münchner träumen alle – diesmal zog Viertligist Carl Zeiss Jena das große Los. Auch diese Partie steigt am Freitag.

Pokalreform ist nicht nötig

Für Mörth steht fest, dass an dieser Aussicht für die Amateure nicht gerüttelt werden darf. Er schlägt „die Hände über dem Kopf zusammen“, wenn er sich ein Modell vorstellt, dass den renommierten Erstligisten die erste und vielleicht zweite Runde erspart. Die diskutierte Reform des DFB-Pokals empfindet er als Schlag ins Gesicht. „Warum kämpfen wir uns acht Runden durch den Landespokal? Man hat schon das Gefühl, dass alles nur noch auf Kommerz ausgerichtet ist. Es ist traurig, dass man sich überhaupt solche Gedanken macht.“

(mz)