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Exklusiv-Interview RB Leipzig: Ralf Rangnick über die Chancen in der Bundesliga

Von Martin Henkel 09.08.2016, 04:43

Grassau - RB Leipzig hat das Trainingslager im Chiemgau vorzeitig beendet. Vor der Abreise hat unser Autor Martin Henkel mit Sportdirektor Ralf Rangnick unter anderem über Arsenals Interesse an Lukas Klostermann und Zukäufe für den RB gesprochen.

Herr Rangnick, das Trainingslager in Grassau ist nach einem Jahr als Trainer wieder ein Aufenthalt im Süden als Sportdirektor gewesen. Wie hat es Ihnen gefallen?
Ralf Rangnick: Sehr gut.

Sie hatten mehr oder weniger zu tun?
Rangnick: Ich konnte mich über fehlende Arbeit nicht beschweren.

Dem Vernehmen nach buhlt Arsenal London um RBs Außenverteidiger Lukas Klostermann, der gerade für den DFB bei Olympia spielt.
Rangnick: Wir sind in guten Gesprächen mit Lukas und seinem Berater und hoffen, dass wir zeitnah nach seiner Rückkehr die Vertragsverlängerung vollziehen können.

Wie ist ihr Eindruck vom Trainingslager bislang?
Rangnick: Die Bedingungen hier sind perfekt. Vom Essen angefangen über die Qualität der Trainingsplätze. Kurze Wege. Alles hat gepasst.

Wie sehen Sie die Arbeit des Trainers?
Rangnick: Wir haben ja keinen Unbekannten verpflichtet. Und wussten schon vor der Reise hierher, wie Ralph Hasenhüttl arbeitet.

Sie konnten in den vergangenen vier Wochen ihre Eindrücke vom Trainer vertiefen?
Rangnick: Das Ganze passt richtig gut. Und die Spieler merken, dass es sich beim Trainer um jemanden handelt, der weiß, wovon er spricht. Ich denke, dass er bisher mit seiner Art bei der Mannschaft sehr gut ankommt.

Möchte der Trainer von Ihnen neue Spieler?
Rangnick: Grundsätzlich ist immer noch die Möglichkeit gegeben, dass wir noch etwas in dieser Hinsicht unternehmen werden.

Wie viele Zukäufe könnten das sein?
Rangnick: Vielleicht noch zwei. Aber wir wollen einen Kader haben, in dem sich jeder berechtigte Hoffnungen machen kann, zu spielen.

Auf welchen Positionen?
Rangnick: Gerade im zentralen Abwehrbereich könnte uns ein weiterer Spieler gut zu Gesicht stehen. Auch zahlenmäßig. Wir halten die Augen offen. Aber er muss passen und muss uns direkt verstärken.

Wen haben Sie ins Auge gefasst?
Rangnick: Das werde ich ihnen natürlich nicht sagen.

Aber es gibt Kandidaten?
Rangnick: Wenn ich sagen würde, ich fange jetzt erst an zu suchen, dann würde ich meinen Job nicht richtig machen.

Gibt der aktuelle Spielermarkt gute Innenverteidiger her?
Rangnick: Spieler wie Jerome Boateng von den Bayern gibt es sicherlich nicht so viele. Aber es gibt schon Kandidaten, und wir haben da auch ganz klare Vorstellungen. Aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass es nicht einfach ist. Diese Spieler müssen auch wechseln können und wollen.

Seit dem letzten TV-Rechte-Deal der englischen Premier League bringen die Briten jede Menge Geld in den europäischen Spielermarkt. Erschwert das die Suche?
Rangnick: Ich glaube nicht, dass bei den Spielern, die wir anschauen, uns die großen Klubs ins Gehege kommen.

Sie haben kürzlich mit den Belgiern über ein Engagement als Nationaltrainer gesprochen. Wie wahrscheinlich war es, dass ein anderer die Suche nach diesen Spielern hätte übernehmen müssen?
Rangnick: Es gab Gespräche. Aber die haben sehr schnell deutlich gemacht, dass die Belgier jemanden suchen, der das exklusiv und hauptamtlich macht. Für mich wäre diese Aufgabe nur in Kombination mit meiner jetzigen Tätigkeit vorstellbar gewesen.

Sie bleiben RB auf lange Sicht also erhalten?
Rangnick: Ich habe sehr viel Zeit und Energie in diesen Verein gesteckt und möchte das auch in Zukunft noch möglichst lange tun.

Würden Sie gern nochmal als Trainer arbeiten?
Rangnick: Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich gerade mache. Auch wenn das letztes Jahr als Trainer schon viel Spaß gemacht hat. Wichtig ist für mich: Was ist gut für den Verein? Und der Verein braucht momentan nun einmal jemanden, der mittelf- und langfristig darauf achtet, wie die weitere Entwicklung verlaufen soll.

Und wenn die Entwicklung angeschlossen ist?
Rangnick: Das ist sie nie. Aber ich bin jetzt 58 und ausschließen, dass ich irgendwann noch einmal in irgendeiner Konstellation als Trainer arbeiten werde, kann ich nicht.

Wäre Nationaltrainer eine Option?
Rangnick: Würde ich das von vornherein ausschließen, dann hätte ich den Belgiern schon am Telefon sagen können, dass wir erst gar nicht weiter sprechen müssen. Aber wir haben ja gesprochen

Ergo?
Rangnick: Ist das irgendwann eine mögliche Option.

RB Leipzig steht, was seine Erstliga-Entwicklung anbetrifft, am Anfang. Dazu zählt, dass der Verein eine Gehaltsobergrenze festgesetzt hat. Was passiert, wenn RB die nächste Stufe erreicht? Werden Sie den modus operandi beibehalten?
Rangnick: Wir haben gesagt, dass das für diese Saison gilt. Aber wenn sich die Dinge so weiter entwickeln, wie bisher, dann werden wir uns auch an anderen Stellen weiterentwickeln. Dazu gehören auch die Gehälter der Spieler. Die haben sich bislang ja auch von Jahr zu Jahr verändert.

Wie weit würden sie gehen?
Rangnick: Die Frage ist immer, mit welchen Sprüngen du dich entwickelst. Deshalb wollten wir bis dato auch keine Spieler verpflichten, die unser Gehaltsgefüge durcheinanderbringen.

Sie kennen sich in der ersten Liga bestens aus, der Großteil des Kaders nicht. Was erwartet die Mannschaft?
Rangnick: Bessere Mannschaften mit besseren Einzelspielern als in der zweiten Liga. Wenn wir bestehen wollen, müssen wir so spielen wie in den besten zehn Spielen der letzten Saison. In diesen Spielen haben die gegnerischen Trainer nicht selten gesagt: Heute hat der Gegner mit solch einer Dynamik und Wucht und so synchron gegen den Ball gespielt, dass wir keine Chance hatten. Das muss in der ersten Liga die Grundlage für alle Spiele sein, wenn wir sie gewinnen wollen.

Die Erfahrung fehlt ihr trotzdem.
Rangnick: Das Thema Erfahrung halte ich generell für überbewertet. Es ist die große Stärke unserer jungen Truppe, schnell lernen zu können und zu wollen. Das hat uns auch schon in der letzten Saison ausgezeichnet. Dazu kommt eine große Neugier und Vorfreude auf jeden der 17 Gegner in der Bundesliga.

Wie weit ist Ihre Mannschaft von Teams wie Bayern, Dortmund, Leverkusen entfernt?

Rangnick: Damit beschäftigen wir uns nicht. Wir wollen die Mannschaft Woche für Woche so vorbereiten, dass sie gegen jeden Gegner punkten kann. Und wenn wir in vielen Spielen der Underdog sind, dann muss das dabei kein Nachteil sein.

RB kann jeden schlagen?
Rangnick: Der Möglichkeit nach, ja.

Und der Wahrscheinlichkeit nach?
Rangnick: Klar, gibt es Mannschaften, die werden sicherlich am Ende der Saison vor uns stehen. Die haben ein anderes Budget zur Verfügung, andere Einzelspieler. Dazu zählen die Bayern, Dortmund, Leverkusen, sicherlich auch Schalke und Wolfsburg. Vielleicht auch Gladbach.

Das erste Heimspiel findet gegen Dortmund statt. Ein Teil der BVB-Fans hat nun erklärt, er werde den Plastikklub RB auf gar keinen Fall besuchen.
Rangnick: Fans, die ihre Teams auswärts nicht begleiten, schaden vor allem der eigenen Mannschaft. Uns ist das egal. Und ich sage ihnen, wir könnten gegen den BVB  unsere Red-Bull-Arena auch allein voll bekommen. Für unser erstes Heimspiel ist die Nachfrage schon jetzt so groß, dass wir fast doppelt so viele Tickets verkaufen könnten wie bei uns in die Arena passen. (mz)