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Halle Halle: Warum der Riebeckplatz das Drogenzentrum der Stadt ist

Von Jan Möbius 14.05.2016, 04:00
Der Blick auf den Riebeckplatz.
Der Blick auf den Riebeckplatz. Günter Bauer

Halle (Saale) - Bei der Polizei in Halle schrillen alle Alarmglocken: Die Ermittler in der Saalestadt werden nach Jahren der Stagnation wieder mit einem florierenden Drogenhandel konfrontiert. Allein rund um den Riebeckplatz, der sich zu Halles Zentrum für den Handel mit harten Betäubungsmitteln entwickelt hat, wurden innerhalb des vergangenen halben Jahres rund 250 Drogen-Straftaten registriert. „Darüber hinaus konnten wir mehr als 200 Verdächtige ermitteln“, sagt Ralf Karlstedt, Sprecher der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd, auf Nachfrage der MZ.

Die Aufklärungsquoten der jüngsten Zeit im Bereich des Riebeckplatzes seien Karlstedt zufolge nicht zuletzt durch die Videoüberwachung gestiegen. Über Kameras wird das Areal seit November vergangenen Jahres beobachtet. „Wir haben unsere Präsenz rund um den Riebeckplatz zudem deutlich erhöht“, sagt Karlstedt. Beamte in Uniform und mit Streifenwagen sind ebenso im Einsatz wie Zivilfahnder.

Anti-Drogeneinsatz

Bundes- und Landespolizei sowie das städtische Ordnungsamt würden den Anti-Drogeneinsatz unterstützen. „Insgesamt betrachtet konnte der öffentliche Handel mit Betäubungsmitteln am Riebeckplatz eingedämmt werden“, so Karlstedt. Aber: „Die Maßnahmen der Polizei führen natürlich auch zu gewissen Verdrängungseffekten.“

Und die sind offenkundig. Viele Drogen-Dealer haben ihre „Arbeitsplätze“ verlagert. Sie bieten ihre Ware jetzt wenige Schritte vom Riebeckplatz mit seinem dominierenden Lehrerbildungs-Institut an, vor dem man bis Ende 2015 fast ungehindert so ziemlich alles an Rauschgift kaufen konnte, was der Markt hergibt. So wird der obere Boulevard mehr und mehr zum Umschlagplatz harter Drogen.

Dealer verkriechen sich

Zwar wird ein Teil der Leipziger Straße auch von den Kameras auf dem Lehrerinstitut erfasst. Doch die Dealer verkriechen sich zum Beispiel in den Hinterhof eines Spielkasinos, wenn jemand „Stoff“ kaufen will. Auf ihre Kunden warten die meist dunkelhäutigen Männer direkt auf dem Boulevard und sprechen dort gezielt Passanten an - wohl wissend, dass sie dabei von der Polizei beobachtet werden könnten.

Denn die Fahnder wissen längst, dass auf dem Boulevard der Drogenhandel genauso floriert wie auf dem Riebeckplatz. Festnahmen gibt es aber nur, wenn es auch hinreichend Beweise gibt - Videoaufnahmen zum Beispiel.

Blickfeld der Kameras

Die Drogen-Dealer haben längst ausgekundschaftet, wie groß das Blickfeld der Kameras am Riebeckplatz ist. Sie wissen auch, dass sie im Schutz eines privaten Hinterhofs von der Polizei kaum „belästigt“ werden können. Doch auch darauf reagieren die Ermittler: Die Bereiche entlang einer Linie zwischen Hauptbahnhof (einschließlich Kirchnerstraße), Riebeckplatz und Markt sowie der Stadtpark zählen zu sogenannten „gefährlichen Orten“.

Dort hat die Polizei per Gesetz die Möglichkeit, Personen auch ohne konkreten Tatverdacht anzuhalten und zu kontrollieren. Und noch mehr: Diese Areale können von der Polizei relativ unproblematisch mit Kameras überwacht werden. Die Videoüberwachung ist laut Karlstedt aber eher ein Mittel zur Täter-Abschreckung als zur Aufklärung von Straftaten. „Der Einsatz von Videotechnik wird laufend rechtlich geprüft“, so Karlstedt. Neben dem Riebeckplatz werden auch der Markt und der Treff in Neustadt von Kameras überwacht.

Cannabis-Produkte

Rund um den Riebeckplatz wird Karlstedt zufolge vor allem mit Cannabis-Produkten gehandelt. Konkret mit Marihuana. Allein in diesem Jahr sei rund ein Kilogramm davon sichergestellt worden. Die Dealer stammen laut Polizei zumeist aus Guinea-Bissau, einem 36.000 Quadratkilometer großen Land an der afrikanischen Westküste.

Seit 2011 steigen die Zahlen im Bereich der Drogenkriminalität in Halle an - allein von 2014 zum vergangenen Jahr von 787 auf 936 Fälle. Parallel dazu muss nach immer mehr Diebstählen in Halle ermittelt werden. Hier stieg die Zahl der Fälle innerhalb eines Jahres um fast 700 an. Laut Polizei handelt es sich dabei um Begleiterscheinungen. Viele Täter seien nämlich Drogenkonsumenten, die sich den Rauschgiftnachschub mit dem Verkauf der Beute aus Einbrüchen finanzieren. (mz)

Die Polizei kann auch Kontrollen ohne Tatverdacht, wie hier auf dem Markt, durchführen.
Die Polizei kann auch Kontrollen ohne Tatverdacht, wie hier auf dem Markt, durchführen.
Günter Bauer