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Jurik Müller bewertet die alte Bauernregel  Jurik Müller bewertet die alte Bauernregel : Ist ein Schaltjahr ein Kaltjahr?

Von silvia bürkmann und michael maul 28.02.2016, 18:58
Egal, was Bauernregel prophezeien - ein Schirm kann nie schaden, meint Meteorologe Jurik Müller.
Egal, was Bauernregel prophezeien - ein Schirm kann nie schaden, meint Meteorologe Jurik Müller. Archiv/Bauer

bitterfeld - Reden wir doch mal übers Wetter! Wo anderen die Themen ausgehen, verdreht er nicht die Augen, sondern dreht regelrecht auf: Der promovierte Meteorologe Jurik Müller zählt zu den bekanntesten „Wetterfröschen“ Sachsen-Anhalts. Profunde Kenntnisse, empirisch unterlegt mit jahrelangen Wetterbeobachtungen, hat der 68-jährige Landsberger auch für Schaltjahre.

Schaltjahre sind "Kaltjahre"

Ein Spruch behauptet ja, dass Schaltjahre generell „Kaltjahre“ seien. Und obwohl das letzte Schaltjahr 2012 tatsächlich den sonnenscheinärmsten Juni seit über 20 Jahren und viele Regentagen brachte, folgte doch im August noch eine Hitzewelle. Kein Wunder also, dass Experte Müller nicht viel hält von der Schaltjahr-Kaltjahr-Regel. „Aber der kürzeste Monat des Jahres hält Kälterekorde in der statististischen Wetteraufzeichnung“, weiß er. Im durchschnittlichen Mittel herrschten zwar im Januar die niedrigsten Lufttemperaturen, im Extrem aber liegt der Februar vorn: Mit minus 37,8 Grad Celsius wurden in Hüll (Oberbayern) die niedrigsten in Deutschland je gemessenen Temperaturen verzeichnet - am 12. Februar 1929. „Und im Schaltjahr hat der Februar nun einen Tag länger Rekord-Potenzial“, schmunzelt Müller.

Neben der offiziellen Statistik ist der Meteorologe auch versiert in punkto Bauernregeln, Wettersprüchen und Lostagsreimen, die er mehrfach in gebundener Form in Zeitungs- und Buchläden platzieren konnte. „Lostage“ waren feststehende Tage im Kalender, die nach altem Volksglauben Vorhersagen über die Wetterverhältnisse der folgenden Wochen und Monate erlaubten. Zu den bekanntesten zählen Mariä Lichtmesse (2. Februar), die Eisheiligen Mitte Mai und der Siebenschläfer am 27. Juni. Im Wort Lostag steckt noch die alte Bedeutung von Los als „Geschick“.

Sollte man den Bauernregeln trauen?

Benannt sind Lostage wieder nach Heiligen. Der nur alle vier Jahre vorkommende 29. Februar fällt auf Oswald von York, dem im Schaltjahr 992 in Worcester verstorbenen Erzbischof und Klostergründer von Britannien. „Fällt an Oswald zu viel Regen, bringt’s der Feldfrucht keinen Segen“, hat Jurik Müller gereimt und weiß bauernschlau: „Beschert Oswald Regenwetter überall, bleibt der Pflug im Schuppen, das Pferd im Stall.“

Da sieht die aktuell-regionale Wetterprognose ja so übel gar nicht aus. Deutschlandweit sagen Modellrechnungen für heute Morgen leichten Regen voraus, der abends zu Schneeregen werden kann. „Die erste März-Dekade soll tagsüber nicht über fünf Grad warm und nachts leicht frostig werden“, verrät Wetterfrosch Müller.

Doch wie halten es andere Gartenexperten mit solchen Sprüchen und Bauernregeln? Für Axel Richter, den Vorsitzenden des Regionalverbandes der Gartenfreunde Bitterfeld-Wolfen, haben die Bauernregeln einen tieferen Hintergrund. „Unsere Vorfahren haben sich in jahrelangen Beobachtungen ihre Gedanken über das Wetter und die Auswirkungen auf die Ernte gemacht und diese in kleine Reime gefasst“, sagt er. Daraus resultierten auch die Aussagen, die im Hundertjährigen Kalender zusammengefasst seien. Dass es dabei allerdings auch Ausnahmen gebe, habe das Wetter im abgelaufenen Jahr 2015 gezeigt. Der Spruch: Trockener Sommer - kalter Winter habe sich bis jetzt noch nicht bestätigt. Dennoch sei es für die Gartenfreunde wichtig, sich beim Setzen von Kartoffeln oder Dahlien an bestimmte Zeiten zu halten. „Frost schadet den Knollen“, weiß Richter.

Kerstin Schulz vom Klostergut Mößlitz sieht in den Bauernregeln keinen tieferen Sinn. „Wir richten uns nach der Wettervorhersage, die in den Medien angeboten wird“, sagt sie. Einen Einfluss auf die Arbeit im Gut oder auf den Felder hätten Bauernregeln wie „Schaltjahr gleich Kaltjahr“ nicht. „Und außerdem hat sich das Wetter in den letzten Jahren sowieso grundlegend verändert.“ Da würden Regeln aus der Vergangenheit nicht unbedingt etwas bringen. (mz)