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Amtsgericht Dessau Amtsgericht Dessau: Trumpfkarte sticht nicht

Von Thomas Steinberg 24.02.2016, 17:50
Großes Interesse fand gestern die Verhandlung gegen Peter Fitzek im Dessauer Amtsgericht.
Großes Interesse fand gestern die Verhandlung gegen Peter Fitzek im Dessauer Amtsgericht. Lutz Sebastian

Wittenberg/Dessau - Die königliche Behörde hatte gepatzt und sich mit den Daten gehörig vertan. Sie stellte den Führerschein am 17. Mai 2015 aus – mit einer Gültigkeit bis zum 17. Mai 2015. Auf diese Ungereimtheit vom Richter angesprochen, ließ Peter Fitzek gestern im Dessauer Amtsgericht vernehmen, er müsse wohl dem Benjamin die Ohren langziehen.

Die Konsequenzen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis sind im Paragraphen 21 des Straßenverkehrsgesetzes geregelt. Der sieht Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor, außerdem kann das Fahrzeug eingezogen werden. Am Donnerstag ab 9 Uhr muss sich Fitzek wiederum wegen Verstößen gegen das Straßenverkehrsgesetz vor dem Wittenberger Amtsgericht verantworten. Das Verfahren in Dessau wird am 9. März fortgesetzt. (mz/tst)

Fitzek, 1965 geboren, hat schon etliche Prozesse hinter sich – und nutzt diese, um sich in Szene zu setzen als angeblicher Herrscher vom Königreich Deutschland. Dessen „Kerngebiet“ liegt nach seiner Definition in Wittenberg, das Staatsgebiet an sich ist identisch mit dem deutschen von 1937. Die Argumentation, wonach die Bundesrepublik ein unrechtmäßiges Konstrukt sei, ähnelt jener, der sich auch verschiedene rechte „Reichsbürger“-Gruppierungen bedienen.

Weil für Fitzek, den „König von Deutschland“, die Bundesrepublik eigentlich nicht existiert, braucht er auch nicht deren Führerschein, schließlich könne sein 2012 gegründeter Staat solche Dokumente selbst ausstellen – und diese seien von der Bundesrepublik zu akzeptieren.

Zumindest Polizisten schienen diese Ansicht nicht zu teilen. 2012 und 2013 stoppten sie Fitzek mehrfach in Dessau, Wittenberg und andernorts und erstatteten Anzeige gegen ihn wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, „königlicher“ Führerschein hin oder her.

Seinen bundesrepublikanischen Führerschein nämliche hatte Fitzek an die Wittenberger Führerscheinstelle geschickt. Dort hatte man ihn nach einer längeren Diskussion darauf hingewiesen, dass mit dem Verzicht auf den Führerschein zugleich die Fahrerlaubnis erlösche. So sah es auch das Verwaltungsgericht Halle – weshalb Fitzek nach eigenem Bekunden das Bundesverfassungsgericht anrufen will.

In Dessau nun geht es um die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen der von Fitzek praktizierten Rechtsinterpretation. Sein wortreich vorgebrachter Standpunkt: er habe ja nicht auf die Fahrerlaubnis, sondern lediglich auf den Führerschein verzichtet. Und außerdem besitze er auch Papiere aus Paraguay.

Beziehungsweise besaß er diese – denn sie wurden von der Polizei beschlagnahmt. Einen dieser Führerscheine hatte das Landeskriminalamt als glatte Fälschung bezeichnet, wie aus einem gestern verlesenen Gutachten hervorging. Für Fitzeks Verteidiger stellte dies eine unangenehme Überraschung dar, denn offensichtlich wollte er das südamerikanische Papier als Trumpfkarte ausspielen. (mz)

Mit diesem Führerschein war Fitzek unterwegs.
Mit diesem Führerschein war Fitzek unterwegs.
Lutz Sebastian