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Facharzt-Termine Facharzt-Termine: Überweisung im Landkreis Wittenberg nur mit Code

Von Klaus Adam 24.02.2016, 09:52
Ein Blutdruckmessgerät
Ein Blutdruckmessgerät Archiv/Adam

Jessen - Wochen- oft sogar monatelange Wartezeiten auf einen Termin beim Facharzt sollen seit dem 23. Januar in Sachsen-Anhalt der Vergangenheit angehören. Seit diesem Stichtag ist die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Landesvereinigung aktiv. Lag’s an der Phase der Umstellung oder liegt der Fehler im System? Der Jessener Ulrich Meyer jedenfalls machte vor einiger Zeit eigene Erfahrungen mit diesem Terminvergabesystem. Und aus seiner Sicht nicht die besten.

Große Zweifel

„So, wie das praktiziert wird, funktioniert das nie“, meint der Jessener Tierarzt im Ruhestand. Mit einer Überweisung vom Hausarzt zu einer Spezialuntersuchung in der Hand, habe er sich Anfang des Jahres zunächst selbst im Krankenhaus Herzberg um einen Termin bemüht. Dort habe man ihm erklärt, dass die frühesten Untersuchungschancen im April lägen. Man war dort aber so freundlich, ihm die Telefonnummer von der Kassenärztlichen Vereinigung zu geben. Dass es jene der brandenburgischen Landesvereinigung war, mag zu den verzeihbaren Fußnoten der Meyerschen Geschichte gehören. „Man hat in Herzberg sicher nicht realisiert, dass ich aus Sachsen-Anhalt bin“, meint er. Letzten Endes passt diese Nuance aber wieder ins Gesamtbild des Erlebten. Bei seinem Anruf dort hat er aber dann doch die richtige Telefonnummer der Ärztevereinigung in Magdeburg erhalten. Eine der Mitarbeiterinnen teilte ihm nun mit, „was für eine Überweisung ich brauche, nämlich eine mit einem Code“, berichtet Meyer.

Der Bundesgesetzgeber hatte mit der Forderung nach einer Facharzt-Terminvergabe durch die Kassenärztliche Vereinigung auf lang anhaltende Kritik von Patienten reagiert. Es kam - oft vor allem für gesetzlich Versicherte - zu wochen- bis hin zu monatelangen Wartezeiten bei Fachärzten. Doch das System der Terminvergabe stieß sowohl bei denen, die es tragen sollten, den Ärztevereinigungen und den Ärzten selber, auf Widerstand.

So betonte etwa der Sprecher der Kassenärzte im Jessener Land, Michael Weiß, schon im November vergangenen Jahres: Lange Wartezeiten „mag es in dem einen oder anderen Fall auch geben. Aber wenn es dringende Fälle sind, die zeitnah behandelt werden müssten, dann haben wir das in der Regel telefonisch mit dem Facharzt abgeklärt.“ Nach seiner Ansicht gebe es damit auch andere Möglichkeiten als das seinerzeit noch in Aussicht stehende System, um Dringlichkeiten deutlich zu machen. Er halte die Gesetzesforderung aus seiner Sicht für nicht geeignet, das Problem zu lösen.

Mit dieser Auffassung war Weiß nicht allein. Auch der Abteilungsleiter bei der Kassenärztevereinigung, Thomas Steil, der im November vor den Mitgliedern des Sozialausschusses vom Kreistag zu einigen Aspekten der medizinischen Versorgung Stellung nahm, hielt es für schwierig, am Telefon von Magdeburg aus dem Patienten gegenüber einzuschätzen, wie er den Termin bekommt.

Als er die seine erhalten hatte, war jedoch dieses Terminvergabesystem, das des Codes bedarf, noch nicht in Gang gesetzt. „Das habe ich ihr erklärt.“ Die Dame am anderen Ende der Leitung hatte nun seine persönlichen Daten notiert und versprochen, er werde von ihr einen Brief erhalten, mit den nötigen Angaben dazu. Zwei Wochen später hatte der Jessener diese Antwort immer noch nicht. „Da war von den angekündigten vier Wochen, die das maximal dauern sollte, die Hälfte also schon wieder rum.“ Beim erneuten Anruf hatte Meyer eine andere Mitarbeiterin der KV an der Strippe. Die meinte, „ohne den Code ginge gar nichts. Ich sollte die Überweisung noch mal neu einreichen. Und dann geht das Theater von vorne los.“ Er habe sich dann zunächst weiter durchgefragt im Bemühen um einen Behandlungstermin, so Meyer. Ein Krankenhaus in Wittenberg habe erklärt, sie könnten das zwar machen, dürften das aber nicht ambulant, weil die Krankenkassen da nicht mitspielten. „Schlimmer kann ein Gesundheitssystem gar nicht aufgezogen sein“, kommentiert Ulrich Meyer seine Erfahrungen bis hierhin.

Erst bei einer Privatpraxis in Wittenberg hatte er Glück. Als die dortige Sprechstundenhilfe meinte, sie könnten das machen, aber nicht sofort, „da hatte ich schon wieder die schlimmsten Befürchtungen“, meint der Patient. Zu seinem Erstaunen, sei aber gemeint gewesen, nicht diese, wohl aber kommende Woche sei die Untersuchung möglich.

Für die Kassenärztliche Vereinigung des Landes, von der MZ-Redaktion um Antworten gebeten, ist die Sache jedoch klar: „Die Terminvermittlung innerhalb von vier Wochen gilt erst für nach dem 23. 1. 2016 ausgestellte Überweisungen, die auch einen Codeaufkleber vom überweisenden Arzt haben.“

Nur im Land

Doch Ulrich Meyers Geschichte geht noch weiter. Als er nämlich seinen nun doch in Eigenregie besorgten Termin im persönlichen Kalender stehen hatte, trudelte der Brief von der Kassenärztlichen Vereinigung ein. An Ärzte in Köthen, Wolfen oder Bitterfeld könne sich der Patient um einen Termin innerhalb der Vier-Wochen-Frist wenden. „Es war keine Praxis in den Nachbarländern Brandenburg oder Sachsen dabei“, stellte Meyer fest. Selbst der Arzt in Wittenberg, bei dem er erfolgreich und kurzfristig einen Untersuchungstermin erlangte, war nicht darunter.

Freie Termine freiwillig genannt

Die MZ wollte von den Ärztevertretern in Magdeburg wissen: Wie läuft die Vergabe in der Praxis genau ab? Von dort heißt es: Alle Praxen und Einrichtungen, „die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen, nennen freiwillig freie Termine an die Terminservicestelle. Einen Einblick in die Kalender hat die Kassenärztliche Vereinigung nicht. Sie hat auch kein Recht oder Anspruch, ohne Zustimmung der Praxis dort einen Termin zu vergeben. Alle fachärztlich tätigen Vertragsärzte werden einbezogen. Für den Fall, dass dort kein Termin vermittelt werden kann, was bisher noch nicht der Fall war, sind alle zugelassenen Krankenhäuser berechtigt, im Rahmen der Terminservicestelle sich an der Versorgung zu beteiligen. Wir haben die Teilnahme abgefragt und es haben sich bisher sieben Krankenhäuser gemeldet.“

Ulrich Meyer schüttelt darüber nur den Kopf. „Was machen denn Leute, die sich nicht so aktiv umtun können?“, fragt er. Wenn man solch ein System in Gang setzt, dann müsste es möglich sein, sagt er, die Patienten nicht kreuz und quer durch das Land zu schicken, sondern wohnortnah zu bedienen. Dazu die Kassenärztliche Vereinigung: „Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind aufgrund gesetzlicher Regelungen lokal zuständig.“ Es könne nur die KV „Termine vergeben, die für die Belange des Vertragsarztes zuständig ist. Bei der Terminvergabe selbst wird dem Patienten der zeitlich bestmögliche Termin vermittelt, der in der Terminservicestelle vorliegt.“ Ob die Termine eher am Anfang oder am Ende der Vier-Wochen-Frist liegen, ließe sich nicht eindeutig feststellen. „Allerdings liegen die Terminvergaben derzeit innerhalb der gesetzlichen Frist.“

„Wie soll das funktionieren?“

„Dass es Anlaufschwierigkeiten gibt, das kann man unter Ulk verbuchen“, resümiert der Jessener Ulrich Meyer als Betroffener. „Aber das Kernproblem ist: Wie soll das in praxi funktionieren?“, fragt er sehr skeptisch aus seiner eigenen Erfahrung eines langen Weges zum Facharzttermin. (mz)