1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. "Wir sind das Volk": "Wir sind das Volk": Wem gehört der Slogan von 1989?

"Wir sind das Volk" "Wir sind das Volk": Wem gehört der Slogan von 1989?

22.02.2016, 12:47
«Auch nach der letzten Demo - Wir sind das Volk - Wir sind ein Volk» ist auf einem Transparent zu lesen, das Demonstranten bei der vorerst letzten Montagsdemonstration am 12.03.1990 in Leipzig mit sich führen.
«Auch nach der letzten Demo - Wir sind das Volk - Wir sind ein Volk» ist auf einem Transparent zu lesen, das Demonstranten bei der vorerst letzten Montagsdemonstration am 12.03.1990 in Leipzig mit sich führen. dpa Lizenz

Berlin - Bei den fremdenfeindlichen Demonstrationen in Sachsen wird immer wieder „Wir sind das Volk“ skandiert. Auch Pegida hat sich den Slogan zu eigen gemacht. Für Menschen, die 1989 die friedliche Revolution miterlebt haben, ist das unerträglich. Der ehemalige Bundespräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) nennt es eine „Pervertierung“ des Revolutionsrufs von 1989.

Die Protestierer drehten den Ruf „Wir sind das Volk“ in ihrem Sinne um, sagte Thierse der Funke Mediengruppe. Im Herbst 1989 sei es ein Ruf der Ohnmächtigen und Schwachen gegen die Mächtigen der SED-Diktatur gewesen. „Heute wird dieser Ruf gegen die Ohnmächtigen und Schwachen geschrien, gegen die Ausländer und Fremden, die zu uns kommen.“

Unter der Revolutionslosung „Wir sind das Volk“ waren im Herbst 1989 die Montagsdemonstranten gegen die SED-Diktatur auf die Straße gegangen. Diese Demonstrationen mit bis zu 70.000 Menschen allein in Leipzig sowie die friedlichen Proteste in anderen Städten waren der Anfang vom Ende der SED und der DDR.

Leipzig hatte den Slogan 2002 schützen lassen, damit er nicht für Neonazi-Aufmärsche missbraucht werden kann. Allerdings wurde der Markenschutz vom Deutschen Patent- und Markenamt wieder gelöscht. Eine frühere DDR-Bürgerrechtlerin hatte geltend gemacht, dass die Marke nie wirtschaftlich genutzt worden sei.

Ende 2013 befand das Markenamt, der Satz gehöre untrennbar zur neueren deutschen Geschichte, dem Ende der DDR und der Wiedervereinigung Deutschlands. Es gab damit einem Einspruch der Stadt Leipzig gegen das Ansinnen zweier Männer aus der rechte Szene Schleswig-Holsteins statt, den Spruch mit der Abkürzung WSDV als Zusatz beim Deutschen Patent- und Markenamt markenrechtlich schützen zu lassen.

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sagte damals: „Jetzt steht fest, dass dieser so entscheidende Satz denen gehört, die ihn in die Welt getragen haben: dem Volk.“ (dpa)