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Prozess um versklavtes Mädchen aus Bosnien Prozess um versklavtes Mädchen aus Bosnien: Botschafts-Mitarbeiter erzählt über Bettina

19.02.2016, 19:54
Die Außenansicht des Landgerichts Halle.
Die Außenansicht des Landgerichts Halle. dpa-Zentralbild

Halle (Saale) - Zum ersten Mal haben sie sich 2012 in einem Frauenhaus getroffen: der Botschafts-Mitarbeiter und die mutmaßlich über Jahre in Bosnien versklavte, kurz zuvor befreite Bettina aus Sachsen-Anhalt. Er habe ihr später einen Geschenk machen wollen, erzählt der Mann jetzt im Gericht. Was sie sich wünschte? Zunächst ein Handy, das war aber verboten in dem Haus. Und dann: einen Teddy! „Das war frappierend - eine 19-Jährige und ein Teddy, das passte nicht zusammen“, sagt der Mann.

Er ist der einzige Zeuge am zweiten Tag der Verhandlung gegen Bettinas Mutter, die das Mädchen als Elfjährige beim Stiefvater in Bosnien untergebracht hatte. Acht Jahre lang soll es dort misshandelt und vernachlässigt, als Arbeitskraft missbraucht worden sein - ohne, dass ihre zumindest öfter anwesende Mutter eingriff. Christine M. muss sich deshalb seit Donnerstag wegen Misshandlung und Körperverletzung durch Unterlassen vor dem Landgericht Halle verantworten.

Erfahrungsbericht

Bettina habe auf ihn eher den Eindruck einer Elf-, Zwölf- oder 13-Jährigen gemacht, sagt der Botschaftsmitarbeiter aus. Er hatte sie knapp zwei Wochen nach der Befreiung durch die bosnische Polizei im Mai 2012 getroffen. Sie habe erzählt, dass sie regelmäßig misshandelt worden sei und ohne erkennbaren Grund über längere Zeit keine Nahrung erhalten habe. „Das konnte bis zu sieben Tage dauern.“ Sowohl Stiefvater MilenkoM. als auch dessen andere Partnerin und weitere Angehörige der bosnischen Familie hätten sie geschlagen, habe Bettina berichtet. Milenko M. wurde 2013 in Bosnien zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Die Mutter habe nach Bettinas Schilderungen nicht zu den Schlägern gehört, ihr aber auch nicht geholfen, so der Beamte. „Das habe ich immer noch im Ohr, das sagte sie mit großer Traurigkeit.“ Die deutsche Botschaft hatte nach Berichten des Zeugen Einblick in bosnische Ermittlungsakten und Fotos von Bettina. Da seien unter anderem frische und ältere Hämatome, frische und ältere Narben zu sehen gewesen, die gezeigt hätten, dass das Mädchen über längere Zeit misshandelt worden sein musste.

Bettina selbst soll am nächsten Verhandlungstag Anfang März vor Gericht aussagen. Ihre Mutter hat zum Prozessauftakt alle Vorwürfe bestritten und behauptet, dem Mädchen sei es gut gegangen.

Übrigens: Bettinas Wunsch wurde nach der Befreiung erfüllt. „Sie hat den größten Teddy bekommen, den Sarajevo zu bieten hatte - und hat ihn unglaublich geherzt“, so der Botschafts-Mitarbeiter. (mz/lö)