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Hobby Hobby: Im Gleichklang zweier Takte in Jessen

Von Sven Gückel 19.02.2016, 16:42
Gino Klick (links) und Tom Bischoff schrauben gemeinsam an dem Moped, das Gino eines Tages fahren möchte.
Gino Klick (links) und Tom Bischoff schrauben gemeinsam an dem Moped, das Gino eines Tages fahren möchte. Sven Gückel

Jessen - Jeder kennt es und fast jeder in der DDR Aufgewachsene nannte eins davon sein Eigen - ein Simson-Moped der Marke S 50 oder S 51. Mit über 1,6 Millionen produzierten Fahrzeugen ist diese Simson-Reihe das meistgebaute Kleinkraftrad Deutschlands.

Ihr markanter Ton lässt sich kaum überhören. Im Gleichklang der zwei Takte und mit 50 Kubikzentimetern „unter der Haube“ sind Zweiräder der Marke Simson noch immer ein fester Bestandteil des Straßenbildes. Im Vergleich zu Trabant, Wartburg und Co. haben die Suhler Zweiräder die politische Zeitenwende nahezu unbeschadet überstanden. Knapp sechs Millionen Mopeds des Typs Simson wurden bis 1989 hergestellt. Dadurch gilt Simson bis heute als der größte Zweiradhersteller Deutschlands. Die für seine Zulassungsklasse uewöhnliche Höchstgeschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde, aber auch die Schlichtheit des S 50/51 sichern diesem Zweirad noch immer eine enorme Beliebtheit.

„Da wir alle im Osten groß geworden sind und unsere Väter schon auf einem Simson unterwegs waren, kam für uns nie ein anderes Moped in Frage“, betont Lennart Wystrach selbstbewusst. Gemeinsam mit fünf Freunden hat er deshalb im vergangenen Jahr die „Ostdeutsche Simson Elite“ gegründet, die seither in Jessen ihren festen Sitz hat. Mehrmals pro Woche treffen sich die Jugendlichen in der Garage eines Freundes und frönen gemeinsam ihrem Hobby. „Es gibt immer etwas zu schrauben und reparieren oder einfach nur zu bequatschen“, ergänzt Henry Otto.

Derzeit sei man gemeinsam damit beschäftigt, das S 51 von Gino Klick aufzubauen. Schwarzer Rahmen, weinrote Felgen - schon das Grundgerüst lässt erkennen, dass hier viel Liebe ins Detail gesteckt wird. Gleichwohl Klick vor der Tür bereits das eigene Auto zu stehen hat, lässt er sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. „Simson fahren ist etwas ganz Eigenes. Das muss man selbst erleben“, bringt er seine Gedanken auf den Punkt. Ein großer Vorteil sei es, so Nico Rühlicke, dass man an diesen Fahrzeugen, im Gegensatz zur neuzeitlichen Konkurrenz, noch selbst herumschrauben könne. Das nötige Know-how hierzu eignen sich die sechs Jugendlichen gegenwärtig bei ihrer Ausbildung zum Mechatroniker, Industriemechaniker oder Werkzeugmacher an. Beste Voraussetzungen also, um viele Arbeiten selbst ausführen zu können. Angesichts knapper Kassen, die zumeist nur durch das Lehrlingsgeld gefüllt werden, ein lohnenswerter Vorteil.

Mopeds fürs Museum sind ihre Lieblinge aber nicht. Vereinzelt bis zu 8 000 Kilometer verzeichnen die Tachos im Jahr. Der Weg zur Arbeit ist da ebenso inbegriffen wie Touren zu Simson-Treffen oder Festivals. „Im vergangenen Jahr standen Bad Sülza und Mügeln auf dem Programm“, blickt Wystrach zurück. 2016 sind die Reiseziele etwas weiter gesteckt. Neben Bad Sülza und Mügeln wollen die Sechs unter anderem Zwickau, Anklam, Bernau und Pütnitz ansteuern, um im Kreise Gleichgesinnter das Simson hochleben zu lassen.

Obwohl die Jungs das 18. Lebensjahr bald erreichen oder schon überschritten haben, kommt der Schwenk vom Moped aufs Motorrad für sie derzeit nicht in Betracht. Dann schon eher die Simson-Reihe vervollständigen. Mopeds der Marke Star und SR 2 besitzen sie bereits. „Sperber, Spatz, SR 1, Schwalbe und andere - die Palette ist vielfältig und lässt sich noch ordentlich ergänzen“, sagt Nico Rühlicke. Schön wäre es, benennt er ein Ziel der Gruppe, wenn von jedem Fahrzeug ein Modell erworben und aufgebaut werden könnte. Um auf sich und die Aktivitäten der „Ostdeutschen Simson Elite“ aufmerksam zu machen, nutzen die Jugendlichen zeitgemäß Social Media. Eine eigene Facebookseite findet bereits deutschlandweit Beachtung. Hier posten Fans ihre eigenen Simson-Modelle und treiben so den Kult um die Suhler Mopeds weiter voran. (mz)