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Bericht zur Exzellenzinitiative Bericht zur Exzellenzinitiative: Experten attestieren deutschen Hochschulen eine "neue Dynamik"

Von Tobias Peter 29.01.2016, 15:39

Berlin - Bis zu einer deutschen Eliteuniversität nach der Art der US-Hochschule Harvard ist es noch ein weiter, womöglich niemals vollständig zu bewältigender Weg – aber mit der Exzellenzinitiative haben Bund und Länder den richtigen Kurs eingeschlagen. Das ist die Einschätzung einer internationalen Expertenkommission, die am Freitag in Berlin empfahl, das Projekt fortzusetzen. „Die Initiative hat eine neue Dynamik in das deutsche Hochschulsystem gebracht“, sagte der Züricher Physiker und Kommissionsvorsitzende, Dieter Imboden, in Berlin.

Die 4,6 Milliarden Euro, die seit 2006 für die Förderung deutscher Eliteuniversitäten in die Hand genommen worden sind, sieht Imboden als gut investiertes Geld. Künftig solle die Initiative mit mindestens 500 Millionen Euro im Jahr dotiert sein, forderte er. Um zu unterstreichen, für wie überschaubar er diese Summe hält, sagte Imboden im Beisein von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU): „Wenn Sie dieses Geld einer einzigen Universität, etwa der TH Aachen, geben würden, dann käme sie auf einen Betrag, über den die britische Konkurrenz in Oxford verfügt. Nur hätten die Aachener dann immer noch doppelt so viele Studenten wie die Kollegen.“

Doch über einen so großen jährlichen Zuschuss werden sich die Verantwortlichen auch künftig weder in Aachen noch an anderen großen Universitäten freuen können. Nach dem Willen der Experten und ganz sicher auch vieler Regierender in den Bundesländern soll das Geld auch weiterhin auf eine ganze Reihe von Hochschulen verteilt werden. Wobei die Kommission betont, bei einem solchen Wettbewerb müssten streng wissenschaftliche Kriterien gelten. Während die Länder nicht zuletzt auch versuchen werden, regionale Interessen durchzusetzen. 

„Habt Mut den besten mehr Geld zu geben“

Einige Änderungen empfiehlt die Imboden-Kommission, was die Instrumente für die Förderung der Hochschulen angeht. Bislang gibt es drei Förderlinien: die Graduiertenschulen, die Exzellenzcluster und die Zukunftskonzepte der Universitäten. Streichen will die Kommission die Graduiertenschulen, in denen Doktoranden ausgebildet werden – dies sei zwar wichtig, aber dafür brauche es keine Exzellenzgelder. Beibehalten will die Kommission die Cluster, mit denen die Forschung zu einem Themenkomplex an bestimmten Standorten gefördert wird. Hier empfiehlt Imboden aber gelockerte Regeln, was etwa die Größe des Forschungsprojekts angeht – auch um die Chancen kleinerer Universitäten und Fachbereich zu erhöhen.

Und wie steht es um die Zukunftskonzepte, also um den Wettbewerb, aus dem bislang Sieger hervorgingen, die allgemein „Eliteuniversitäten“ genannt wurden? Diese Förderlinie soll bleiben, aus Sicht der Kommission aber vom Kopf auf die Füße gestellt werden. „Man kann nicht die Zukunft alle fünf oder zehn Jahre neu erfinden“, sagte Imboden. Deshalb solle künftig nicht mehr ein Konzept für kommende Jahre bewertet werden, sondern die Leistung der Universität in der Vergangenheit. „Habt den Mut in Deutschland, die zehn besten Universitäten mit einen speziellen Bonus zu versehen“, forderte er. Dieses Geld solle dann gleich für sieben oder acht Jahre vergeben werden.

„Was nützen Leuchttürme, wenn diese in der Wüste stehen?“

Spannend sind noch zwei weitere Erkenntnisse aus dem Expertengutachten. Erstens, so erläuterte Imboden, brauche eine gute Universität eine starke Führung, welche dafür Sorge trage, dass die Mittel Schwerpunkten entsprechend verteilt würden. Die Hochschulleitungen hätten aber häufig eine „Beißhemmung“ und wagten es nicht, Entscheidungskompetenzen zu nutzen. Zweitens hatte die Exzellenzinitiative auf die Lehre auch nachteilige Effekte: Da mit ihr Spitzenforscher dadurch belohnt werden, dass sich andere um die Lehre kümmern, fehlt den Studenten eben gerade der Kontakt zu diesen Kräften. Einheit von Forschung und Lehre sieht anders aus.

Bildungsministerin Wanka kündigte an, rasch über die Art der neuen Exzellenzinitiative entscheiden zu wollen. Bis zum Frühjahr solle ein Konzept vorliegen und bis zum Sommer die Vorlage für eine Bund-Länder-Vereinbarung. Das aktuelle Programm läuft Ende 2017 aus. Imboden schlug vor, es um zwei Jahre zu verlängern, um die neue Initiative gut auszugestalten. Inhaltlich hielt Wanka sich zurück – wohl, um Spielraum für die Verhandlungen mit den Ländern zu haben.

In diesen könnte es wichtig sein, ob Wanka für die Länder, die sich nicht so viel aus der Initiative erwarten können, andere Gelder in der Hinterhand hat. Spitzenförderung gehe nicht ohne eine gute Grundausstattung aller Universitäten, sagte auch der Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Andreas Keller, der Frankfurter Rundschau: „Was nützen Leuchttürme, wenn diese in der Wüste stehen?“