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Schäubles Tragfähigkeitsbericht  Tragfähigkeitsbericht sagt Schuldenfalle voraus

Von Markus Sievers 17.02.2016, 17:22
Finanzminister Schäuble schlägt mit seinem Tragfähigkeitsbericht Alarm.
Finanzminister Schäuble schlägt mit seinem Tragfähigkeitsbericht Alarm. AFP

Berlin - Wenn der deutsche Staat weiter wirtschaftet wie bisher, wird er in wenigen Jahrzehnten  japanische Verhältnisse erreicht haben. Das asiatische Land ist weltweit bekannt und berüchtigt dafür, Schulden von mehr als dem Doppelten seiner jährlichen Wirtschaftsleistung angehäuft zu haben. Mit einem solchen Berg an Krediten überträfe die Bundesrepublik sogar das Griechenland von heute bei weitem.

Mit dieser Warnung vor einer Überforderung der öffentlichen Kassen meldet sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu Beginn der Verhandlungen über den Haushalt 2017 zu Wort.

Anders als üblich präsentiert er den sogenannten Tragfähigkeitsbericht seines Hauses im Februar, wenn seine Leute mit den anderen Ministerin die Eckpunkte für die Ausgaben im nächsten Jahr abstecken. Und angesichts von milliardenschweren Überschüssen sieht sich Schäuble mit kostspieligen wünschen an vielen Stellen konfrontiert.

Für Flüchtlinge wollen fast alle Ressorts mehr Geld, sei es für Sozialleistungen, Bildungsanstrengungen, Verteidigungsinvestitionen oder Entwicklungshilfe. Die Bundesländer pochen auf höhere Entlastungen von den Flüchtlingskosten und auf ein stärkeres Entgegenkommen im Ringen um den künftigen innerdeutschen Finanzausgleich.

In dieser für einen Finanzminister schwierigen Position dient der Tragfähigkeitsbericht Schäuble als Argumentationshilfe. In der Studie analysieren die Beamten, wie sich die Demografie auf die staatlichen Finanzen auswirkt. Den Flüchtlingszustrom berücksichtigen sie dabei wegen der hohen Unwägbarkeiten nicht.

In der günstigen Variante ergibt sich rechnerisch für das Jahr durch die Alterung der Gesellschaft eine Finanzlücke von 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung. Im schlechteren Fall mit wenigen Geburten, geringer Zuwanderung und stark zunehmender Lebenserwartung ergibt sich ein demografiebedingter Finanzbedarf von 3,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Frauen können Erwerbsbeteiligung steigern

In diesem Umfang von 36 Milliarden Euro beziehungsweise 115 Milliarden muss die Politik sparen oder zusätzliche Einnahmen beschließen, um die Folgen der Alterung aufzufangen. Ohne ein Gegensteuern würde die Verschuldung auf über 220 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hochschnellen. Allerdings erstellt die Bundesregierung diese hypothetische Rechnung ja gerade, um eine politische Reaktion zu bewirken.

In dem Bericht nennen die Experten Schäubles auch mögliche Ansatzpunkte. Den größten positiven Effekt auf die öffentlichen Kassen haben demnach Erfolge am Arbeitsmarkt. Je mehr Menschen eine Beschäftigung finden, umso mehr steigen die Steuern und sinken die Sozialausgaben.

So könnten Frauen im Alter zwischen 25 und 45 Jahren ihre Erwerbsbeteiligung noch erhöhen. Eine höhere Geburtenrate könne dagegen ihre Wirkung „erst langsam entfalten“. Würden in Deutschland plötzlich je Frau so viel Kinder geboren wie in Frankreich oder den USA, entstünden zunächst Mehrkosten für Kindergärten, Schulen und Unis.

Ein Einwanderungsschub, wie er 2010 eingesetzt habe, könne dagegen die Altersstruktur der Bevölkerung kurzfristig positiv beeinflussen. Damit ist aber wohlgemerkt nicht der Flüchtlingszustrom seit 2014 gemeint.

Auch die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist laut dem Bericht ein Instrument, um  der Alterung finanziell fertig zu werden. Die jüngsten  Reformen - Mütterrente und Rente mit 63 - bezeichnen die Beamten als „ungünstig“. Sie belasteten genau dann, wenn die Alterung Deutschland ohnehin voll träfe.