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ZDF-Doku ZDF-Doku: Luther bringt "Herzenslust" ins Spiel

17.02.2016, 08:12
Petra Gerster bei den Dreharbeiten in Wittenberg
Petra Gerster bei den Dreharbeiten in Wittenberg Alexander Baumbach

Wittenberg - Unter dem Titel „Martin Luther - Petra Gerster auf den Spuren des Reformators“ dreht das ZDF in dieser Woche an Orten wie Weimar, Wittenberg und Eisleben mit der langjährigen Moderatorin der „heute“-Sendung eine Dokumentation, die Karfreitag ausgestrahlt wird. Über das Vorhaben sprach MZ-Redakteur Christian Schafmeister mit der 61-Jährigen.

Frau Gerster, ein Jahr vor dem Reformationsjubiläum ist Luther in aller Munde. Gibt es da überhaupt noch etwas Neues zu erzählen?

Gerster: Oh ja! So haben wir vom Direktor der Anna Amalia Bibliothek in Weimar erfahren, dass es zu Luthers Zeiten bereits 18 Bibel-Übersetzungen gab. Die waren aber alle eher unverständlich. Luther war nicht nur viel enger am Original, er hat auch ein wunderbares, für alle verständliches Deutsch verwendet. Viele Begriffe und Redewendungen wie ,Herzenslust’ oder ,Ein Dorn im Auge’ haben sich bis heute gehalten.

In der Ankündigung der Dokumentation heißt es, Sie wollten den realen Luther hinter gängigen Vorstellungen und Klischees freilegen. Wer also war der wahre Luther?

Gerster: Er hat ohne Frage das Tor zur Neuzeit aufgestoßen und unglaublich viel Mut bewiesen, als er gegen scheinbar übermächtige Autoritäten wie Kaiser und Kirche rebellierte. Und er hat den einzelnen Menschen als reif genug erachtet, um ohne Vermittlung der Kirche in das Gespräch mit Gott einzutreten. Das war gewissermaßen ein demokratischer Ansatz im Umgang mit dem Wort Gottes.

So weit zu den Verdiensten. Von welchen Luther-Vorstellungen aber sollten wir uns verabschieden?

Gerster: Den Thesen-Anschlag an der Wittenberger Schlosskirche etwa hat es wohl nicht gegeben. Auch Luther hat nie davon gesprochen. Allerdings waren solche Anschläge früher durchaus üblich, etwa an Universitäten. Möglicherweise ist der Mythos so entstanden. Luther war auch nicht der Superheld, den frühere Generationen aus ihm gemacht haben. Ohne sein Netzwerk an Helfern wäre der Siegeszug der Reformation undenkbar gewesen. Wie so oft verblassen die Mitstreiter aber neben einer so markanten Figur.

Vor Jahren haben Sie bereits eine Dokumentation über den „Fall Johanna“ gedreht, eine Frau, die vor mehr als 1 000 Jahren möglicherweise verkleidet auf dem Papstthron gesessen hat. Jetzt folgt der rebellische Luther. Was reizt Sie an Kirchenthemen?

Gerster: Als Feministin bin ich vor allem an Frauen interessiert, die ihrer Zeit voraus sind, in neue Rollen katapultiert werden und sich ihren Platz erobern. Ob es die Päpstin Johanna gegeben hat, ist nicht sicher, es gibt aber Hinweise darauf. Und ich mag solche skurrilen Geschichten. Auch Luther hat sich gegen die Lehrmeinung durchgesetzt - und das ist natürlich gerade in der Kirche schwierig. (mz)