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Aufruf nach Randalen Aufruf nach Randalen: Jetzt auch eine Bürgerwehr in Zeitz?

Von Angelika Andräs 15.02.2016, 09:37
Bürgerwehren schießen in Deutschland aus dem Boden. Auch in Zeitz gibt es einen Aufruf zur Bildung.
Bürgerwehren schießen in Deutschland aus dem Boden. Auch in Zeitz gibt es einen Aufruf zur Bildung. DPA Lizenz

Zeitz - Ein Flyer ruft dazu auf, in Zeitz eine Bürgerwehr zu bilden. Neu ist das nicht, so ein Aufruf erfolgte schon mehrfach. „Wir wollen rund um die Flüchtlingsunterkünfte in der Stadt für Ordnung und Sicherheit sorgen“, heißt es jetzt. Schließlich haben bereits kurz nachdem die neue Unterkunft in der Donaliesstraße bezogen worden sei, Krankenwagen und Einsatzkräfte davor gestanden, sagt ein junger Mann aus der Zeitzer Unterstadt, der sich durchaus vorstellen könnte, bei so einem Zusammenschluss aktiv zu werden. „Bürgerwehren gibt es schon in vielen Städten“, sagt er, „in Zeitz könnte es durchaus ein Gewinn sein. Ein entscheidender Punkt wäre ja, dass die Bürgerwehr vor allem da zum Einsatz kommt, wo viel randaliert oder geklaut wird.“

Polizei kann nicht alles abdecken

Er denkt dabei an die wiederholten Randale in der Innenstadt. „Wir wissen doch, dass die Polizei gar nicht alles abdecken, nicht zu jeder Zeit überall sein kann“, meint er, „eine Bürgerwehr könnte hier aber regelmäßig patrouillieren und vielleicht endlich die Täter auf frischer Tat ertappen.“ Allerdings würde das auch voraussetzen, dass die Bürgerwehr jederzeit vor Ort ist. Schließlich war es auch der Polizei schon einmal gelungen, Jugendliche bei Randalen zu ertappen. Vor knapp einem Jahr stellten die von Anwohnern alarmierten Beamten vier junge Leute, die Blumenkübel umgeworfen hatten. Mittlerweile ziehen aber längst wieder Gruppen durch die Fußgängerzone und andere Stadtteile, die auf Krawall aus sind oder Feuerwerkskörper zünden. Solche Täter sollen gestellt und der Polizei übergeben werden, heißt es im Bürgerwehr-Aufruf. Vor allem aber wolle man Präsenz zeigen, Nachbarschaftsstreifen bilden, die in den Straßen die Wache übernehmen. Die Streifen sollen zum Selbstschutz auch mit Hunden unterwegs sein. Vorrangig gehe es darum, das Eigentum der Bürger und der Stadt zu schützen und für ein Sicherheitsgefühl zu sorgen. Wie ernst das gemeint ist, lässt sich vorerst nicht überprüfen: Unter der im Aufruf genannten E-Mail antwortet niemand.

Bürgerwehren sind grundsätzlich nicht verboten. Dem bundesdeutschen Strafrecht folgend sind Patrouillen grundsätzlich erlaubt, und das sogar in einer einheitlichen Uniform. Die Mitglieder dürfen nur mit legalen Verteidigungsmitteln wie Reizspray oder Gummiknüppel ausgerüstet sein und das natürlich ausnahmslos nur zur eigenen Verteidigung einsetzen. Sie müssen sich klar als Bürgerwehr zu erkennen geben.

Eine vorläufige Festnahme kann nach Jedermannrecht erfolgen: In Paragraf 127 Strafprozessordnung heißt es unter (1): Wird jemand auf frischer Tat getroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. Jeder kann also einen Täter, den er auf frischer Tat stellt, festhalten, am Weglaufen hindern, bis die Polizei eintrifft. Der Täter darf nur am Tatort oder in unmittelbarer Nähe festgehalten werden. Es sollte sicher sein, dass tatsächlich eine Straftat begangen wurde. Die Voraussetzungen sollten im Zweifelsfall genau geprüft werden, da sonst der Festnehmende Gefahr läuft, dass wegen Nötigung, Freiheitsberaubung oder Körperverletzung gegen ihn ermittelt wird.

Wachsamkeit in jedem Fall, aber kein Wachdienst: Die Polizei wünscht sich, dass Bürger genau hinschauen, aufmerksam und wachsam sind und wenn sie etwas beobachten, es schnell und direkt der Polizei melden. Dann kann durch die dafür ausgebildeten Beamten eingegriffen werden. Und das, wie in Zeitz mehrfach geschehen, durchaus mit Erfolg. (and)

Ein Jugendlicher, der die MZ über diesen Aufruf informierte, ist dagegen, dass es zu Bürgerwehren kommt. „Das ist am Ende wie ein Freibrief für Ordnung um jeden Preis“, sagt der Zeitzer mit Spitznamen Franco, „wer kontrolliert dann die Bürgerwehr? Wenn das auch die Polizei übernehmen muss, dann haben die noch mehr zu tun.“ Er fragt sich, ob sich die Gründung solcher Gruppen verhindern lässt und ob nicht zumindest geprüft werden muss, wer dort Mitglied ist. „Bürgerwehren dürfen nicht bewaffnet sein. Wird das jedes Mal kontrolliert, wenn die auf Streife gehen?“

Bürgerwehren schießen aus dem Boden

Polizeisprecherin Gesine Kerwien hatte zum Ansinnen Bürgerwehr bereits erklärt, dass die Polizei natürlich niemanden davon abhalten kann, sein Eigentum zu schützen. Allerdings sollte sich keiner in Gefahr begeben oder womöglich selbst zum Täter werden.

Bürgerwehren schießen derzeit geradezu aus dem Boden. Die Polizei beobachtet das mit Sorge. Es geht auch anders: In Bayern und Sachsen arbeitet die Polizei mit der „Sicherheitswacht“ zusammen: Die Mitglieder gehen ehrenamtlich auf Streife, werden dabei aber von den Polizeibeamten betreut. (mz)