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Sachsen-Anhalter fertigt Möbel in Brandenburg Sachsen-Anhalter fertigt Möbel in Brandenburg: Michael Köppe macht neue Möbel mit Rost

12.02.2016, 18:02
Michael Köppe macht aus alten Paletten neue Stühle.
Michael Köppe macht aus alten Paletten neue Stühle. dpa Lizenz

Beeskow/Salzwedel - In der Werkstatt von Michael Köppe riecht es nach frisch zersägtem Holz. Ein erster Blick offenbart nichts Spektakuläres: Ein paar ausrangierte Kabeltrommeln stehen herum, dazu nicht mehr gebrauchte Obst- und Weinkisten, verwitterte Bilderrahmen, ein hölzerner Gartenstuhl. Einige alte Euro-Paletten hat der 37-Jährige gerade auseinandergenommen, um Teile zu säubern, zu schleifen und neu zusammenzusetzen.

Auf diese Weise entstehen im brandenburgischen Beeskow Kommoden, Schränke, Betten und Tische. Allesamt haben Struktur und Gebrauchsspuren, sind „Möbel, die Geschichten erzählen“, wie der aus Salzwedel stammende Köppe es ausdrückt. „Sie hatten schon mal eine Funktion und werden jetzt von mir neu definiert“ - eine Geschäftsidee, die an sich nicht neu ist. Der Trend „Aus Alt mach Neu“ findet immer mehr Anhänger. Unter dem Schlagwort „Upcycling“ gibt es im Internet zahlreiche Bastel-Anleitungen und Ideenbörsen, um gebrauchte Dinge anders und originell wiederzuverwenden.

Rostige Nägel mit "Charme"

Bei Möbeln, sagt Köppe aus Erfahrung, wird die Sache schon kompliziert. „Kaum ein Laie macht sich die Arbeit, das alte Stück bis auf die Einzelteile auseinanderzunehmen und neu zu verarbeiten.“ Sein wachsender Kundenkreis ist ihm dafür Bestätigung. Der Jung-Designer verwendet sogar die rostigen Nägel wieder. „Würde ich neue aus dem Baumarkt nehmen, verliert das ganze Möbelstück seinen Charme.“ Dass die neu gestalteten Stücke ein besonderer Blickfang sein können, demonstriert der Existenzgründer gern in der eigenen Wohnung. So bekomme das Memoboard aus alten Brettern, mit Haken aus viereckigen Hufeisen-Nägeln, durch angebrachte Fotos und Zettel erst seinen Charakter. Und die Kommode aus Euro-Paletten soll dem ansonsten unspektakulären Schlafzimmer einen gewissen Charme verleihen. Dass der runde Couchtisch aus einer alten Kabeltrommel gemacht ist, bemerkt der Betrachter kaum. In der Kombination mit einem modernen Sofa und den schnörkellosen Sesseln passt er einfach dazu.

Nicht nur in Wohnungen, auch in repräsentativen Geschäftsräumen, werden Köppes Kreationen mittlerweile aufgestellt. So hat er etwa die Theke in einem Beeskower Nagelstudio gebaut, ein neues Café im Frankfurter Oderturm möbliert und Einzelstücke für ein Hotel in Bad Saarow angefertigt.

Einer der ersten Kunden war die Klosterbrennerei in Neuzelle. „Wir haben uns von ihm einen quadratischen Schrank aus Euro-Paletten für das Frühstücksbuffet unserer Gäste bauen lassen“, erzählt Geschäftsführer Nico Petri. Das gute Stück falle optisch sofort durch die Symbiose von Modernem und Gebrauchtem auf.

Gründerlehrgang absolviert

Der Möbel-Designer hat eigentlich Betriebswirtschaftslehre und Grafik-Design studiert, jahrelang als Grafiker und im Marketing gearbeitet. Doch darin fand der gebürtige Sachsen-Anhalter auf Dauer keine Erfüllung. „Ich bin eher praktisch veranlagt, muss mit meinen Händen was tun“, sagt Köppe. Vor einem Jahr wuchs dann die Erkenntnis, sich selbstständig zu machen.

Unterstützung fand Köppe bei der Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg, wo er einen Gründerlehrgang absolvierte und von der er in der Anfangsphase einen Zuschuss bekam. Der Anfang sei schwer gewesen, das Privatleben auf der Strecke geblieben. Seine Freundin, wegen der er vor zehn Jahren nach Beeskow kam, trennte sich von ihm.

„Ich bin jetzt trotzdem total glücklich“, sagt Köppe. Immer auf der Suche nach Rohmaterial für seine Möbel ist er auf Baustellen unterwegs, inspiziert Sperrmüllberge und hat ein Auge auf Haushaltsauflösungen. Ein Schlüsselbrett ist bei ihm für 20 Euro zu bekommen, ein Schrank kostet etwa 600 Euro. Die neueste Idee des leidenschaftlichen Bastlers sind Wandverkleidungen aus unterschiedlichen Hölzern. (dpa)