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Flüchtlingshelfer in Sachsen-Anhalt Flüchtlingshelfer in Sachsen-Anhalt: Kein Bonus für Helfer aus Behörden

Von Hendrik Kranert-Rydzy 09.02.2016, 18:02
Symbolbild: Freiwillige Helfer in einer Erstaufnahme-Einrichtung des DRK helfen Flüchtlingen mit Deutsch-Unterricht.
Symbolbild: Freiwillige Helfer in einer Erstaufnahme-Einrichtung des DRK helfen Flüchtlingen mit Deutsch-Unterricht. dpa/Archiv Lizenz

Magdeburg - Der Lohnzettel tausender Landesbediensteter in Sachsen-Anhalt enthielt Ende vergangenen Jahres eine lukrative Ankündigung: „Es ist beabsichtigt, bei einer überwiegenden Verwendung in einer Landesaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber eine Zulage von 120 Euro monatlich zu zahlen.“ Übersetzt aus dem Bürokratensprech heißt das: Wer seinen Schreibtisch in einem Ministerium oder einer Landesbehörde für eine gewisse Zeit mit dem rauen Alltag in einer Flüchtlingsunterkunft tauscht, bekommt einen finanziellen Bonus.

Der Grund: In den Heimen herrscht massiver Personalmangel, den das Land minimieren will, in dem es aus Ministerien und nachgeordneten Behörden und Verwaltungen Mitarbeiter befristet in die Asylunterkünfte entsendet. Dazu ist eigens ein Stab im Innenministerium eingerichtet worden, der den Personalbedarf analysiert und den Einsatz der Mitarbeiter koordiniert. Es ist kein Geheimnis, dass man sich im Hause von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) durchaus über einen finanziellen Motivationsschübe freuen würde, um noch mehr Freiwillige in den Behörden akquirieren zu können. Allerdings: Daraus wird nichts, die Ankündigung auf dem Lohnzettel wird nicht in die Tat umgesetzt.

Haseloff hatte sich für Extrazahlung stark gemacht

Dabei hatte sich selbst Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) für die Extrazahlung stark gemacht, noch heute nachzulesen auf der Internetseite des Deutschen Beamtenbundes Sachsen-Anhalt: „Die Landesregierung wird das Engagement der Bediensteten, die überwiegend in einer Landesaufnahmeeinrichtung verwendet werden, von Oktober 2015 bis vorerst Ende 2016 mit einer monatlichen Zulage in Höhe von 120 Euro honorieren, wenn der Landtag diesem Vorschlag im anstehenden Gesetzgebungsverfahren zustimmt“, wird Haseloff am 11. November nach einem Treffen mit DBB-Landeschef Wolfgang Ladebeck zitiert.

Wenn nur das Wörtchen „wenn“ nicht wäre: Denn der Landtag machte sowohl den Betroffenen als auch Haseloff einen Strich durch die Rechnung. Wie erst jetzt bekannt wurde, scheiterte der Vorstoß des Regierungschefs ausgerechnet am Widerstand in dessen eigener Fraktion. Haseloff und Stahlknecht stehen damit mitten im Wahlkampf blamiert da. „Von der Sache her hörte sich das erst einmal nicht schlecht an“, bestätigte CDU-Finanzpolitikerin Eva Feußner. Beim längeren Nachdenken hätten in ihren Reihen aber die Bedenken überwogen: Man habe befürchtet, dass auch Kommunen, die Mitarbeiter für die Arbeit in den Flüchtlingsunterkünften entsenden, auf einer Gleichbehandlung bestanden hätten. „Dafür hatten wir aber keine Lösung“, so Feußner. Und: „Was wird mit jenen Mitarbeitern in den Verwaltungen, die jetzt die Arbeit ihrer abgeordneten Kollegen zusätzlich schultern müssen?“ Ein Problem, auf das auch Beamtenbund-Chef Ladebeck bereits nach seinem Gespräch mit Haseloff hingewiesen hatte.

Unverständnis bei der SPD

Beim Koalitionspartner SPD herrscht hingegen Unverständnis über die ablehnende Haltung der Union, zumal diese zuvor den Landesbeamten wieder die Zahlung von Weihnachtsgeld in Aussicht gestellt hatte. „Das war ein freundliches Versprechen. Von einer Zulage hätten die Landesbediensteten aber sofort etwas gehabt“, sagte SPD-Fraktionsvize Rüdiger Erben. In den Genuss wären vor vor allem jene gekommen, „die besondere Belastungen auf sich nehmen, weil sie oft weite Wege zurücklegen und in schwierigen Situationen mit den Flüchtlingen arbeiten müssen“. Noch deutlicher wurde der Innenpolitiker der Grünen, Sebastian Striegel: „Das ist ein krasses Zeichen der Missachtung des Engagements und der Motivation ganz vieler Landesbediensteter.“

Auch das sonst eher als wenig spendabel bekannte Finanzministerium zeigte sich erstaunt über die Ablehnung: „Gerade für die unteren Gehaltsgruppen wäre das ein zusätzlicher Anreiz gewesen“, sagt Finanzstaatssekretär Jörg Felgner (SPD). Die CDU schade damit vor allem dem eigenen Innenministerium, es trage die höchste Arbeitsbelastung, so Felgner. Inoffiziell wird das aus dem Ressort bestätigt, denn neben der Koordinierungsarbeit des Stabes stellt das Innenministerium selber viele Freiwillige. Offiziell äußern wollte sich das Ministerium jedoch nicht. (mz)