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Lesung in Aschersleben Lesung in Aschersleben: Ein Schluck "Pfeffi" zur Erinnerung

Von Marion Pocklitz 14.02.2016, 16:33

Aschersleben - „Ja, so war das in der DDR!“ - Mit den Abenteuern im Ferienlager, mit den Autos, die zum großen Teil aus Russland stammten, mit dem begehrten FDGB-Ferienplätzen, die nicht jeder bekam, obwohl diese wie Pilze aus den Boden schossen, mit den fruchttechnologischen Produkten wie Ananas oder Banane, die es ja eigentlich nicht gab, oder mit den Tauschgeschäften, die mehr als die DDR-Mark dabei halfen, den einen oder anderen Traum zu verwirklichen.

Mit all diesen Begebenheiten unternahmen André Bohnwagner, Dominik Bartels, Baujahr 1973, und Jörg Schwedler, Baujahr 1977, mit den Gästen der Kreisbibliothek in Aschersleben am Freitagabend eine Zeitreise, die unter dem Motto stand: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer - die satirische DDR-Leseshow“.

Ein "Pfeffi" zur Einstimmung

Und was sie im Vorfeld versprachen, das hielten die drei Autoren auch, die vor ausverkauftem Haus ihre persönlichen Erinnerungen an die Zeit ihrer Kindheit in der DDR preisgaben. So bekam jeder Gast zur Einstimmung einen „Pfeffi“ - dieses grüne, alkoholische Getränk, dem sich wohl kein DDR-Bürger entziehen konnte. Schon mit dem ersten Schluck schwelgten die Zuhörer deshalb in Erinnerungen; möglicherweise dachten sie an Feiern, die mit diesem Gesöff begannen und oft auch endeten - wie auch immer.

Bibliothek als „Volkseigener Literaturbetrieb“

Auch das Versprechen, die Bibliothek in einen „Volkseigenen Literaturbetrieb“ zu verwandeln, wurde eingehalten. Dafür hängten die Autoren eine riesige FDJ-Fahne und das passende Hemd dazu auf. Einige Plakate zeigten zudem Jungpioniere, andere wiederum die Mai-Nelke, die auf den Feiertag der DDR hinwiesen, dem sich kein Bürger entziehen durfte.

Zur Vorstellung der drei Autoren, die zwar in der DDR aufgewachsen waren, diese aber zu unterschiedlichen Zeiten verließen, dienten die Zeugnisse aus zweiter, sechster und achter Klasse. Und siehe da, schon damals wurde ihr Schreib-Talent entdeckt. Auch ihre Zensuren zeigten sie freimütig und belächelten sich ob der Note drei in Betragen oder der Note vier in Sport.

Was der Unterschied zwischen Schokolade und "Süßtafeln" ist, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Jeder Gast hatte übrigens persönlich die Möglichkeit, diese Zeugnisse und viele andere DDR-Relikte wie Schwimmerabzeichen oder Bücher unter die Lupe zu nehmen. Denn auch das gehörte zur Ausstattung des Literaturbetriebes.

Bohnwagner begann dann die Lesung mit Erinnerungen an die Oldtimer, die in Serie produziert worden. Er erzählte von dem Saporoshez und dem Lada aus russischer Produktion, die es möglicherweise nicht gut mit ihren Haltern meinten, weil sie immer dann stehen blieben, wenn man sie am dringendsten brauchte.

Die legendären Neptunfeste

Bartels nahm anschließend die Gäste mit ins Ferienlager und ließ sie an den legendären Neptunfesten teilhaben, die irgendwie immer dazugehörten, aber eigentlich von keinem gemocht wurden. Während der Erzählung ließ er die Anwesenden raten, wie viel Kakao in einer Schlager-Süßtafel steckte. Ganze drei Prozent Kakao-Anteil. „Deshalb hieß es auch nicht Schokolade, sondern Süßtafel.“

Jörg Schedeler stellte seine Heimat, die Altmarkt im Norden Sachsen-Anhalts, vor und nahm anschließend die Zuhörer mit auf eine Reise in das entfernte Dänemark, wohin er nach der Grenzöffnung gefahren war.

Tränen vor Lachen

Nicht nur einigen Zuhörern standen an diesem Abend immer wieder Tränen vor Lachen in den Augen, auch die Vorleser selbst hatten Spaß an ihren Geschichten. Auch in Hamburg, Lüneburg, Hannover oder Helmstedt gab es schon etliche Zuhörer. Sieben Shows pro Jahr stemmen die drei und verraten, dass auch die „Westbürger“ sich bei diesen Geschichten amüsieren. In Aschersleben allerdings gaben sie noch ein Versprechen. „Wenn es Euch so gefallen hat, dann kommen wir im Herbst noch einmal wieder!“ (mz)