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HFC-Fan am Dessauer Bahnhof zusammengeschlagen HFC-Fan am Dessauer Bahnhof zusammengeschlagen: 15-Jähriger berichtet: "Das war wie Krieg"

Von Lisa Garn 27.01.2016, 21:12
Auf dem Bahnsteig griffen die Schläger an.
Auf dem Bahnsteig griffen die Schläger an. lutz sebastian Lizenz

Dessau - Es gibt keine Worte, die Fassung ist verloren - zurück bleibt der Schock. Der 15-Jährige aus Dessau-Roßlau ist nach den Ereignissen am Sonntag mitgenommen, nicht nur äußerlich. Die Nase wurde gebrochen, er hat ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, Schürfwunden am Hals, Kopf und Gesicht. Der Jugendliche war Teil der Gruppe von etwa 30 HFC-Fans, die am Wochenende auf dem Dessauer Bahnhof angegriffen wurden. Zwei von ihnen wurden so schwer verletzt, dass sie ins Krankenhaus mussten - einer davon ist Erik K. (*). Seinen richtigen Namen will er nicht nennen aus Furcht, dass die Schläger bei ihm auftauchen. „Ich will mich nicht zur Zielscheibe machen.“

An diesem Vormittag hatte er sich mit Freunden, die wie er die Fans des Halleschen FC sind, gegen 9 Uhr am Theater getroffen. In einer großen Gruppe sind sie zum Bahnhof gelaufen und wollten von dort nach Halle zum Derby gegen den 1. FC Magdeburg. „Als der Zug aus Richtung Magdeburg ankam, sprangen plötzlich diese Leute raus und sind auf uns losgestürmt. Schwarz angezogen, vermummt mit Sturmhauben und Mundschutz, blau-weiße Schals“, berichtet Erik K. „Die Polizei spricht von 70 Vermummten, ich würde sagen, es waren 100. Die haben gezielt nach Leuten gesucht, die als HFC-Anhänger kenntlich waren. Das war purer Fan-Hass.“

Die Polizei sucht nach der Randale am Dessauer Bahnhof weiterhin Zeugen und Bild- sowie Videomaterial. Zwar war nach dem Aufruf ein Hinweis eingegangen, doch dieser lief ins Leere, so Romy Gürtler, Sprecherin der Bundespolizei in Magdeburg.

Die Beamten hoffen darauf, dass durch Zeugenhinweise oder Bildmaterial die Täter identifiziert werden können: Wer kann weitere Hinweise geben und/oder Film- und Fotomaterial zur Verfügung stellen? Wer hat gesehen, welche Personen zugeschlagen haben und kann diese identifizieren? Gab es in beiden Zügen nach der Tat Aussagen eventueller Täter?

Hinweise können bei der Bundespolizei Magdeburg unter Telefon: 0391/56 54 90, unter der kostenfreien Hotline 0800/6 88 80 00 oder bei jeder anderen Polizeidienststelle gemeldet werden.

Auch K. war mit seinem rot-weißen Schal als Fan zu erkennen. Zu fünft seien die Angreifer auf ihn los, hätten auf ihn eingeprügelt, auch als er schon am Boden lag. „Das war wie Krieg. Alle aus der Gruppe mussten sich verteidigen.“ K. war mit der Jüngste. In einem Video bei Facebook ist zu sehen, wie mehrere Männer auf den am Boden Liegenden einschlagen. Zu beobachten ist auch, wie Unbeteiligte die Treppe hinunterrannten, andere hatten sich laut K. an einem Pfosten festgeklammert. Viel mehr nahm er nicht wahr. Die Angreifer schätzt er auf Mitte 20. „Ein Polizist versuchte einzugreifen und die fünf Leute von mir abzubringen. Es waren einfach zu viele. “

Weitere Informationen zur Attacke am Bahnhof Dessau lesen Sie auf Seite 2.

K. hielt sich die Arme und Hände vor Körper und Kopf. „Ich habe mich mit allem zu schützen versucht, was geht.“ Er bekam Fausthiebe ins Gesicht, auf den Hinterkopf, sein Schal wurde ihm vom Hals gerissen. Einem Bekannten wurden Rippen und Nase gebrochen - auf diesen warfen die Angreifer einen Bierkasten.

K. schleppte sich mit blutverschmiertem Gesicht irgendwie die Treppe vom Bahnsteig herunter, ließ einen Krankenwagen rufen. Seine Mutter schrieb noch eine Nachricht: „Ist alles in Ordnung?“. Nein, nichts war in Ordnung. K. kam in die Notaufnahme, ebenso sein Bekannter und ein Polizist.

Am Dienstag wurde K. aus dem Krankenhaus entlassen, seine Aussage bei der Polizei hat er bereits gemacht. Er ist krank geschrieben. Sport darf er über Wochen nicht betreiben. Das ist vielleicht verschmerzbar, auch die Wunden werden heilen. Was bleibt, ist Wut, aber auch der Verlust eines Sicherheitsgefühls, von einem Grundvertrauen. „Es ist einfach nicht zu fassen, zu was Menschen fähig sind. Warum tun sie das anderen an? Was hat das mit Fußball zu tun?“ Er hoffe, „dass die Schuldigen schnell gefunden und bestraft werden“.

K. hat Karten für ein nächstes Derby in Halle, HFC und Dynamo Dresden spielen. Er wird sie verkaufen. „Ich muss das alles verarbeiten.“ (mz)