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Akw Doel und Tihange Akw Doel und Tihange: Warn-SMS und Jod-Tabletten für die Kraftwerk-Sicherheit

Von Peter Riesbeck 31.01.2016, 12:50

Brüssel - Für Jan Jambon ist die Sache klar. „Dass sich der Kraftwerksblock von selbst abschaltet, zeigt: Die Sicherheitssysteme funktionieren.“ So kann man es auch sehen. Außerhalb Belgiens teilen nicht viele die Ansicht des für Atomaufsicht zuständigen belgischen Innenministers.

Grenznahe Kommunen aus den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen haben eine Klage angestrengt – gegen den Atommeiler Tihange nur siebzig Kilometer entfernt von Aachen.
Am Montag hat sich Besuch aus Berlin angekündigt. Umweltministerin Barbara Hendricks will mit dem für Atomaufsicht zuständigen Jambon reden.

Ihre holländische Kollegin Melanie Schultz war auch schon da. Genützt hat es wenig.

Energiepolitik ist Ländersache

Europa kann in Sachen Atomkraft wenig tun. Energiepolitik ist Ländersache. So setzt Deutschland auf die Energiewende, Belgien auf Atomstrom. Und auf die Einnahmen. Bis 2019 muss der Betreiber Electrabel 780 Millionen Euro Atomsteuer abführen. Flämischer Pragmatismus.

Zur Jahreswende gingen die Blöcke Doel 3 (nahe Antwerpen) und Tihange (im deutsch-niederländisch-belgischen Grenzgebiet) wieder ans Netz. Zumindest kurzfristig. Die Reaktoren mussten bald wieder runterfahren, etwa weil es in einem Strompult gekokelt hatte. Alles außerhalb des atomaren Bereichs, versuchte Jambon, 55, zu beruhigen. Der Mann hat Informatik studiert, er vertraut in die Technik. Aber Jambon ist auch sonst ein Beschwichtiger. 2007 enthüllte der spätere EU-Kommissar Karel De Gucht, dass Jambon einst an einer fragwürdigen Gedenkveranstaltung zu Ehren flämischer Ostfront-Veteranen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS teilgenommen hatte. Merkwürdige Allianzen.

Belgien auf legale Weise spalten

Manche Polit-Karriere endete an historisch Belastetem, nicht die von Jan Jambon. Auf die Informatik folgte ein BWL-Studium und erfolgreiche Stationen in der Wirtschaft. Spät stieß er zur Partei des flämischen Regionalisten Bart De Wever. Vor zwei Jahren zog sie in die Zentralregierung ein und Rechtsaußen Jambon stieg auf zum Innenminister.

Auch das Verteidigungsressort haben De Wevers Regionalisten besetzt. In manch einem fragilen Staat würde das nach Putsch riechen. Aber Jambon und seine Mitstreiter wollen Belgien auf legale Weise spalten. Gerade wurde eine Parteikommission für weitere Regionalisierung eingerichtet, und Parteifreundin Lisbeth Hohmans gab der belgischen Gesamtvorstellung jetzt noch eine Frist bis zum Jahr 2025. Eine Kernspaltung der anderen Art, Belgiens Restlaufzeit läuft.

Nicht viel für den starken Staat

Jambon setzt als Innenminister auf den starken Staat. Als nach den Anschlägen von Paris die Spur in Brüssels Stadtteil Molenbeek führte, versprach Jambon: Er werde dort jedes Haus durchkämmen lassen. Von Ausfegen war noch die Rede. Das klang sehr nach Nicolas Sarkozys, der Frankreichs Vorstädte einst mit dem Kärcher mehr Strahlkraft verleihen wollte. Klappte nicht ganz.

Starker Staat verheißt stets auch das Versprechen nach mehr Sicherheit. Im Fall von Doel und Tihange verspricht Jambon im Unglücksfall eine Warn-SMS und Jod-Tabletten. Das ist nicht viel für den starken Staat.