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Fußball-Derby in Halle Fußball-Derby in Halle: FCM-Fans besetzen HFC-Tribüne

Von Christoph Karpe 25.01.2016, 22:49
Überall Blau-Weiß: Die Stadionseite am Läuferweg war komplett mit FCM-Fans besetzt.
Überall Blau-Weiß: Die Stadionseite am Läuferweg war komplett mit FCM-Fans besetzt. Holger John Lizenz

Halle (Saale) - Der Frust sitzt tief im Lager der Fußball-Fans, die es mit dem Halleschen FC halten. Auch am Tag nach der 1:2-Pleite im Derby gegen den 1. FCM. Dabei ärgert nicht einmal nur die sportliche Niederlage. Vielmehr schlagen die Wellen hoch wegen der Demütigung durch eine mit 4.000 FCM-Anhängern voll besetzte Süd-Tribüne am Läuferweg.

In den Foren fordern entsetzte HFC-Fans Stellungnahmen vom Präsidium, diskutieren über die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung oder fordern gar den Rücktritt des gesamten Vorstandes, der diese „feindliche Übernahme“, wie es heißt, nicht verhindert hat und sogar eigene Dauerkarten-Besitzer umplatzieren ließ - in Sorge um deren Gesundheit.

Das blau-weiße Bild ist auch HFC-Präsident Michael Schädlich aufs Gemüt geschlagen: „Wir haben unsererseits einen eklatanten Fehler gemacht. Ich kann mich dafür nur entschuldigen“, sagt er.

Die Frage ist: Wie konnte es passieren, dass FCM-Fans an Karten in so großer Zahl kamen? Eigentlich stehen Gäste-Anhängern bei einem solchen Sicherheitsspiel maximal 1.200 Tickets zu - zehn Prozent des an solchen Tagen reduzierten Fassungsvermögens. Keinesfalls eine komplette Tribüne. Doch diese extra Plätze organisierte sich die FCM-Fanszene durch eine konzertierte Aktion.

Etwa in einem MZ-Servicecenter. Eine Mitarbeiterin in Aschersleben schildert das Prozedere: „Am Tag, als der freie Vorverkauf begann, am 13. Dezember, stand eine Schlange von Kaufwilligen vor unserer Geschäftsstelle. Einer wollte 20 Tickets für das Spiel, der nächste 30“, erzählt sie. „Als FCM-Fans waren die Menschen nicht zu erkennen. Wir hatten auch keine Order vom HFC oder sonst woher, jedem auch nur maximal vier Karten zu verkaufen. Mit welchem stichhaltigen Argument sollten wir jemanden abweisen?“ Der HFC dagegen erklärte gestern Abend: „Vorgaben des Vereins und des dafür gebundenen Ticketing-Dienstleisters wurden seitens einzelner Vorverkaufsstellen nicht umgesetzt.“

Wie es nun auch war: Jedenfalls kam es so, dass einer sagte, er komme von seinem Verein und seine Kumpel hätten gerade keine Zeit, er solle doch Tickets mitbringen. „Dann legte er etwa 3.000 Euro, in kleinen Scheinen oder als Kleingeld - wie nach einer Sammelaktion - auf den Tisch. Und wir haben ihm die Tickets verkauft“, so die Mitarbeiterin.

Ähnlich lief es etwa in Bernburg oder Dessau. Selbst im Wosz-Fanshop in Halle gingen Karten an Magdeburg-Sympathisanten. So rüstete sich der FCM-Anhang in einer geplanten Groß-Aktion mit Tickets aus - und nutzte dabei die Schwäche im lückenhaften System. Der HFC-Vorstand wurde aus seinen Fankreisen sogar noch alarmiert. „Wir haben im Vorfeld diskutiert, ob wir auf einen Vorverkauf über die Servicecenter verzichten sollten, kamen aber zur Auffassung, dies nicht zu tun“, sagt Präsident Schädlich. Schließlich sollten auch HFC-Fans außerhalb von Halle ohne großen Reise-Aufwand an Karten kommen können.

Vier Karten für HFC-Mitglieder

Den Magdeburgern spielte in die Hände, dass die HFC-Mitglieder und -Dauerkartenbesitzer, die seit dem 18. November ein Vorverkaufsrecht besaßen, nicht auf ähnliche Art gehandelt und Karten gehamstert hatten. Doch das konnten sie auch kaum. Der Klub hatte seine Anhänger via Homepage über die erste Verkaufsphase folgendermaßen informiert: „HFC-Mitglieder dürfen maximal vier Karten erwerben, Dauerkarten-Inhaber maximal zwei. Wer als HFC-Mitglied nicht persönlich sein Vorverkaufsrecht nutzen kann, schickt eine Person seines Vertrauens mit einer Vollmacht zum Wosz Fan Shop oder in die Galeria Kaufhof.

Diese sollte eine Kopie des Mitgliedsausweises oder eine Kopie des bestätigten Mitgliedsantrags enthalten.“ Diese Reglementierung setzte sich fort, als der freie Verkauf begann: „Hinweis: Karten für das Spiel gegen den FCM könnt ihr online nur als Bestandskunde erwerben. Ihr seht das Spiel, sobald ihr euch eingeloggt habt.“

Heißt: HFC-Anhänger wurden in ihrem Kontingent beschnitten. Außerhalb der Stadt lösten sich diese Vorgaben in Wohlgefallen auf. Und die artigen HFC-Fans reagierten nur, wie ihnen geheißen. Begleitet wurde dies von einem nicht einmal überbordenden Interesse.

Dass der Klub irgendwann, als die ersten Meldungen von den Hamsterkäufen der Magdeburger bekannt wurden, die ganze Tribüne am Läuferweg bereitwillig an Magdeburger verkauft habe, um nun wenigstens das Stadion komplett zu füllen, verweist Präsident Schädlich in den Bereich eines üblen Gerüchts: „Das ist Quatsch!“

Gestern Abend veröffentlichte der Klub eine Stellungnahme zu dem Vorverkaufsdesaster auf seiner Internetseite. Der komplette Vorverkauf über den HFC-Ticketonlineshop und an überregionalen Vorverkaufsstellen für das nächste Heimspiel am 7. Februar gegen Spitzenreiter Dynamo Dresden wird gestoppt, hieß es dort. Und weiter: „Die bereits für die Blöcke sechs bis zehn verkauften Sitzplatzkarten behalten Ihre Gültigkeit. Der Ticketing-Dienstleister versichert in diesem Zusammenhang, dass aktuell mehr als 95 Prozent der bisher verkauften 1 169 Tickets für die Blöcke sechs bis zehn halleschen Anhängern zuzuordnen sind.“ Personen, die augenscheinlich Anhänger von Dynamo Dresden sind, würden am Spieltag selbst keinen Zutritt zu diesen Blöcken erhalten.

Neues Konzept in Arbeit

Für die Anhänger des HFC stehen ab heute die Vorverkaufsstellen im Wosz-Fanshop, in der Galeria Kaufhof und bei PS Union zur Verfügung. Für künftige Partien mit hohem Gäste-Fan-Aufkommen werde von der zuständigen Firma ein „präzisiertes Konzept“ erarbeitet, um Vorfälle wie beim Derby „zukünftig möglichst auszuschließen“, versicherte der HFC. (mz)

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