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Flüchtlings-Krise Flüchtlings-Krise: Wohlfahrtsverbände fordern mehr Hilfe für Flüchtlingshelfer

Von Lisa Boekhoff 10.02.2016, 16:00

Berlin - Die Wohlfahrtsverbände fordern mehr Mittel für die Betreuung der freiwilligen Flüchtlingshelfer in Deutschland – und gemeinsame Strategien der Politik und der Verbände. „Wir müssen aus dem Krisenmodus ausseigen“, sagt Ulrike Kostka, die Direktorin des Caritasverbands Berlin. Die letzten Monate sei es auf das schnelle Handeln angekommen, jetzt aber müssten Konzepte her, um die Hilfe für die Flüchtlinge langfristig zu organisieren. Freiwillige dürften schließlich nicht zum Lückenbüßer werden: „Sie können auf Dauer nicht die Aufgaben des Staates übernehmen.“ Vor allem sei es wichtig, dass die ehrenamtlichen Helfer ausgebildet und bei ihrer Arbeit begleitet und koordiniert würden. Um das sicherzustellen, müsste es entsprechende Mittel für hauptamtliche Mitarbeiter geben.

Barbara König, Landesgeschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Berlin sieht dies ähnlich. Damit Ehrenamtliche erkennen können, was sie zu leisten in der Lage sind, sei professionelle Betreuung nötig. Für diese Aufgabe müsse es eine staatliche Zuwendung geben. König: „Der Staat und die Verbände tragen die Verantwortung für die Helfer.“ Die Freiwilligenagentur der AWO platze aus allen Nähten, es fehlten jedoch Mittel um die vielen potenziellen Helfer zu betreuen - und die richtige Aufgabe für sie zu finden. Ihnen fehle teilweise auch der Einblick in Gesetze und Abläufe. „Insbesondere in der Flüchtlingsarbeit ist mehr Transparenz wichtig.“

Potenzial der Asylsuchenden noch nicht erkannt

Bisher, das sagt Ulrike Kostka von der Caritas, sei auch das Potenzial der Asylsuchenden selbst noch nicht erkannt. „Ganz viele Flüchtlinge wollen ehrenamtlich helfen und etwas zurückgeben.“ Nichts tun zu dürfen und nur vor dem Amt anzustehen mache sie dagegen mürbe, manchmal sogar depressiv. Zweischneidig sieht die Direktorin der Caritas Bemühungen wie das Patenprojekt für Flüchtlinge, welches das Familienministerium unter Manuela Schwesig (SPD) ins Leben gerufen hat. Solche Ideen seien grundsätzlich gut, um das Ehrenamt zu stärken, jedoch nicht ausgereift. „Kurzfristig gibt es vielleicht schöne Zahlen, aber für eine langfristige Perspektive müssen sich Bund, Länder und die Wohlfahrtsverbände gemeinsam abstimmen“, fordert Kostka und spricht von „Hau-Ruck-Programmen“.

Dieter Schütz, Pressesprecher des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), fordert vor allem, dass Flüchtlingshelfer der großen Organisationen von ihrem Arbeitgeber freigestellt werden können. „In außergewöhnlichen Situationen sollten sie mit den Kräften des Technischen Hilfswerks und der Freiwilligen Feuerwehr gleichgestellt werden.“ Dass nicht alle Arbeitgeber dies umsetzen könnten, sei klar. Schütz sagt, die Helfer seien aber darauf angewiesen. „Sie sind über Monate hinweg im Einsatz. Da muss sich die Frage stellen, wo die Belastbarkeit aufhört.“ Was bei Helfern und Asylsuchenden auch für Frustpotenzial sorge, das sei die lange Zeit in den Notunterkünften ohne wirkliche Beschäftigung. Dieter Schütz kritisiert auch die lange Dauer der Asylverfahren. „Flüchtlinge brauchen eine Gewissheit, ob es eine Bleibeperspektive für sie gibt oder nicht.“

Die Bereitschaft zu helfen, sei nach wie vor groß in Deutschland, sagt der Sprecher des Roten Kreuzes – trotz der negativen Debatten nach Köln. Er berichtet  jedoch auch davon, dass Ehrenamtliche in ihrer Nachbarschaft für ihren Einsatz angefeindet werden. Besonders in Sachsen, wo das DRK 85 Prozent der Notunterkünfte stelle, sei die Polarisierung groß. Insgesamt sei der Verein für 480 Notunterkünfte zuständig, in denen mehr als 140 000 Flüchtlinge lebten. Schütz sagt: „Eine Million Flüchtlinge sind gekommen. Ohne freiwillige Helfer wäre die Aufgabe nicht zu bewältigen gewesen.“

Und in Zukunft wird das kaum anders sein. Zumal mit der Integration der Flüchtlinge in Deutschland eine zentrale Aufgabe erst noch bevorstehe - dessen sind sich Schütz, Kostka und König bewusst. Aber dass vor allem in dieser Frage jetzt etwas passieren müsse, sagt Schütz, das sei jedoch der Politik längst klar.