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Kommentar zur Handball-EM Kommentar zur Handball-EM: Spitze ohne Spitzenklubs

31.01.2016, 18:53
Christian Elsaeßer
Christian Elsaeßer MZ Lizenz

Sind wir ehrlich: Der Ausgang dieses EM-Finales gestern in Krakau (polnisch: Krakow) war im Grunde zweitrangig. Denn selbst wenn es am Ende nicht der EM-Titel gewesen wäre, an der grundsätzlichen Beurteilung dieser Handball-Europameisterschaft hätte das nichts geändert.

Der deutsche Handball hat gewonnen. Dank einer Mannschaft, die - mit gerade einmal 24,5 Jahren im Schnitt die jüngste des Turnier – gezeigt hat, welches Ausbildungsniveau die Sportart hierzulande besitzt.

Dabei muss man aber kritisch bemerken: Die Top-Vereine der Bundesliga haben an dieser Entwicklung erschreckend wenig Anteil. Gestern beim deutlichen 24:17-Finalsieg gegen Spanien standen von den drei Spitzen-Teams der vergangenen Saison, also vom THW Kiel, von den Rhein-Neckar Löwen und der SG Flensburg-Handewitt, gerade einmal zwei Spieler für Deutschland auf dem Feld. Natürlich liegt das auch in Verletzungen begründet, aber an den Fakten ändert das nichts: Die Top-Teams setzen auf ausländische Stars. Und so spielt Deutschland eine grandiose EM – und die großen Vereine sind so gut wie gar nicht vertreten. Man möge sich das mal im Fußball vorstellen: eine WM 2014 mit nur zwei Spielern von Bayern München, Borussia Dortmund und Schalke 04. Tatsächlich stellten diese Klubs zwölf der 22 Weltmeister, neun der 14 Final-Spieler kamen aus den Liga-Top-Teams.

Der Handball darf zurecht feiern, dass er einen Weg aus dem tiefen Loch der vergangenen Jahre gefunden hat. Man hat ja fast schon verdrängt, dass Deutschland an der WM 2015 nur dank einer Wildcard teilnehmen durfte, dass der DHB bei Olympia 2012 und EM 2014 gar nicht qualifiziert war.

Trotzdem sollten alle Macher der Sportart so ehrlich sein und eingestehen: Dass endlich junge Spieler in der Bundesliga eine Chance bekommen, ist nicht zuletzt den finanziellen Limits vieler Vereine geschuldet, die im Wettrüsten der Top-Teams auf die Jugend setzen müssen.

Der Status quo, der daraus erwachsen ist, ist begeisternd. Dennoch spricht es nicht gerade für eine strukturell gut aufgestellte Sportart.

Den Autor erreichen Sie unter:[email protected]