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Verhandlung wegen Erpressung am Landgericht Dessau Verhandlung wegen Erpressung am Landgericht Dessau: Porsche absichtlich in den Graben gelenkt?

11.02.2016, 18:30
Göttin der Gerechtigkeit
Göttin der Gerechtigkeit dpa Lizenz

Dessau/Jessen - Was Polizei, Anwälte, Gerichte und Knast anbelangt, kann niemand Klaus T. (Name geändert) mangelnde Erfahrung vorwerfen. Im Moment sitzt der Jessener mal wieder, und seit Monaten geht es um die Frage, ob seine Haft sich verlängert. Er soll wie berichtet versucht haben, einen Jessener Geschäftsmann nach einem Unfall zu erpressen. Jetzt stand der 39-Jährige zur Berufungsverhandlung wieder vor dem Landgericht Dessau.

Das Amtsgericht Wittenberg hatte es zuvor als erwiesen angesehen, dass der Mann 2014 in Jessen mit seinem Fahrrad stürzte. Ein Autofahrer konnte ihm gerade noch ausweichen, kam aber von der Straße ab, durchbrach einen Zaun und stürzte in einen Graben. Später verlangte der Angeklagte von dem Fahrer 1.800 Euro, anderenfalls würde er gegenüber der Polizei angeben, der Unfall sei zur Begehung eines Versicherungsbetruges verabredet worden. Gegen das Urteil am Amtsgericht - ein Jahr ohne Bewährung - legten Angeklagter und Staatsanwaltschaft Berufung ein.

Blödsinn, sagte T. schon im November vor dem Landgericht zum Vorwurf. Das Ding sei inszeniert und mit dem vermeintlichen Unfallgegner abgesprochen gewesen. Er habe den Sturz in der Schlossstraße nur vorgetäuscht. Der Geschäftsmann habe mit Absicht seinen Porsche in den Graben gelenkt, um zu beweisen, wie gefährlich die enge Straße sei, an der er wohne, damit sie wieder für den Verkehr gesperrt werde.

Interessen nicht vertreten

Das hatte das Zeug zu einer unterhaltsamen Verhandlung, nur kam man über den ersten Verhandlungstag nicht hinaus. T. war erkrankt, das Gericht setzte das Verfahren aus. In dieser Woche nun startete es erneut – um nach zehn Minuten zu enden. Der Verteidiger vertrete seine Interessen nicht, ließ T. wissen, deshalb wolle er einen neuen. Doch so einfach wird man einen Verteidiger nicht los.

T. hat einen Pflichtverteidiger beigeordnet bekommen. Nicht, weil es ihm an Geld fehlt, sondern weil es sich bei ihm um einen Fall notwendiger Verteidigung handelt. Der liegt zum Beispiel vor bei Straferwartungen von über einem Jahr oder bei komplizierteren Fällen. Meistens hat der Angeklagte den Pflichtverteidiger selbst gewählt, weshalb die Rechtsprechung von einem Vertrauensverhältnis ausgeht. Genau deshalb gibt es wenig Spielraum, einen Pflichtverteidiger zu wechseln. Dass einem Angeklagten die Strategie seines Anwalts – möglicherweise sogar objektiv – wenig sinnvoll erscheint, ist für das Gericht kein Grund, einem Wechsel stattzugeben.

Klaus T. hat nun eine Woche Zeit, darzulegen, weshalb es zwischen ihm und dem Verteidiger zu einem schweren Vertrauensbruch gekommen ist. Ob das T. gelingt, bleibt abzuwarten. Das Verfahren bleibt bis zu einer Entscheidung ausgesetzt. (mz)