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Frauke Petry, Beatrix von Storch und Co. Frauke Petry, Beatrix von Storch und Co.: Rechte Frauen drängen an die Macht

Von Maritta Tkalec 07.02.2016, 15:44

Frauen sind eher links, mitfühlend, ganzheitlich denkend, verantwortungsbewusst, solidarisch? Diese schlichte Weltsicht bestimmt viele einschlägige Debatten. Sie bringt die faktische Gleichstellung der Frauen aber ebenso wenig voran wie infantile Wortschöpfungen aus „Gender“-Sprachlaboren.

Derzeit legt eine Reihe ausgesprochen rechtsgesinnter Frauen beachtliche Karrieren hin und widerlegt feministische Schönfärbereien. Diese Frauen sind stark, selbstbewusst, intelligent und politisch erfolgreich, mit ausgeprägtem Willen zur Macht. Ihr öffentliches Auftreten ist weder weich noch mitfühlend, weder ganzheitlich noch solidarisch.

Petry, von Storch und Le Pen als Botschafterinnen des Populismus

In Deutschland repräsentieren Frauke Petry, Vorsitzende der rechtspopulistischen AfD, und ihre Parteifreundin Beatrix von Storch diesen Typ Frau. Die beiden adretten Französinnen Marine und Marion Le Pen erfreuen sich bei ihren Landsleuten steigender Popularität. Und in Polen regiert Beata Szydlo mit fester Hand. Von einer großen Mehrheit, gerade auch junger Wähler, ins Amt getragen, gräbt sie ihr Land tatkräftig um.

Diese fünf Politikerinnen vereint vieles. Alle sind hoch qualifiziert. Die Chemikerin Petry und die Ethnographin Szydlo führen den Doktortitel, von Storch und die Le Pens sind Juristinnen. Mit Ausnahme der jüngsten, Marion Le Pen, verfügen sie über robuste Berufs- und Lebenserfahrung. Von Beatrix von Storch abgesehen, haben sie Kinder. Alle fünf bekennen sich zum Christentum, am strengsten Szydlo und von Storch, am lockersten die lebensfrohe Marine Le Pen, die sich als „Kirchhofgläubige“ beschreibt.

Klingen Botschafterinnen des Populismus glaubwürdiger mit ihren einfachen Lösungen in komplizierten Zeiten? Jedenfalls erwecken sie gern den Eindruck, streng, klar und lebensklug zu denken und zu handeln – ganz wie es das Ideal der guten Mutter, der umsichtigen Hüterin im Heim der Familie vorsieht.

Starke grenzen zwischen traditioneller Moral und sittlicher Verlotterung

Unbestreitbar stellt das Tempo der gesellschaftlichen Liberalisierung hohe Anforderungen an die Menschen. Zu hohe Anforderungen für manche. Auseinandergerissene Familien, eine neue Vielfalt der Lebensformen, Gleichstellung homosexueller Paare, kulturelle und religiöse Pluralisierung – verbunden mit Abstiegsängsten, dem demütigenden Gefühl, abgehängt zu sein oder von fernen, undurchschaubaren Bürokratien gegängelt zu werden. All das gibt es und will bewältigt sein. Wenn dann noch der Staat, wie in Deutschland offiziell eingeräumt, die Kontrolle über die Einwanderung verliert – dann soll eben eine Alternative her. In der Gestalt einer Frau wie Frauke Petry kommt sie wie gerufen: zierlich, aber taff; scharfkantig, aber scheinbar nicht bedrohlich.

Petry und ihre Gesinnungsverwandten können darauf bauen, dass es viele Menschen gibt, die sich in einer geschützten Sicherheitszone wohler fühlen als auf dem offenen Feld der freien Gesellschaft. Sie wünschen sich starke Grenzen nicht nur zu den Nachbarstaaten, sondern auch zwischen traditioneller Moral und sittlicher Verlotterung, wünschen sich soziale Wärme in überschaubaren Räumen.

Nach den Modernisierungsschüben kommt eine solche Restaurationsphase an sich nicht überraschend. Diese Art von Pendelbewegung gehört zu den geschichtlichen Konstanten. Dass heute ausgerechnet Frauen für einen neuen, illiberalen National-Konservativismus stehen, lässt sich ebenfalls erklären. Sie sind selber Nutznießerinnen der Modernisierung: gut ausgebildet und gestählt durch die Mehrfachbelastung von Ausbildung, Beruf und Familie. Sie gehören noch nicht zur misstrauisch beäugten alten Elite, dem verachteten Establishment. Sie kommen frisch daher, stehen für Aufbruch. In Wahrheit verkörpern sie den Rückschritt – in das gefährliche Konstrukt der „guten alten Zeit“.