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Schmerzliche Erinnerungen Schmerzliche Erinnerungen: Denkmal für Kriegsopfer in Vesta eingeweiht

Von Nico Grünke 13.01.2016, 09:49
In Vesta wurde ein Kriegerdenkmal eingeweiht, das an die Opfer der Kriege in den vergangenen 150 Jahren erinnern soll.
In Vesta wurde ein Kriegerdenkmal eingeweiht, das an die Opfer der Kriege in den vergangenen 150 Jahren erinnern soll. Peter Wölk Lizenz

Vesta - Inge Langrock war sichtlich bewegt. Die 76-Jährige musste sogar mit den Tränen kämpfen. „Endlich bekommt meine Familie die Würdigung, die sie verdient“, sagte die Bad Dürrenbergerin mit zitternder Stimme.

Ein Bombenangriff zu Ende des zweiten Weltkriegs hatte einen Großteil der Familie der damals erst Vierjährigen ausgelöscht. Inge Langrocks Mutter, Oma sowie auch eine schwangere Tante waren ums Leben gekommen, als am 4. April 1945 der Bad Dürrenberger Ortsteil Vesta aus der Luft angegriffen wurde. Damals war Vesta noch ein eigenständiges, kleines Dorf. Und obwohl das schreckliche Ereignis mehr als sieben Jahrzehnte zurückliegt, sind die schmerzlichen Erinnerungen immer noch deutlich präsent bei Ingrid Langrock. „Unser Haus wurde in Schutt und Asche gelegt. Ich lag in den Trümmern und konnte nicht einmal meinen Kopf heben und das direkt neben meiner toten Großmutter.“

Denkmal feierlich eingeweiht

Das kleine Mädchen überlebte wie durch ein Wunder, konnte als einzige gerettet werden. Ihre Geschichte hat die heute 76-Jährige aufgeschrieben und am vergangenen Samstag den Anwesenden auf dem kleinen Friedhof in Vesta offenbart. Ein Denkmal, das an die unzähligen Opfer verschiedener Kriege auf deutschem Boden in den letzten rund 150 Jahren erinnern soll, wurde dort feierlich eingeweiht.

„Es ist schön, dass uns das nach längerer Zeit gelungen ist“, sagte Ingeborg Drago, auf deren Initiative hin das Denkmal in Vesta errichtet wurde - und zwar an der Stelle, an der einst die Familienmitglieder von Inge Langrock begraben wurden.

Dass allein im zweiten Weltkrieg mehr als 55 Millionen Menschen ihr Leben verloren, betonte Bad Dürrenbergs Bürgermeister Christoph Schulze (CDU) in einer Rede anlässlich der Einweihung. Das Stadtoberhaupt ging dabei zurück bis ins Jahr 1864. Damals tobte der Deutsch-Dänische Krieg. Nur zwei Jahre später kam es zum Krieg zwischen Österreich und Preußen. Und nicht einmal fünf Jahre später forderte der Deutsch-Französische Krieg zahlreiche Menschenleben, auch aus Bad Dürrenberg.

„Ein Denkmal, das darauf hinweist, war schon im Jahr 1906 in Bad Dürrenberg errichtet worden“, sagte Schulze. Allerdings wurde es knapp 70 Jahre später wieder entfernt. Eine Tatsache, die vor allem auch Ingeborg Drago ärgerte. Die alteingesessene Bad Dürrenbergerin ist in Vesta aufgewachsen, hatte sich nach der Wende schon für die Rettung der kleinen Kirche in Vesta mit Erfolg eingesetzt. „Ohne die Unterstützung, die damals von vielen Einwohnern kam, wäre das nicht möglich gewesen“, erinnerte sie sich. Und auch bei dem Denkmal gab es Hilfe von verschiedenen Stellen. „Die Interessengemeinschaft Kriegerdenkmäler aus Bad Dürrenberg hat zum Beispiel geholfen.“ Zudem wurden mehrere Handwerker aus dem Ort mit ins sprichwörtliche Boot geholt. Die Metallplatte sowie der große Gedenkstein selbst wurden unentgeltlich bearbeitet.

Grabstein mit Geschichte

Der Stein ist Drago zufolge eine Geschichte für sich: „Er ist vermutlich schon vor etwa 120 Jahren als Grabstein genutzt worden“, erzählt die ehemalige Lehrerin. Im Nachbarort Kleinkorbetha stand er an einem Familiengrab, das allerdings bereits viele Jahre nicht mehr gepflegt worden sei. „Den Stein haben wir ausgewählt, weil auf ihm die aus meiner Sicht passenden Symbole eingraviert sind.“ Unter anderem machen umgedrehte Fackeln den Stein optisch markant, was Vergänglichkeit symbolisiere.

Einfach war es jedoch nicht, den Stein nach Vesta zu schaffen, nicht nur wegen dessen Gewicht. „Wir mussten dafür Kontakt mit der Friedhofsverwaltung in Weißenfels aufnehmen, weil Kleinkorbetha ja schon zum Burgenlandkreis gehört.“ Dass das Vorhaben in die Tat umgesetzt werden konnte, freut vor allem auch Ingrid Langrock. Ihre aufgeschriebene Geschichte gehört nun zu den Dokumenten, die sich in einer vergrabenen Kapsel unmittelbar vor dem Denkmal befinden und der Nachwelt als Mahnung dienen sollen. „Das hilft mir, mit den Geschehnissen von damals endlich abschließen zu können“, sagte Ingrid Langrock. (mz)

Das Kriegerdenkmal, so wie es einstmals aussah
Das Kriegerdenkmal, so wie es einstmals aussah
Privat Lizenz