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Finanzen Sachsen-Anhalt Finanzen Sachsen-Anhalt: Kein Grund zur Entspannung

Von Hendrik Kranert-Rydzy 08.01.2016, 21:00

Magdeburg - Der Rechnungshof Sachsen-Anhalt hat der Landesregierung ein durchwachsenes Zeugnis für ihre Finanzpolitik ausgestellt. Rechnungshof-Präsident Kay Barthel lobte zwar, dass in den vergangenen fünf Jahren keine neue Schulden aufgenommen wurden und mit der Tilgung der knapp 21 Milliarden Euro Altschulden begonnen wurde: „Das ist ein guter Anfang, eine finanzpolitische Trendwende ist erkennbar, das begrüßen wir sehr. Aber es ist kein Grund zur Entspannung.“

„Schippe nachlegen“

Denn zum einen hätte Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) durchaus „noch eine Schippe nachlegen können“, was den Schuldenabbau und die Vorsorge für schlechte Zeiten anginge, so Barthel. Obwohl Bullerjahn von historisch niedrigen Zinsen und sprudelnden Steuereinnahmen profitiert habe, sei nicht alles verfügbare Geld auch in den Schuldenabbau geflossen. Barthel zufolge müsse das Land mindestens jährlich 200 Millionen Euro tilgen, um die Pro-Kopf-Verschuldung angesichts sinkender Einwohnerzahlen bei derzeit über 9 000 Euro stabil zu halten. „Noch besser wäre natürlich gewesen, wenn alle ersparten Zinsen vollständig in die Tilgung geflossen wären“, so Barthel. Das wären 1,17 Milliarden Euro gewesen.

Zum anderen stünden Sachsen-Anhalt die schwierigen Zeiten erst noch bevor, prognostizierte der Rechnungshof-Chef: „Die Jahre 2016 bis 2019 werden zum echten finanzpolitischen Stresstest für das Land.“ So sei in Bullerjahns Finanzplanung eine Finanzierungslücke von 765 Millionen Euro erkennbar. Bullerjahn selbst hatte sich zum Ende vergangenen Jahres noch selber auf die Schulter geklopft und erklärt, er beneide seinen potenziellen Nachfolger. Gleichzeitig droht die Lücke in künftigen Haushalten aufgrund aktueller Versprechen vor der Landtagswahl weiter zu wachsen. Barthel - selbst CDU-Mitglied - kritisierte dabei zuallererst den Vorschlag seiner einstigen Landtagsfraktion, ein kostenloses letzte Kindergarten-Jahr zu finanzieren. „Das kostet mindestens 37 Millionen Euro pro Jahr“, sagte Barthel. Die CDU will die Gebührenbefreiung aus dem Länderanteil des Betreuungsgeldes refinanzieren, man geht von etwa 30 Millionen Euro aus. Barthel verwies auch auf die unterfinanzierten Kommunen im Land - eine Besserstellung sei bislang ebenso wenig gegenfinanziert wie der Plan, die Investitionsquote auf zehn Prozent der Ausgaben festzuschreiben. „Da sind Einsparungen an anderen Stellen nötig, aber das muss man den Leuten auch sagen“, forderte Barthel.

Kaum Notgroschen angespart

Aber auch an anderen Stellen des Landeshaushaltes drückt der Schuh gewaltig: Die Steuerschwankungsreserve - eine Art Notgroschen für schlechte Zeiten - solle zwar bis 2020 auf 300 Millionen Euro wachsen. 2015 seien aber aus dem Bestand von 194 Millionen Euro bereits 45 Millionen entnommen worden, weitere 100 Millionen sollen im kommenden Jahr folgen. Auch der Pensionsfonds, mit dem die Risiken der Altersversorgung von Beamten gemildert werden sollen, habe derzeit erst einen Bestand von 600 Millionen Euro. „In den kommenden Jahren wie geplant weitere 800 Millionen Euro einzuzahlen, wird aber schwierig werden“, so Barthel. (mz)