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Energiewende sote-energiewende-laufen-die-kosten-aus-dem-ruder

Von Frank-Thomas Wenzel 14.01.2016, 13:36
Offshore-Windkraftwerke haben viele Vorteile, sind aber sehr teuer
Offshore-Windkraftwerke haben viele Vorteile, sind aber sehr teuer AFP Lizenz

Wie teuer kommen uns die Erneuerbaren?

Medienberichten zufolge wurden an die Betreiber von Ökostromanlagen im vorigen Jahr 24,1 Milliarden Euro gezahlt. Das sind 2,6 Milliarden Euro oder zwölf Prozent mehr als 2014. Das Geld wird über die EEG-Umlage eingetrieben, die jeder Haushalt mit seiner Stromrechnung zahlen muss. Die Betreiber erhalten aus dem Umlagetopf gesetzlich festgelegte Vergütungen für jede ins Netz eingespeiste Kilowattstunde.

Warum sind Zahlungen so massiv gestiegen?

Hinter dieser Frage verbirgt sich eine Erfolgsgeschichte: die der Windenergie. Die Rotoren erzeugten 2015 rund 86 Terawattstunden, davon knapp 78 an Land, gut acht Terawattstunden kamen von Offshore-Anlagen vor der Küste. Das ist eine Steigerung zum Vorjahr um 50 Prozent. Möglich war dies, weil 2015 viel Wind wehte. Zudem lieferten die vielen schon 2014 errichteten Windräder erstmals eine komplette Jahresproduktion ab. Hinzu kam, dass der Boom im Frühjahr 2015 anhielt. Diese neuen Anlagen waren dann im windreichen Herbst voll einsatzfähig. Die Windenergie deckte im vorigen Jahr schon gut 13 Prozent des gesamten Strombedarfs ab, das ist fast so viel wie die Atomkraft. Dieses Jahr könnten die modernen Windmühlen die AKW überflügeln.

Wie passt diese Entwicklung zu den Plänen der Regierung?

Der massive Ausbau der Windenergie lag 2015 deutlich über den sogenannten Ausbaupfaden der Bundesregierung, was zur Folge hatte, dass die Vergütungen für neue Anlagen abgesenkt wurden. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Michael Fuchs, befürchtet indes Schlimmes. Er sagte der FAZ, die Energiewende sei „auf dem besten Wege, ein finanzielles Desaster zu werden“.

Laufen die Kosten für die Energiewende tatsächlich aus dem Ruder?

Die Aufwendungen für die EEG-Umlage sind nur die halbe Wahrheit. Durch den Ausbau der Erneuerbaren ist das Angebot an elektrischer Energie auch 2015 deutlich gestiegen. Zugleich gab es nur ein winziges Plus beim Verbrauch. Die Folge war, dass die Preise für Strom im Großhandel an der Börse abermals massiv gefallen sind. Nach Berechnungen des Thinktanks Agora Energiewende waren es durchschnittlich noch 3,1 Cent pro Kilowattstunde – nach 3,5 Cent im Vorjahr. 2011 mussten sogar noch 5,6 Cent gezahlt werden. Die Konsequenz ist, dass der sogenannte Systempreis im vorigen Jahr gesunken ist: Die Summe aus EEG-Umlage und Strombeschaffungskosten lag noch bei 9,7 Cent pro Kilowattstunde nach knapp zehn Cent im Vorjahr. Elektrische Energie ist also in Wirklichkeit billiger geworden – allerdings wurde dies von den Versorgern kaum an die Verbraucher weitergegeben, stattdessen stiegen die Renditen der Unternehmen.

Was müssen wir für die Zukunft erwarten?

Höhere Kosten. Die Bundesregierung hat kürzlich ihre Ideen zum Umbau der Förderung der Erneuerbaren vorgelegt. Demnach soll die Offshore-Windenergie durch einem Zubau neuer Anlagen mit einer Leistung von 880 Megawatt pro Jahr stärker als bislang geplant – 640 Megawatt – ausgebaut werden. Zugleich will die Regierung den Ausbau der Anlagen an Land bremsen. Nur noch maximal 1500 Megawatt sollen per annum hinzu kommen, nach bis zu 2500 bislang. Der entscheidende Punkt ist: Für Strom von Nord- und Ostsee gibt es die höchsten Einspeisevergütungen (maximal 19,4 Cent pro Kilowattwattstunde). „Für die gleiche Strommenge müssen die Kunden bei Offshore-Windenergie dreimal soviel Geld ausgeben wie bei Windenergie an Land“, heißt es in einer aktuellen Studie der Beratungsfirma Enklip, die im Auftrag der Linken-Bundestagsfraktion erstellt wurde.

Wie sind die Pläne der Regierung zu bewerten?

Offshore-Windräder haben viele Befürworter, weil einerseits eine stetige Stromerzeugung möglich ist. Zugleich gibt es bei der Standortsuche weniger Proteste als bei Windrädern an Land - die Anlagen im Meer sind von der Küste aus oft gar nicht mehr zu sehen. Zugleich sind sie wegen der hohen Kosten umstritten. Eva Bulling-Schröter, Energieexperten der Linken-Fraktion, kritisiert denn auch, dass die Regierung ausgerechnet zugunsten der teuren Offshore-Windparks die Billigmacher der Energiewende, die Windräder an Land, zurechtstutzten wolle. „Eine soziale und effiziente Energiewende sieht anders aus“, fügt sie hinzu.

Was ist die Alternative?

Die Enklip-Studie legt nahe, Onshore-Wind und Photovolatik stärker zu fördern. Damit könne einerseits das Kostenziel der Bundesregierung gehalten werden – die durchschnittliche Vergütung für Ökostrom soll bei zwölf Cent pro Kilowattstunde eingefroren werden. Außerdem bestehe die Chance durch insgesamt mehr Windenergie, die Belastung mit dem Klimakiller CO2 merklich zu reduzieren.

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