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Bildungsakademie Leuna Bildungsakademie Leuna: Chance für Flüchtlinge

Von Michael Bertram 20.01.2016, 13:10
Flüchtlinge gehen zu einer Flüchtlingsunterkunft.
Flüchtlinge gehen zu einer Flüchtlingsunterkunft. dpa Lizenz

Leuna - Selbstbewusst gehen Steffen Staake und Matthias Engel die Herausforderung an, die Politik und Wirtschaft zwar längst erkannt haben, aber weitestgehend noch auf die lange Bank schieben: die berufliche Qualifizierung der nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge. „Wir sehen im Saalekreis ein großes Potenzial und haben die Kapazitäten“, sagt Staake, Geschäftsführer der Bildungsakademie Leuna (Bal), die vor allem für die Unternehmen am Chemiestandort aktuell mehrere hundert junge Menschen ausbildet und zusätzliche Qualifizierungen wie etwa den Meister anbietet.

Da vor allem viele junge Menschen aus Krisengebieten nach Deutschland kommen, wird in der Politik längst diskutiert, wie man deren Potenziale nutzen kann, um dem Fachkräfte-Mangel in Deutschland zu begegnen. Auch in Leuna ist jedes Jahr aufs Neue zu spüren, dass die Lücken allein mit deutschen Schulabgängern nicht mehr zu stopfen sind. Berufsübergreifend können so jedes Jahr gut zehn Prozent der Plätze nicht besetzt werden, wie Matthias Engel erklärt.

Wenige Bewerber

Nicht deshalb, weil es etwa zu wenige Bewerber gibt, sondern weil diese nicht den Anforderungen genügen - oder es ihnen an der richtigen Einstellung zur Arbeit mangelt. Das mag sicherlich auch auf einige Asylbewerber zutreffen. „Die kann man aber auch ganz anders auf ihre Mitwirkungspflicht hinweisen - sie müssen sich auch integrieren lassen“, betont Staake.

„Das fertige Konzept zur Qualifizierung von Flüchtlingen liegt in der Schublade, wir könnten sofort loslegen“, betont Marketingleiter Matthias Engel. Wie der Bal-Geschäftsführer drängt er zur Eile. Hunderte junge Menschen seien in den vergangenen Monaten in den Saalekreis gekommen, bis auf ein paar Stunden Deutschunterricht seien ihnen jedoch keine wirklichen Perspektiven geboten worden. „Wenn man die nicht kennt, ist auch nicht die Bereitschaft da, sich zu integrieren und voll auf Deutschland einzulassen“, ist Steffen Staake überzeugt.

Von der vorherrschenden Skepsis, dass viele Flüchtlinge nur über eine grundlegende Schulausbildung verfügen oder gar Analphabeten sind, hält Engel wenig. „Wir haben auch schon immer mit Klientel aus bildungsferneren Schichten gearbeitet und die Leute fit für das Berufsleben gemacht“, erzählt er. „Ob nun Deutscher oder Flüchtling - der Auftrag bleibt für uns immer der gleiche“, unterstreicht der Marketingleiter.

Berufliche Perspektive

Inzwischen macht nicht nur die Bal Druck, die von einem Zuschlag natürlich selbst finanziell profitieren würde. Auch erste Unternehmen am Standort zeigen konkretes Interesse daran, Flüchtlingen eine berufliche Perspektive aufzuzeigen. „Die Anstrengungen sind gewiss viel größer als bei deutschen Bewerbern“, meint Dietrich von der Wense, Geschäftsführer von Innospec, das in Leuna unter anderem Dieseladditive und Wachse produziert. „Wir haben als Unternehmen am hiesigen Standort aber auch eine gesellschaftliche Verantwortung, für die wir bei diesem Thema gern eintreten wollen.“

Die größten Potenziale sehen Wirtschaft und Bildungsakademie bei Menschen aus dem Iran, Irak, Syrien und Eritrea. Denn diese kommen nicht aus sicheren Herkunftsländern, können also mit einem längeren Aufenthalt in Deutschland rechnen und eine mögliche Ausbildung abschließen. Aus diesen vier Nationen leben im Kreis derzeit übrigens 1.358 Personen. (mz)