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Projekt in Halle-Neustadt Projekt in Halle-Neustadt: Test-Wohnen in der Platte

Von Silvia ZÖLLER 07.01.2016, 19:08
Ralf Wehrspohn hat die Koffer gepackt - statt im Paulusviertel wohnt der Physiker jetzt in Neustadt.
Ralf Wehrspohn hat die Koffer gepackt - statt im Paulusviertel wohnt der Physiker jetzt in Neustadt. Holger John Lizenz

Halle (Saale) - Die Idee ist simpel - und doch etwas völlig Neues: Wissenschaftler, Studenten und Experten verschiedener Fachgebiete werden in den nächsten drei Monaten ein Experiment wagen. Sie wohnen im Rahmen des Wettbewerbs „Zukunftsstadt - Halle.Neu.Stadt 2050“ für einige Tage oder Wochen in einer Plattenbauwohnung in Neustadt. Als erster Mieter auf Zeit ist jetzt Ralf Wehrspohn eingezogen, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik und Physik-Professor an der Uni Halle.

Zuhause im Wohn-Labor

In der sanierten, aber sehr einfachen 3-Raum-Wohnung am Fuhneweg, dem „Living Lab“ (Wohn-Labor) fühlt sich der 46-Jährige gleich vom ersten Tag an wohl: „Von hier aus bin ich in gut sieben Minuten im Institut“, sagt er. Eine ganz neue Erfahrung für den mehrfach ausgezeichneten Wissenschaftler: Von seiner eigentlichen Wohnung im Paulusviertel ist es eine halbe Stunde Fußmarsch bis zum Fraunhofer-Institut am Weinberg-Campus. Und das bringt Wehrspohn zum Nachdenken: Kein einziger seiner Mitarbeiter wohnt in Neustadt - obwohl es so naheliegend wäre.

Im Rahmen des Wettbewerbs forscht das Fraunhofer-Institut, wie Energieversorgung über Solarenergie oder andere erneuerbare Energien und Wärmedämmung in Neustadt im Jahr 2050 aussehen könnte. Aber der Bezug der Wohnung hat natürlich nicht nur den Zweck, Möglichkeiten vor Ort zu entdecken. „Ich will verstehen, warum Plattenbausiedlungen in Berlin total hip sind, in Neustadt aber niemand wohnen will“, so der mehrfach ausgezeichnete Experte für mikrostrukturbasiertes Materialdesign. Sein Plan: mit Menschen vor Ort ins Gespräch kommen, Freunde und Kollegen in die „Platte“ einladen, ausprobieren, wie es sich in Neustadt lebt. „Wenn man nicht experimentiert, versteht man nichts.“

Hoffen auf viele erfreuliche Erfahrungen

Einen tollen Vorteil von Neustadt hat er schon beim Einkauf für die Erst-Auffüllung des Kühlschranks ausgemacht: Im Supermarkt in Neustadt gibt es eine Frisch-Fisch-Theke - für den gebürtigen Lübecker eine sehr angenehme Entdeckung. Denn das gibt es in seinem Stamm-Einkaufsmarkt in Trotha nicht. Auf weitere erfreuliche Erfahrungen hofft er, denn das Ziel des Zukunftsstadt-Wettbewerbs ist es, dass Neustadt keine Schlafstadt mehr ist - sondern ein attraktiver Standort für Unternehmen und Geschäftsinhaber, in dem die gesamte Technik und Infrastruktur auf Innovation und Nachhaltigkeit angelegt ist. Dabei spielt aber auch die Vergangenheit eine Rolle. Den legendären Plaste-Block in Neustadt, ein Experimentalbau der frühen Jahre, hat er bereits besichtigt und ist begeistert: Die dort angewandte Technologie mit laminierten Elementen, etwa im Bad, sei gerade heute im Fahrzeugbau wieder gefragt. „Neustadt war ein Modellprojekt“, sagt Wehrspohn - und das soll es wieder werden als Zukunfts-Vision werden.

Bereits einige Interessente

Nach und nach soll die Gäste-Wohnung, die der Bauverein Halle-Leuna für das Projekt kostenlos zur Verfügung gestellt hat, auch von weiteren Experten bezogen werden. „Es gibt bereits mehrere Interessenten“, sagt Ilka Bickmann, eine der Sprecherinnen des Gesamt-Projekts. Unter anderem werden Studenten der Uni Halle hier einziehen, die in einem Kommunikationslabor „Neustadt 2050“ filmisch dokumentieren und Interviews mit Neustädtern drehen. Das Team ist auch beim Tag der offenen Tür im Rathaus am Samstag, 9. Januar, ab 17 Uhr vor Ort und wird dort mit der Kamera Stimmen von Hallensern zur Zukunft Neustadts einfangen. (mz)

Bewerbungen für ein kostenloses Wohnen auf Zeit im „Living Lab“ in Neustadt, das ein Forschungsziel haben muss mit anschließendem Bericht, an: [email protected] (mz)