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"Uralt- Erschließungsbeiträge" in Gatersleben "Uralt- Erschließungsbeiträge" in Gatersleben: Geht doch noch was?

Von thorsten köhler 07.01.2016, 17:25
Tropfen an einem Wasserhahn
Tropfen an einem Wasserhahn dpa/Archiv Lizenz

gatersleben - Der Herstellungsbeitrag II hat die Bürgerinitiative Gatersleben (BIG) und auch die Einwohner lange Zeit beschäftigt. Erst Anfang September des Vorjahres beschlossen die Mitglieder, auf eine Klage dagegen zu verzichten. Doch nun wurde die BIG wieder auf den Plan gerufen. Grund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.

Rückblick: Der Abwasserzweckverband (AZV) Ostharz will den sogenannten Herstellungsbeitrag II eintreiben. Das sind anteilige Investitionskosten für Grundstückseigentümer, deren Grundstücke vor 1991 an das Kanalnetz angeschlossen worden sind. In Gatersleben betrifft das rund zwei Drittel des Ortsgebietes. Die Gebühr beträgt 1,66 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche. Die Beiträge mussten laut Kommunalabgabengesetz noch 2015 erhoben werden, da die Forderungen sonst verjähren. Die BIG wollte gegen den Herstellungsbeitrag II klagen. Doch nach eingehender Prüfung und Konsultation mehrerer Anwälte ging sie davon ab. Es gebe keinen Ansatz für eine Klage, der Erfolg habe, hieß es in der Begründung. Hinzu käme, dass die Kläger in Vorkasse gehen müssten. Das wären über 100 Euro pro Eigentümer. Und verliere die BIG die Klage, würden auch noch Gerichtskosten anfallen. „Aus unserer Sicht war dieser Schritt vernünftig, weil eine Klage so gut wie keine Chance hätte“, blickt Mario Lange, Ortsbürgermeister von Gatersleben, zurück. Das bedeutet, hat der Grundstückseigentümer den Bescheid erhalten und verzichtet auf eine Klage, bekommt er kein Geld zurück. Damit hatten sich die Gaterslebener schon abgefunden.

Doch kurz vor Ende 2015 ließ ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aufhorchen. Es hatte die Praxis der Erhebung sogenannter Altanschließerbeiträge für Abwasser in Brandenburg und deren gesetzliche Grundlage verworfen. Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) geht davon aus, dass das auch für die Erhebung der Beiträge in Sachsen-Anhalt angewendet werden kann.

Das könnte nun für die Gaterslebener Grundstückseigentümer zum Problem werden. Denn was passiert, wenn das Land Sachsen-Anhalt zurückrudert? „Die Erhebung vom Herstellungsbeitrag II ist rechtlich nicht mehr haltbar“, ist Lange sicher. Deshalb rät der VDGN sofort Widerspruch einzulegen. Doch in Gatersleben sind die Bescheide schon im September/Oktober verschickt. Ein Einspruch ist nicht mehr möglich, da die Frist einen Monat beträgt.

Die BIG hat in Anbetracht dieser Entwicklung nun gehandelt. „Wir haben uns mit dem AZV-Geschäftsführer Lutz Günther getroffen und über das Problem gesprochen. Wir haben uns dabei auf den sogenannten Vertrauensschutz berufen“, erklärt der Ortsbürgermeister. „Er kann zwar nicht allein entscheiden, sondern nur die Verbandsversammlung, doch nach seiner Aussage würden vernünftige Lösungen für alle Beteiligten gefunden, wenn die Rechtslage nicht mehr haltbar sei“, schildert Lange.

Der VDGN fordert von der Landesregierung Wiedergutmachung. Diese könne nur in einer freiwilligen Rückzahlung der bereits erhobenen Beiträge bestehen. Darauf könne sich der Bürger aber nicht verlassen. (mz)