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Huschke von Hanstein Huschke von Hanstein: Der Erfinder des Zebrastreifens

Von Susanne thon 03.01.2016, 17:08
Huschke von Hanstein
Huschke von Hanstein Archiv Lizenz

Hausneindorf - London, Abbey Road 3, Ecke Grove End Road: Die Fab Four überqueren den Zebrastreifen. Angeführt von John Lennon geht’s im Gänsemarsch über die Straße. Das Cover des Beatles-Albums „Abbey Road“ von 1969 ist legendär - und der Fußgängerüberweg in selbiger der berühmteste der Welt. Kaum beachtet: Sein kleiner Zebrastreifen-Bruder in Hausneindorf. Dabei spielt das Dorf in der Selke-Aue keine geringere Rolle als die britische Metropole, wenn es um Zebrastreifen geht. Und schuld daran ist der berühmte Rennbaron Fritz Sittig Enno Werner von Hanstein, kurz: Huschke von Hanstein.

Erfinder des Zebrastreifens

Der gebürtige Hallenser, der gestern 105 Jahre alt geworden wäre, wird als Erfinder der Zebrastreifen gehandelt. Was das mit Hausneindorf zu tun hat? Ganz einfach: Von Hansteins Wurzeln liegen hier, sagt die Vorsitzende des Heimatvereins, Sabine Richter. Deshalb ist ein kleiner Teil der Ausstellung auf der Burg, für deren Erhalt sich der Verein stark macht, auch ihm gewidmet. Huschkes Mutter, verheiratet mit Carlo von Hanstein, war eine geborene von Dippe. Und „Dippes gehörte damals halb Hausneindorf“. Um ihr Landgut zu verwalten, ließen sich die von Hansteins um 1930 auf dem einstigen Rittergut Rätzel nieder. Huschke war damals 19, hatte sein Abitur in der Tasche, eine Lehre begonnen und fuhr erste Rennen.

Ob er überhaupt - und wenn ja, wie lange - in Hausneindorf war? Richter kann nur mutmaßen. Die Quellen würden nicht viel hergeben, selbst „über Dippes findet man im Netz kaum etwas“. Die Suche nach Huschke von Hanstein bringt indes 25 000 Treffer: „...gehörte zu den schillerndsten Persönlichkeiten auf und neben der Rennstrecke“, „Populärer als er ist im deutschen Motorsport eigentlich nur noch Michael Schumacher“. Von Hanstein war aber nicht nur Rennfahrer, sondern auch Rennleiter bei Porsche, Sportpräsident beim Automobilclub von Deutschland (AvD) und PR-Mann.

Reubke, Röver, Heucke: Sie alle haben in Hausneindorf gewirkt. Zwischen 1838 und 1884 bauten Adolph Reubke und sein Sohn Emil in ihrer Orgelwerkstatt um die 100 Orgeln. Zwölf sind noch original erhalten, zehn spielbar. Ein weiterer Spross der Familie war der im Alter von nur 24 Jahren verstorbene Komponist Julius Reubke.

Er ging nach Weimar, war Schüler und Ziehsohn von Franz Liszt. Nach dem Tod Emil Reubkes übernahm Ernst Röver die Orgelbauwerkstatt. Bis 1914 wurden dort zahlreiche bedeutende Orgeln gebaut, die bis nach Moskau geliefert wurden. Aus wirtschaftlichen Gründen und in Ermangelung eines Nachfolgers erlosch die Firma 1921. Rövers Sohn Hans, der bekannte Flugpionier und Flugzeugbauer, war 1917 von einem Aufklärungsflug nicht zurückgekehrt.

Auch der Name Heucke ist untrennbar mit Hausneindorf verbunden. Andreas Heucke gründete 1870 eine Dampfpflugfabrik. Insgesamt lieferte die Firma, die später ihren Sitz in Gatersleben hatte, 880 Dampfpflüge in alle Welt.

Aber wie war das nun - mit dem Zebrastreifen? Hat er ihn erfunden? Handelt es sich um einen Mythos? In London gab es bereits Ende der 40er gleichbedeutende Straßenmarkierungen. Und in Deutschland sollen die ersten Zebrastreifen Anfang der 50er Jahre aufgetaucht sein - wegen des zunehmenden Verkehrs. Doch von einem Huschke von Hanstein ist da (noch) keine Rede. Zumindest nicht in dem Zusammenhang. Erst in den 60er Jahren - 1953 war der Fußgängerüberweg in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen worden, 1964 wurde dann der Vorrang für Fußgänger verankert - machte er mit einer recht ungewöhnlichen Verkehrssicherheitsaktion von sich reden und verhalf dem Zebrastreifen damit zur Popularität, wie AvD-Sprecher Johannes Hübner erklärt. Höchstpersönlich stieg von Hanstein in ein Zwei-Mann-Zebra-Kostüm. Unter anderem in Stuttgart, das für ihn zur Heimat geworden war. Hübner kannte von Hanstein gut: „Die letzten drei Monate seines Lebens habe ich nahezu bei ihm gewohnt.“ Und sich dabei mit der Lebensgeschichte des Rennbarons auseinandergesetzt.

Schirmherr beim Seifenkistenrennen

Auch Richter habe ihn kennenlernen dürfen. Von Hanstein war Schirmherr bei einem Seifenkistenrennen, zu dem die Kindertagesstätte eingeladen hatte. „Er kam mit seinem Porsche vorgefahren“, erzählt sie, die ihn als „Massenbegeisterer“ erlebt habe, ihn als zuvorkommend beschreibt, nahbar und herzlich. Am 8. Mai 1993 war das, und Richters Sohn Stephan mit seiner Ferrari-Seifenkiste einer der Schnellsten. Und wer zeichnete ihn aus? Natürlich von Hanstein selbst. Das Bild von der Siegerehrung klebt im Familienalbum.

„Unseres Wissens war das das einzige Mal, dass er hier in Hausneindorf war“, sagt Richter. Von Hansteins Frau Ursula kehrte Ende der 90er Jahre noch einmal zurück. Zur Namensgebung der Grundschule. Die trug bis zu ihrer Schließung den Namen „Huschke von Hanstein“. Der Rennbaron selbst war 1996 gestorben. (mz)