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Hetze gegen Sinti und Roma Hetze gegen Sinti und Roma: Geldstrafe für Online-Pöbelei

Von Peter Godazgar 16.12.2015, 14:47
Frührentner Rolf B. wurde am Mittwoch wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.850 Euro verurteilt.
Frührentner Rolf B. wurde am Mittwoch wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.850 Euro verurteilt. DPA/SYMBOL Lizenz

Halle (Saale) - Er schimpfte im Internet über „Asylbetrüger“ und „Asylschmarotzer“, schrieb immer wieder in abfälliger Weise über den Zuzug von „Zigeunern auf der Silberhöhe“ - nun wurde der Hallenser Rolf B. wegen Volksverhetzung bestraft. Das Amtsgericht verurteilte den 50-Jährigen am Mittwoch zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.850 Euro.

Amtsrichter Thomas Dancker sah den Tatbestand der Volksverhetzung als „eindeutig erfüllt“ an; B. stelle in seinen Texten ausschließlich Behauptungen auf ohne jede Differenzierungen.

Vor Gericht bestritt B. keineswegs, die Texte geschrieben zu haben, wehrte sich aber dagegen, als „Ausländerhasser“ dargestellt zu werden. „Das ist nicht der Fall“, sagt B., der ohne einen Verteidiger erschienen war. Das Wort Zigeuner sei außerdem kein Schimpfwort für ihn. „Die bezeichnen sich doch selber so“, sagte er. „Auf keinen Fall“ habe er es abfällig gemeint.

Volksverhetzung wird laut Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Das Gesetz ist übrigens keineswegs neu, man findet es bereits in der Urfassung des Strafgesetzbuchs von 1871. Dort heißt es: „Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten gegen einander öffentlich anreizt, wird mit Geldstrafe bis zu zweihundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.“

Konkret ging es um zwei Texte, die B. im November vergangenen Jahres auf einer von ihm betriebenen, für ihre rechte Propaganda einschlägig bekannten Internetseite veröffentlicht hatte. Auch weitere Texte wurden verlesen, die B. teils selbst verfasst, teils von anderen Internetseiten übernommen und auf seine eigene gestellt hatte.

Vor Gericht sagte B. zwar, er habe sein „Projekt“ zwischenzeitlich wieder eingestellt. Tatsächlich wird er bei der zentralen Registrierungsstelle für die deutschen Internet-Domains, Denic, aber weiter als Besitzer geführt. Regelmäßig erscheinen dort neue Beiträge mit klar ausländerfeindlichem Anstrich - Autorennamen sucht man indes vergeblich unter den Texten, ebenso wie ein Impressum.

Freilich ist B. längst nicht so harmlos, wie er sich vor Gericht darstellte. Als NPD-Mitglied spielt er eine Rolle im Umfeld bei der rechtsextremen, sogenannten „Brigade Halle“, die unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes steht.

Torsten Hahnel von der halleschen Arbeitsstelle Rechtsextremismus beim Verein „Miteinander“ nennt das gestrige Urteil „konsequent“. B. habe über Monate eine hemmungslose Hetze betrieben; eine Demokratie dürfe sich das nicht gefallen lassen. Insofern sei die Verurteilung eine „gute Nachricht“, allerdings bleibe die Frage, ob solche Verfahren nicht schneller abgeschlossen werden müssten. Klar sei auch: An anderer Stelle werde weitergehetzt. So sei der Facebook-Account der „Brigade“ zwar mehrfach gelöscht worden, dafür habe die Gruppe jüngst über Twitter unter anderem zu Angriffen auf linke Politiker aufgerufen.

In seiner Urteilsbegründung zog Amtsrichter Dancker eine klare Trennlinie zwischen Meinungsfreiheit Volksverhetzung. B.’s Texte seien klar geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Der sei aber ein immens hohes Gut, und wohin die dauerhafte Störung des öffentlichen Friedens führen kann, habe die Weimarer Republik gezeigt. Rolf B. verwende „nur“ Worte, aber „es finden sich Leute, die Worte in Taten umsetzen“, so Dancker.

Mit seinem Urteil folgte der Amtsrichter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Schon vor der Urteilsverkündung hatte B. gesagt, sollte er zu einer Geldstrafe verurteilt werden, „können sie mich auch gleich einsperren“. Von seiner Rente könne er die Strafe jedenfalls nicht bezahlen. B.’s Frau ist Hartz-IV-Empfängerin.

Dabei hätte die ganze Sache für B. deutlich billiger werden können. Vor Gericht landete der Fall nur, weil B. Einspruch gegen einen Strafbefehl erhoben hatte. Der hatte eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro vorgesehen. (mz)