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Eliteforscher Michael Hartmann zu Mark Zuckerberg Eliteforscher Michael Hartmann zu Mark Zuckerberg: "Spenden ist Eigennutz"

Von Melanie Reinsch 02.12.2015, 14:57
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg will 99 Prozent seines Vermögens spenden.
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg will 99 Prozent seines Vermögens spenden. dpa Lizenz

Der Multimilliardär Mark Zuckerberg will einen Großteil seines Vermögens spenden, das gab der Facebook-Gründer pünktlich zur Geburt seiner Tochter Max bekannt. Doch Spenden ist nicht immer nur eine altruistische Handlung, da ist sich Eliteforscher Michael Hartmann sicher. Der Experte verrät im Interview, welchen Zweck Zuckerberg verfolgt.

Herr Hartmann, warum spendet Mark Zuckerberg so viel Geld?

In den USA gibt es zwei wesentliche Gründe dafür. Der erste Grund ist ein ganz profaner. In den USA greift die Nachlasssteuer, so heißt dort die Erbschaftssteuer, sehr viel radikaler zu als in Deutschland. Wenn etwas vererbt wird, geht ein großer Teil an den Staat. Das sind rund 40 Prozent bei hohen Summen. Die Abneigung, Steuern zu zahlen, ist unter amerikanischen Reichen genauso verbreitet wie unter deutschen auch, nur dass sie halt nicht die Schweiz nebenan haben und die US-Finanzbehörden die Steuern auch bei Wegzug ins Ausland erheben. Das erklärt die vielen Spenden an Universitäten und andere Institutionen.

Der zweite Grund ist eine Tradition, die sehr stark mit dem Namen Carnegie und Rockefeller verbunden ist. Wenn Sie heute den Namen Carnegie hören, dann denken Sie an die Carnegie Foundation und die Carnegie Hall. Carnegie, der neben Rockefeller als reichster Mann seiner Zeit galt, hat damals 350 Millionen Dollar, nach heutigen Maßstäben knapp fünf Milliarden Dollar gespendet.

Woran sich niemand mehr erinnert: Er war einer dieser Superreichen, der Ende des 19. Jahrhunderts mit äußerster Brutalität vorgegangen ist: Carnegie war dafür bekannt, dass er Polizei, Detektive und Militär massiv gegen streikende Arbeiter hat vorgehen lassen. Bei einem dieser Streiks hat es so viele Tote gegeben, dass es für die damalige Zeit selbst in den USA ungewöhnlich war. Aber er wollte als Wohltäter in Erinnerung bleiben. Das hat auch ganz wunderbar funktioniert.
Und Zuckerberg ist ja nun auch alles andere als unumstritten. Das ist so ähnlich wie bei Gates. Ich glaube, diese Leute wollen in der Erinnerung bleiben als Menschen, die für das Land und für die Bevölkerung etwas Gutes getan haben. Das ist ihr eigenes Vermächtnis.

Also ist Spenden ein Steuerspar- und Imagemodell?

Die Eliten trauen dem Staat nicht zu, etwas Sinnvolles mit diesem Geld zu machen. Sie wollen nicht, dass es in der Anonymität verschwindet. Eine Stiftung bleibt mit dem Namen verbunden.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Unterschiede es für die deutsche Elite gibt und wie Zuckerberg nun in den USA wahrgenommen wird.

Das müsste die deutsche Elite aber doch genauso sehen?

Nein, erstens ist die Erbschaftsteuer hierzulande gerade für die Superreichen viel niedriger. Zweitens gibt es diese Tradition nicht. Die hat es mal gegeben. Sie ist aber im Dritten Reich zerstört worden. Es gab in Deutschland eine Vielzahl jüdischer Bankiers, die auch solche Stiftungen gegründet haben, wobei das in Deutschland aber eher im Bereich Wissenschaft und Kultur verankert war. Das ist eine spezifisch deutsche Tradition, weil in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert Bildung und Wissenschaft einen sehr hohen Stellenwert hatten. Diese Tradition ist aber durch die Nazis komplett zerstört worden, weil diese jüdischen Bankiers außer Landes getrieben wurden. Danach hat es einen Einbruch gegeben, von dem man sich nicht wieder erholt hat.

Zuckerberg arbeitet an seinem Monument

Wird Zuckerberg in den USA denn jetzt als Wohltäter wahrgenommen? Oder interpretieren die Leute die Spende als Werbekampagne?

In der aktuellen Situation ist es eine Mischung aus beidem. Aber es geht nicht um die aktuelle Situation. Solchen Leuten geht es darum, wie sie historisch in Erinnerung bleiben. Das erleben sie zum Teil vielleicht gar nicht mehr. Sie setzen darauf, dass man bei Zuckerberg in 80 Jahren nicht mehr diskutiert, ob der nun Facebook groß gemacht hat, indem er andere ausgebotet, durch die Nutzung von Steurroasen kaum Steuern gezahlt oder massenhaft Daten abgegriffen hat. Dann denkt man nur noch an die Zuckerberg Foundation oder vielleicht auch das Zuckerberg Museum.

Also alles Eigennutz und keine Rede von Wohltätigkeit?

Ja. Das ist im Wesentlichen Eigennutz. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich bei diesen Menschen keine wirklich altruistischen Aspekte erkenne. Da bin ich einfach skeptisch, weil kaum jemand von diesen sehr Reichen so etwas erreicht hat ohne Übervorteilung von Geschäftspartnern oder einem ruppigen Umgang mit Beschäftigen. Und so ist es auch bei Zuckerberg. Wie schon Balzac etwas überspitzt sagte: Hinter jedem großen Vermögen steckt ein Verbrechen.

Mark Zuckerberg will fast sein gesamtes Facebook-Vermögen spenden, schreibt er in einem Brief an seine Tochter Max.
Mark Zuckerberg will fast sein gesamtes Facebook-Vermögen spenden, schreibt er in einem Brief an seine Tochter Max.
AFP Lizenz