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Weihnachtsmärchen am Anhaltischen Theater Weihnachtsmärchen am Anhaltischen Theater: "Pinocchio" feiert Premiere auf der großen Bühne

Von Carla Hanus 22.11.2015, 20:51
Auf dem Weg zur Schule findet Pinocchio (Oliver Seidel) das Puppentheater mit dem Direktor (Dirk S. Greis) und den Marionetten (Barbara Fressner und Stephan Korves) viel interessanter.
Auf dem Weg zur Schule findet Pinocchio (Oliver Seidel) das Puppentheater mit dem Direktor (Dirk S. Greis) und den Marionetten (Barbara Fressner und Stephan Korves) viel interessanter. Claudia Heysel Lizenz

Dessau - Wer künftig mit solch weisen Sprüchen wie „Wer Haare hat, braucht keine Badekappe“ oder „Wer hoch hinaus will, der muss sich auf den Kopf stellen“ um sich wirft, der ist vermutlich im diesjährigen Weihnachtsmärchen gewesen. Denn dort holt die weise blaue Schnecke solche und andere Sprüche aus ihrem Häuschen und hilft damit zwar Pinocchio nicht ernsthaft weiter, erheitert aber das Publikum, es sei denn, es sinnt zu lange darüber nach.

Den Füßen und der Nase nach

Doch in der Familienvorstellung, mit der das Märchen Pinocchio in der Fassung von Rosmarie Vogtenhuber nach Carlo Collodi am Sonnabend Premiere hatte, ließen sich die Großen gern davon erheitern, während die Jüngeren ihren Spaß an der Schnecke überhaupt hatten. Allerdings kann das Leben eben nicht nur lustig sein. Das muss Pinocchio (Oliver Seidel) erfahren, sobald er dem Drang seiner Füße nachgibt und in die Welt rennt. Zunächst liegt diese zwar nur rund ums väterliche Haus zu seinen Füßen, doch schon dieser Umkreis reicht aus, dass die neugierige Holzpuppe mit der Polizei aneinander gerät.

Wie in dieses Abenteuer stürzt, hüpft, rennt, fliegt und schwimmt (toll inszeniert) Pinocchio von einem zum nächsten. Mal wird ihm angedroht, dass er gefressen wird - später wird er tatsächlich noch verschluckt -, mal lassen ihn die Räuber kopfüber hängen, und dann wieder muss er als Esel nach der Peitsche des Schlaraffenkönigs tanzen.

Eine wahrhaft zauberhafte Idee

Die naseweise und vertrauensselige Holzpuppe erkennt und durchschaut die Verführungen als solche eben nicht. Sie lässt sich immer wieder von den Verführern übers Ohr hauen, ob diese nun als geschmeidige, aber etwas begriffsstutzige Katze (Barbara Fressner) und als schmeichelnder, listiger Fuchs (Stephan Korves) wunderbar das Wunderfeld anpreisen oder als Schlaraffenkönig in Gestalt eines Rummel-Rockstars (Dirk S. Greis) ein Traumland vorsingen (Musik Daniel Barke). Dabei hat der kleine Weltenentdecker eigentlich eine zauberblaue Fee an seiner Seite, die Wehe-Wehe-Grille und die besagte weise Schnecke.

Der Dessauer Staatsanwalt hat sich die große Oper und das intensive Kammerspiel schon unter die Lupe genommen, immer wieder aber zieht es ihn aber auch in das traditionelle Weihnachtsmärchen am Anhaltischen Theater. Denn auch hier finden sich – in familientauglichem Ton erzählt – allerlei große und kleine Vergehen gegen das geltende Recht.

Und darum nehmen sich Gunnar von Wolffersdorff und sein unermüdlich-unerbittlicher Gesprächspartner David Ortmann in der ersten Folge der neuen Spielzeit am kommenden Sonnabend, 28. November, ab 20 Uhr, im Alten Theater nun „Pinocchio“ vor, der die kleinen und großen Besucher des Theaters aktuell in seinen Bann zieht – und der bekanntlich nicht nur ein mehr oder minder geschickter Lügner ist, sondern bei seinen Abenteuern auch von einigen zwielichtigen Gestalten begleitet wird.

Aber darf man eine hölzerne Puppe überhaupt nach menschlichen Maßstäben messen? Ist es juristisch relevant, dass hinter den Missetaten der Marionette der Wunsch steht, ein richtiger Junge zu werden? Der Staatsanwalt hat das Wort …

Doch das Wehe-Wehe weht zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Denn so ein kleiner Widerspruchsgeist mag nicht hören, was Erfahrungsreichere wissen. Die Fee, die eigentlich nur etwas Lustiges wollte und an mögliche Folgen - und schon gar nicht an gefährliche - nicht gedacht hat, diese Zauberblau (Christel Ortmann) wiederum tüdelt auch mal andernorts herum. Wobei es eine wahrlich zauberhafte Idee ist, wie sie die Bühnenumbauarbeiten ankurbelt, den Vorhang öffnet und ganz zu Beginn ein Handyklingeln einfängt. Und der Schnecke Weisheiten...

Geschichte an Geschichte

So kommt es, dass Pinocchio, der unbeschwert losmarschiert, sich seinen Weg, wie er ein richtiger Junge werden kann, meist selber suchen muss. Raum genug dafür hat er ja auf der großen Bühne des Anhaltischen Theaters, auf der farbenfroh und wandelbar die Abenteuer- oder Morgen-, Nachmittagswelten mit viel Holz - es ist ja eine Holzpuppengeschichte - entstehen (Bühne und Kostüme: Jürgen Lier). Und da Pinocchio auf der Suche nach seinem Vater ist, bleibt eine Geschichte mit der anderen verbunden und die Spannung (Inszenierung David Ortmann) dadurch erhalten.

Märchen haben gute Enden

Aber dafür ist es ja ein Märchen, dass am Ende eben nicht die bei Wilhelm Busch geliehene Warnung der Grille „Wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe!“ eintrifft, sondern alles dann doch noch gut ausgeht. Dass die Kinder vor dem Beifall beruhigt aufatmen und die Erwachsenen auf die Wehe-Wehe-Mahnung der sich verabschiedenden Grille, sich die Neugier zu bewahren, hören.

Weitere Vorstellungstermine sind 6. Dezember, 16 Uhr; 13. Dezember, 10.30 und 14 Uhr; 15. und 23. Dezember, jeweils 18 Uhr; 24. Dezember, 10.30 Uhr; 26. Dezember, 16 Uhr; 3. und 6. Januar, jeweils 15 Uhr; 30. Januar, 17 Uhr und am 28. März, 16 Uhr. Vorstellungstermine für Schulklassen sind an der Theaterkasse (0340/2511333) zu erfragen. (mz)