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Besonderer Fund Besonderer Fund: Glücksfall aus Pergament

Von bärbel schmuck 17.03.2014, 20:39
Die Originale der Notenblätter - hier ein Ausschnitt - werden Besuchern während der beiden Veranstaltungen im April gezeigt.
Die Originale der Notenblätter - hier ein Ausschnitt - werden Besuchern während der beiden Veranstaltungen im April gezeigt. stadtarchiv Lizenz

weissenfels/MZ - „Der Fund ist für Weißenfels schon eine Besonderheit und damit eine kleine lokale Sensation“, sagt Silke Künzel. Die Leiterin des Stadtarchivs erinnert damit an einen bedeutsamen Teil einer restaurierten schwergewichtigen Akte aus dem Jahr 1570, die sich mit dem Kloster St. Claren beschäftigt. Durch Zufall entdeckte der Leipziger Papierrestaurator Christoph Roth in dem Wälzer zwei Pergamentblätter mit Musiknoten, erläutert Künzel.

Inzwischen haben Vorstandsmitglieder des Bürgervereins Kloster St. Claren herausgefunden, dass es sich um sieben Messgesänge (Gregorianik) aus der vorösterlichen Liturgie der Karwoche handele. „Wir wollen diese Neuentdeckung öffentlich machen und mit Unterstützung des Gosecker Schlossvereins zur musikalischen Aufführung bringen“, kündigt André von Grzymala an. Das Auftauchen der Weißenfelser Fragmente wertet der Mann vom Klosterverein als Glücksfall. „Dank dieser Entdeckung erhalten wir einen Einblick in die Praxis der klösterlichen Liturgie in Weißenfels am Vorabend der Reformation“, sagt Grzymala. Er verweist auf ein mehrstrophiges Lied „von größter melodischer Schönheit“, das den Leidensweg von Jesus Christus beschreibt.

Die Form der Einzelnoten auf den beiden wiederentdeckten Weißenfelser Pergamentblättern erinnert an geschmiedete Hufnägel. Deshalb sprechen Experten von Hufnagelnotation. Die Texte für die Gregorianik sind biblischer Herkunft. Einstimmige Messgesänge werden noch heute in Klöstern und Kirchen gepflegt. Einstimmig heißt, Mönche oder Nonnen sangen die selbe Melodie - aber ohne festen Rhythmus.  

Mit zwei Veranstaltungen wollen die beiden Vereine und das Stadtarchiv Weißenfels interessiertem Publikum die wertvollen Notenfragmente nahebringen. Silke Künzel und André von Grzymala sprechen von einer zweigeteilten Premiere, deren Auftakt am Dienstag, dem 8. April, um 19 Uhr stattfinden soll. Die Stadtarchivarin wird über die spektakuläre Entdeckung selbst berichten, während Musikerin Susanne Ansorg vom Schlossverein Goseck auf die Inhalte eingeht. Die Expertin für Alte Musik gibt dazu - am Beispiel der Weißenfelser Noten - eine kleine Einführung in die mittelalterliche Kirchen- und Klostermusik. Die Gregorianik-Schola der ehemaligen Benediktinerabtei Goseck wird die Musik nach fast 500 Jahren aufführen.

„Zur ersten Veranstaltung laden wir ins Mercedes-Autohaus in die Heinrich-Hertz-Straße ein“, sagt Grzymala. Im Kloster selbst folgt am Sonntag, dem 13. April, um 15 Uhr Teil 2. Dann wollen Mitglieder der Gregorianik-Schola Zuhörer auf die Jakobusmesse einstimmen. „Wir begleiten dazu Besucher mit einer Prozession durch die historischen Räume des Klarissenklosters“, ist von Susanne Ansorg zu erfahren. Die Musikerin bekennt, dass sie sich sehr freue, im Kloster singen zu dürfen. Neben der Jakobusmesse sollen dann auch Lieder des verloren geglaubten Weißenfelser Originals aus dem späten 15. Jahrhundert im ältesten Denkmal der Stadt erklingen, fügt die Solistin und Instrumentalistin hinzu.