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Urgestein der Kegler Urgestein der Kegler: Der Schlüssel-Mann in Granschütz

Von Andreas richter 01.09.2015, 15:32
Den symbolischen Schlüssel zur Einweihung der neuen Kegelanlage hat Rudi Bauer (rechts), hier mit Ernst Wöhnl, einst selbst gegossen.
Den symbolischen Schlüssel zur Einweihung der neuen Kegelanlage hat Rudi Bauer (rechts), hier mit Ernst Wöhnl, einst selbst gegossen. Peter Lisker Lizenz

Granschütz - Der Schlüssel in der Vitrine. Vorsichtig nimmt Rudi Bauer das gute Stück heraus. Ein wertvolles Stück. „Diesen Schlüssel zur Einweihung der neuen Kegelbahn habe ich selbst gegossen“, erzählt Rudi Bauer stolz.

Der 81-Jährige, der als Gießereimeister im Paraffinwerk in Webau gearbeitet hat, ist heute das Urgestein der Sektion Kegeln des Sportvereins Grün-Weiß Granschütz. Seit mehr als 70 Jahren ist er Mitglied im Verein, der zu DDR-Zeiten Betriebssportgemeinschaft (BSG) Chemie Granschütz hieß und vor 50 Jahren eine neue Vier-Bahn-Anlage erhielt.

„Das hier bin ich“, erzählt Rudi Bauer mit Grün-Weiß-Mütze auf dem Kopf. Er zeigt auf die Chronik: ein Bild von der Grundsteinlegung für die neue Anlage im Mai 1965. Etwa zwei Dutzend Sportler leisteten in jenen Monaten Aufbaustunden, um die moderne Anlage fertigzustellen. Unterm Strich mehr als 500 Stunden, unentgeltlich. Rudi Bauer erinnert sich: Als Dankeschön erhielten die Aufbauhelfer vom Deutschen Keglerverband Manschettenknöpfe für ihre Hemden.

Nach sechs Monaten Bauzeit wurde die Kegelbahn am 13. November 1965 eingeweiht - mit Rudi Bauer als Schlüssel-Mann. Kein wirklich zufälliges Datum, war doch das Paraffinwerk Trägerbetrieb des Vereins und am 13. November wurde in der DDR alljährlich der Tag des Chemiearbeiters begangen. Die altehrwürdige Zwei-Bahn-Anlage, entstanden immerhin bereits im Jahr 1893, sollte noch bis zum Ende der 80er Jahre genutzt werden, dann irgendwann wurde sie abgerissen.

Bereits vor einigen Tagen hatten die Granschützer Kegler das Jubiläum ihrer Vier-Bahn-Anlage mit einem gut besetzten Turnier gewürdigt (die MZ berichtete). Ein paar Monate vor dem genauen Zeitpunkt der Einweihung, weil die aktiven Kegler von heute im November mitten im Punktspielbetrieb stecken werden. Und natürlich waren auch treue Vereinsmitglieder wie eben Rudi Bauer und der 75-jährige Ernst Wöhnl an allen drei Tagen als Zuschauer dabei.

Doch nicht nur zum Jubiläumsturnier sind die beiden Senioren auf der Kegelbahn anzutreffen. Jeden Mittwoch kommen sie dort zusammen. Erst wird ein bisschen gekegelt, dann geredet über Gott und die Welt. „Die regelmäßigen Treffen wollen wir nicht missen“, sagt Ernst Wöhnl. Erst mit 32 Jahren hat der gelernte Maurer mit dem Kegeln angefangen. Bis 2008 hat er dann die Kugel geschoben, ist heute noch regelmäßiger Zuschauer und Ehrenmitglied im Verein.

Rudi Bauer, der zunächst als Fußballer bei der BSG in Granschütz angefangen hat, hat mehr als 50 Jahre lang aktiv gekegelt. Den letzten Wettkampf bestritt der Senior im vergangenen Jahr. „Sein Spielerpass ist noch gültig, er könnte theoretisch noch mitspielen“, sagt Lutz Kanold. Der stellvertretende Vorsitzende der Sektion Kegeln bei Grün-Weiß schätzt die Einsatzbereitschaft der Senioren. „Sie helfen, wo sie können“, sagt er. So wie etwa vor zwei Jahren, als die in die Jahre gekommene Vier-Bahn-Anlage umgebaut wurde. Noch immer erinnern heute die altehrwürdigen Zuschauerbänke und die grün-weiße Decke der Halle an den Originalzustand vor 50 Jahren.

Die Modernisierung der Anlage ist ein Mosaikstein in der langen Chronik der Granschützer Kegler, um die sich Lutz Kanolds Ehefrau Kathrin mit großem Einsatz kümmert. Für Rudi Bauer sind viele Seiten der dreibändigen Chronik noch erlebte Geschichte. Wie etwa die freundschaftlichen Beziehungen zu den Keglern im tschechischen Ceský Krumlov.

Mehrmals sind sie zu DDR-Zeiten dorthin gefahren. Nach der Wende sind die Kontakte eingeschlafen. Ein Wimpel in der Vitrine erinnert auch daran, dass einmal sogar die rumänische Nationalmannschaft auf der Anlage in Granschütz gekegelt hat. Und da ist natürlich der Schlüssel. „Sport frei“ steht auf dem guten Stück geschrieben, das hinter Glas an die Anfänge einer 50 Jahre alten Sportanlage erinnert. (mz)

Lutz Kanold sitzt in der Vier-Bahn-Anlage von Grün-Weiß Granschütz. Der kleine rote Teufel ist das Maskottchen der zweiten Mannschaft.
Lutz Kanold sitzt in der Vier-Bahn-Anlage von Grün-Weiß Granschütz. Der kleine rote Teufel ist das Maskottchen der zweiten Mannschaft.
Peter Lisker Lizenz