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Nachfolger von Axel Köhler steht fest Nachfolger von Axel Köhler steht fest: Regisseur Florian Lutz wird Opern-Intendant in Halle

29.05.2015, 15:58
Regisseur Florian Lutz 2011 im Dessauer Theater.
Regisseur Florian Lutz 2011 im Dessauer Theater. Lutz Sebastian Lizenz

Halle (Saale) - Der Neue ist ein Junger und doch ein alter Bekannter. Von Herbst 2016 an wird der 1979 in Köln geborene Regisseur Florian Lutz als Opern-Direktor auf Axel Köhler folgen. Jener Florian Lutz, der - nach einigen Arbeiten in Halle und Dessau - im März dieses Jahres die Konzertoper „Phaedra“ von Hans Werner Henze als hallesche Erstaufführung auf die Bühne brachte. Ein hoch artifizielles, bei aller Rätselhaftigkeit aber anregend und unterhaltsam inszeniertes Stück Musiktheater. Nicht einfach Kunst, sondern Kunst-Kunst-Kunst - Kunst hoch drei sozusagen.

Auf den ersten Blick Kunst der schwereren Sorte. Aber wie leichthändig, humorvoll und sinnfällig Lutz die Szene gestaltete, wie er da Musik, Spiel und Wort - nach dem Libretto von Christian Lehnert - in Einklang brachte, das war ein Ereignis. Eines, bei dem alles stimmte. Und das in Halle nun kein singuläres Ereignis bleiben muss.

Am Freitagabend beschloss der Aufsichtsrat der Theater, Oper und Orchester GmbH (TOO) dem seit 2003 als freier Opern- und Theaterregisseur tätigen Wahl-Berliner die hallesche Oper anzuvertrauen. Der ist ein umtriebiger, vielfach interessierter Mann. Florian Lutz studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin und absolvierte seinen Zivildienst in Israel.

Zwischen 2006 und 2008 wurde der Mann mit dem langen lockigen Schopf von der Deutsche Bank Stiftung als Stipendiat der „Akademie Musiktheater heute“ gefördert; in der Kritikerumfrage der „Opernwelt“ 2008 erhielt er zwei Stimmen als „Nachwuchskünstler“ des Jahres.

Was ihn nach Halle zieht? „Es ist eine wunderschöne Stadt mit einem sehr leistungsfähigen, traditionsreichen Opernhaus und mit einem aufgeschlossenen Publikum, auf das ich mich sehr freue“, sagt der 36-Jährige am Telefon. Ihn reize die Möglichkeit, in Halle „kontinuierlich mit den Menschen für die Menschen zu arbeiten.“ Die politischen Diskussionen um die halleschen Bühnen haben ihn nicht erschreckt. Lutz sieht die Chance, mit dem für die nächsten vier Jahre gesicherten Bestand „sehr hochwertiges Musiktheater“ zu machen. Und zwar in einer „sehr vielfältigen Mischung“ der Formate.

Die Suche nach einem neuen Operndirektor war im März vergangenen Jahres notwendig geworden. Damals entschied der seit Herbst 2011 tätige Opern-Chef Axel Köhler, seinen Vertrag nicht über das Jahr 2016 hinaus verlängern zu wollen. Der international gefeierte Countertenor, der seit 1984 zum Ensemble der Oper Halle gehört und dort 1987 als Eustazio in der „Rinaldo“-Inszenierung von Peter Konwitschny debütierte, protestierte mit seiner Entscheidung gegen das Was und Wie der vom Land vorgenommenen Etat-Kürzungen für die Bühnen in Halle, Dessau und Eisleben. Köhler sprach von „willkürlichen“ Maßnahmen. Von einer gründlichen Enttäuschung über die Landespolitik, die weder auf massive Proteste noch auf interne Gesprächsangebote reagiert habe.

Der Posten wurde ausgeschrieben, aber zuerst mit wenig Erfolg. Von den ersten insgesamt nur 23 Bewerbern kam nur einer für den Posten in Frage. Von einer „Wahl“ hätte da keine Rede sein können. Der Aufsichtsrat entschied im März, eine fünfköpfige Findungskommission unter Leitung von Torsten Maß zu entsenden.

Maß, der von 1978 bis 2001 das Berliner Theatertreffen - die jährliche Leistungsschau des deutschsprachigen Theaters - organisierte und heute in der Bundeskulturstiftung in Halle die Abteilung Allgemeine Förderung leitet, kennt die deutschen Opernbühnen bestens. Die Kommission schaute sich 50 Opernbühnen an und suchte das Gespräch mit zehn Personen, die als Kandidaten für den Posten in Halle in Frage kamen. Von diesen kamen erst fünf, schließlich zwei in die engere Wahl, neben Lutz war das zuletzt der Heidelberger Operndirektor Heribert Germeshausen, der von 2009 bis 2011 Operndirektor in Dessau war.

Dass die Suche im ersten Durchgang so wenig Echo fand, ist dem Ruf der halleschen Bühnen geschuldet, der in Folge der politischen Kämpfe sehr gelitten hat. Zu Unrecht, meint Torsten Maß. „Im Grunde ist die TOO Halle finanziell und strukturell ganz gut aufgestellt“, sagt Maß. „Man hat ganz viel Gejammere gehört. Die Kürzungen wurden beklagt, aber die mittelfristige Konsolidierung nicht gewürdigt. Dabei hat Halle mittelfristig viel bessere Perspektiven als die Hälfte der Konkurrenz. Das Potenzial, das man hat, ist enorm.“

Halle brauche jetzt einen Opernchef, der „ein großer Kommunikator ist, der die Chose beseelt, der alle mitnimmt“. Einer, der sein Leben in Halle lebt, der stets vor Ort ist. „Diese positive Energie war zuletzt nicht da“, sagt Maß.

Er vergleicht die Oper Halle mit der in Freiburg im Breisgau, aber Halle müsse mit Mannheim vergleichbar werden; besser als Magdeburg, Dessau oder Erfurt sei Halle ohnehin. Was Torsten Maß in Halle vermisst, ist „ein schärferes Profil“. Was heißt: „Man muss künstlerisch ein Alleinstellungsmerkmal haben, das sich von Leipzig abgrenzt. Man kann nicht mehr versuchen, alles zu machen. Es müssen Schwerpunkte gesetzt, Publikum geworben werden.“ Statt dessen habe man einen „Ring“ gestemmt, der teuer, aber künstlerisch bestenfalls mittelmäßig war.

Torsten Maß ist um die halleschen Bühnen nicht bange. Im Gegenteil. Das Puppentheater strahle weltweit aus, das Neue Theater sei von einer großen Dynamik erfüllt, die Matthias Brenners Emotionalität geschuldet sei. Nun kommt ein Neuer hinzu. Der findet die Unterstützung des halleschen Oberbürgermeisters Bernd Wiegand (parteilos): „Florian Lutz hat sich vorgenommen, die Oper fester in der Stadtgesellschaft zu verankern und die Hallenser stärker für die Oper zu begeistern“, sagt er.

„Auf diesem Weg werde ich ihn unterstützen.“ Aber wie schafft man das? Florian Lutz zögert da nicht lange mit einer Antwort. „Indem man, so glaube ich, sehr viel stärker als bisher junge Menschen und neue Zuhörergruppen gewinnt. Darauf freue ich mich.“ (mz)

Blick auf den Haupteingang des Operhauses in Halle.
Blick auf den Haupteingang des Operhauses in Halle.
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