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Spektakel auf der Saale Spektakel auf der Saale: Wie die Odyssee - für Sachsen-Anhalt

Von Detlef Färber 21.03.2015, 12:31
Zeitreise tausend Jahre rückwärts? Thomas Kirchhoff als Bischof Thietmar von Merseburg auf der Saale
Zeitreise tausend Jahre rückwärts? Thomas Kirchhoff als Bischof Thietmar von Merseburg auf der Saale Silvio Kison Lizenz

Halle (Saale) - Es geht um das Land, das es eigentlich nicht gibt. Weil es angeblich keine richtige Identität hat, keine Zusammengehörigkeit - das unmögliche Sachsen-Anhalt! Jeder, der das Gegenteil dieses Vorurteils beweisen will, muss erstmal tief Luft holen. Und weit ausholen. Aber dann kommt eine lange und faszinierende, gemeinsame Geschichte weiter Teile des heutigen Bundeslands zum Vorschein. Eine Geschichte, die über tausend Jahre umfasst. Und so was muss doch auch mal gefeiert werden - oder?

Dieser Tage arbeitet ein Hallenser namens Thomas Kirchhoff fieberhaft an der Umsetzung seines Plans, die Einheit Sachsen-Anhalts auf den beiden Flüssen Saale und Elbe zu zelebrieren. In einer Form von Event, die sich Reenactment nennt und die man etwa von der Nachstellung der Völkerschlacht durch Tausende Enthusiasten kennt.

In tausend Jahren gemeinsamer Geschichte großer Teile des Gebiets von Sachsen-Anhalt wechselte unter Namen wie Erzbistum oder Erzstift Magdeburg und Provinz Sachsen der Residenzort, Verwaltungssitz oder Hauptstadttitel für das Gebiet mehrfach zwischen Magdeburg und Halle (Giebichenstein). Auch Merseburg war mal (bis 1944) Provinzhauptstadt. Und Halle ab 1947 bis 1952 Landeshauptstadt. Bis 1947 eigenständig oder anderweitig zugehörig waren Anhalt und Gebiete im Harz. (dfa)

Kirchhoff freilich genügen 20 Mitstreiter für seinen Plan, von dem hier nur so viel verraten werden kann, dass er auf eine Art Prozession hinausläuft: Eine - teils fiktive - Flussfahrt des Bischofs Thietmar soll aufgeführt werden (Titel: „Von Dom zu Dom“) - und das in einer Woche auf einem historischen Kaffenkahn zwischen Merseburg und Magdeburg. Die Tour soll Ende August stattfinden und das Laternenfest in Halle mit dem Kaiser-Otto-Fest in Magdeburg verbinden: Ausgangspunkt ist der Merseburger Dom, dessen Tausendjahrfeier sich bis Herbst erstreckt.

Thietmar per Schiff

Besagter Thietmar (975-1018) verbindet in seiner Lebensgeschichte Sachsen-Anhalts drei Hauptstädte. In Magdeburg hat er die Schule besucht, in Merseburg den Grundstein zum Dom gelegt und in Halle auf dem Giebichenstein dem damaligen Erzbischof Tagino die Sterbesakramente abgenommen. Dazu reiste Thietmar per Schiff an, weil der Ärmste wegen einer Wunde am Hintern nicht reiten konnte - so hat Kirchhoff recherchiert.

Dass der Hallenser diesen Thietmar bei seinem Flussfahrt-Event selbst darstellen will, hat übrigens mit Kirchhoffs Vita zu tun. Der gebürtige Magdeburger der seit 1984 in Halle lebt, bezeichnet sich als ein „Kind der Saale“.

Wie das? „Ohne die Saale“, sagt der Event-Erfinder, „würde es mich gar nicht geben.“ Schließlich habe sein Vater als Bauleiter in einem Wasserbaubetrieb bei einem „Saale-Durchstich bei Nienburg“ Kirchhoffs Mutter kennengelernt. 1959 war das. Und die Saale sei der Familienfluss geblieben. Thomas Kirchhoff, sein Sohn und sein Vater (jetzt 75 Jahre alt) sind schon mal die Saale-Elbe-Tour von Wettin nach Magdeburg gepaddelt - in nur zwei Tagen! Und das sei die Initialzündung für den Plan gewesen, den Kirchhoff nun noch gemeinsam mit seinem Vater („als unser Abenteuer“) durchziehen will.

Mitstreiter gewonnen

Und inzwischen hat er dafür auch starke Mitstreiter gewonnen: So den Mittelalter- und Weltmusiker Klaus Adolphi mit seiner Band „Horch“. Und so auch Steintor-Chef Rudenz Schramm als erfahrenen Veranstalter. Freilich sind noch einige Probleme zu lösen bei der Frage, wie man so eine identitätsstiftende Odyssee für Sachsen-Anhalt am effektvollsten in Szene setzt, ohne sie zur sprichwörtlichen Irrfahrt werden zu lassen. Ein paar Unterstützer werden da noch gebraucht - und ein paar Mitstreiter müssen gecastet werden.

Doch das Ziel scheint die Mühe wert zu sein. Schließlich soll diese Geschichte „hier mal für alle erlebbar werden“. So, dass auch ganz normale Familien mittun und die Handlung nachvollziehen können. „Das soll nicht so verkopft sein, wie die vielen großen Ausstellungen, die ich gesehen habe“, sagt Thomas Kirchhoff. Sondern? Wie sonst soll seine Flussfahrt werden?

Darauf der Initiator: „Sie muss einfach unter die Haut gehen.“ (mz)