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Prozess gegen Bernd Wiegand Prozess gegen Bernd Wiegand: Urteil in der Warteschleife

Von Jan-Ole Prasse 29.01.2015, 19:09
Bernd Wiegand (l.) und sein Anwalt verlassen das Landgericht.
Bernd Wiegand (l.) und sein Anwalt verlassen das Landgericht. Jens Schlueter Lizenz

Halle (Saale) - Das Urteil im Prozess gegen Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) ist am Donnerstag überraschend auf den 9. Februar verschoben worden. Zum mittlerweile zweiten Mal. Schon am 11. Dezember 2014 hatte die Wirtschaftsstrafkammer in Halle die Urteilsverkündung vertagt. Zu den Gründen äußerte sich der Vorsitzende Richter Helmut Tormöhlen am Donnerstag nicht.

Spätestens am 9. Februar muss aber das Urteil fallen. Die Strafprozessordnung schreibt vor, dass elf Tage nach dem Beginn der Beratung eine Entscheidung verkündet werden muss. Ansonsten müsste der Prozess wiederholt werden.

Der parteilose Bernd Wiegand setzt sich in der Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters von Halle mit 52,9 Prozent gegen Bernhard Bönisch (CDU) durch. Hier geht es zum Beitrag

Amtsantritt als neuer Oberbürgermeister. Bernd Wiegand unterschreibt die Arbeitsverträge mit seinen Mitarbeitern im OB-Büro. Darunter sind auch die Verträge mit Büroleiterin Sabine Ernst sowie den Referenten Oliver Paulsen und Martina Wildgrube. Bei allen drei wird die Erfahrungsstufe 5 festgelegt.

Bernd Wiegand baut die Verwaltung um. Ämter werden zusammengelegt, Leiter versetzt. Einige gehen dagegen juristisch vor.

In einem  gemeinsamen Brief an die Kommunalaufsicht werfen die Fraktionsvorsitzenden Bernhard Bönisch (CDU), Johannes Krause (SPD) und Gerry Kley (FDP) Bernd Wiegand rechtswidriges Verhalten. Sie rügen die Einstellungen in seinem Büro und werfen ihm die Fälschung des Stellenplanes im Haushalt vor.

Das Landesverwaltungsamt beanstandet den Haushalt der Stadt Halle. Unter anderem wird moniert, dass der eingereichte Stellenplan nicht mit dem vom Stadtrat beschlossenen übereinstimme. Am Ende wird der Haushalt genehmigt. Mehr dazu lesen Sie hier.

Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt gegen Bernd Wiegand wegen der Einstufung von Büroleiterin Sabine Ernst sowie der Referenten Martina Wildgrube und Oliver Paulsen.

Nach dem Jahrhundert-Hochwasser beginnt Bernd Wiegand mit dem Neubau des Gimritzer Dammes in Eigenregie der Stadt. Wenige Tage später stoppt das Landesverwaltungsamt den Bau. Das Verwaltungsgericht bestätigt den Baustopp. Mehr Infos hier.

Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmt Personalakten im Rathaus. Lesen Sie hier mehr.

 Der Stadtrat spricht eine offizielle Missbilligung gegen Bernd Wiegand aus. Sie rügen seine Informationspolitik beim Deichbau. Hier geht es zum Beitrag.

Bernd Wiegand verliert vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg seine Klage gegen ein Disziplinarverfahren aus seiner Zeit als Beigeordneter. Die damalige OB Dagmar Szabados (SPD) hatte ihm die Bezüge um 20 Prozent gekürzt. In der Urteilsbegründung wirft das Gericht Wiegand systematisches Mobbing gegen seine ehemalige persönliche Referentin vor. Er soll ihr unter anderem keine Arbeitsaufträge mehr übertragen haben.

Auf einer Pressekonferenz in Halle verkünden Bernd Wiegand und Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (CDU) eine Einigung beim Deichneubau. Hier geht es zum Beitrag.

 Die Staatsanwaltschaft lädt Bernd Wiegand zur Vernehmung.

Bernd Wiegand teilt mit, dass die Staatsanwaltschaft Halle Anklage gegen ihn wegen schwerer Untreue erhoben hat.

Die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Halle lässt die Anklage gegen Bernd Wiegand wegen schwerer Untreue zu.

Prozessauftakt am Landgericht. Am ersten Tag gibt Wiegand eine 40-miütige Erklärung ab. Er weist die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft vehement zurück. Hier geht es zum Beitrag.

Das Landesverwaltungsamt genehmigt endgültig den Neubau des Gimritzer Dammes. Wiegands geplante Deichlinie wird weitgehend bestätigt. Lesen Sie hier den ganzen Beitrag.

In seinem Plädoyer fordert Staatsanwalt Frank-Thomas Schulze 16 Monate Haft auf Bewährung für Wiegand wegen schwerer Untreue. Die Verteidigung beantragt Freispruch. Hier geht es zum Beitrag.

Die Anwälte des Oberbürgermeisters Bernd Wiegand (parteilos) haben am Donnerstag ihre Schlussvorträge im Untreue-Prozess gehalten. Sie beantragen erwartungsgemäß einen Freispruch. Hier geht es zum Beitrag.

Die für den 12. Dezember geplante Urteilsverkündung wird vom Landesgericht verschoben. Die Kammer beabsichtigt, erneut in die Beweisaufnahme einzutreten und an weiteren Verhandlungstagen im Januar 2015 noch Zeugen zu vernehmen. Hier geht es zur Meldung.

Die Wirtschaftsstrafkammer hat am Montag Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) vom Vorwurf der schweren Untreue freigesprochen. Damit folgten die Richter um den Vorsitzenden Helmut Tormöhlen dem Antrag der Verteidigung. Hier geht es zur Meldung.

Wiegands Anwalt Michael Nagel reagierte zuversichtlich auf die nochmalige Verschiebung des Urteils. „Die weitere Vertagung macht deutlich, wie schwer es für die Kammer ist, ein aus ihrer Sicht richtiges Urteil zu finden“, sagte er auf MZ-Anfrage.

Über die Gründe könne nur spekuliert werden. „Offenbar können bestehende Zweifel, in welche Richtung auch immer, nicht mit der erforderlichen Mehrheit behoben werden“, so Nagel. Oberstaatsanwältin Heike Geyer wollte die Vertagung nicht kommentieren.

„Es gilt das Beratungsgeheimnis“

Grundsätzlich muss die Wirtschaftsstrafkammer, die aus drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besteht, die Schuldfrage und das Strafmaß mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit bestätigen, sagte der Sprecher des Landgerichtes Wolfgang Ehm. Das heißt, vier von ihnen müssen zustimmen. Das schreibe die Strafprozessordnung vor. „Es gilt das Beratungsgeheimnis“, sagte Ehm.

Allerdings könnten angesichts des komplizierten Falls auch noch rechtliche Unsicherheiten bestehen, sagte Christian Schröder, Strafrechtsprofessor an der Universität Halle. „Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ist die Vertagung kein schlechtes Zeichen. Das Gericht gibt sich offensichtlich sehr viel Mühe“, sagte Schröder.

Wiegand ist wegen schwerer Untreue angeklagt. Er soll drei Mitarbeitern höhere Gehälter zugebilligt haben, als im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vorgesehen. Die Staatsanwaltschaft fordert 16 Monate auf Bewährung, die Verteidigung hat einen Freispruch beantragt.

Es sind drei verschiedene Urteile mit sehr unterschiedlichen Konsequenzen möglich. Die MZ gibt einen Überblick:

Freispruch: Dies fordern die Rechtsanwälte des Oberbürgermeisters. Sollte das Gericht diesem Antrag folgen, wäre Wiegand vom Vorwurf der schweren Untreue entlastet. Die Staatsanwaltschaft könnte aber gegen das Urteil in Revision gehen. Darüber entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Im Schnitt dauert das Verfahren sechs Monaten.

Verurteilung unter einem Jahr: Würde das Gericht auf eine solche Strafe erkennen, könnte der Oberbürgermeister unabhängig von der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofes im Amt bleiben. Wiegands Anwälte haben aber angekündigt, in jedem Fall bei einer Verurteilung in Revision zu gehen. Allerdings könnte der Stadtrat ein Abwahlverfahren anstrengen. Dazu bedürfte es einer Dreiviertel-Mehrheit in der Kommunalvertretung. Anschließend hätten die Wähler das Wort. Für eine erfolgreiche Abwahl müsste die Mehrheit zustimmen. Die muss aber zugleich 30 Prozent der Wahlberechtigten umfassen. In Halle sind das im Moment etwa 58.000 Stimmen.

Verurteilung über einem Jahr: Die Staatsanwaltschaft fordert 16 Monate auf Bewährung. Wenn das Gericht diesem Antrag folgt, droht Wiegand der Verlust des Amtes. Wenn der BGH dieses Urteil bestätigt, müsste Wiegand seinen Posten laut Beamtengesetz räumen. In diesem Fall würde sein Stellvertreter Egbert Geier bis zu einer Neuwahl übernehmen. (jop)

Der Oberbürgermeister nutzte sein Schlusswort im Prozess zu einem Generalangriff auf die Staatsanwaltschaft und die Stadtratsfraktionen von CDU, SPD und FDP. „Das, was hier stattfindet, ist eine politische Intrige gegen einen parteilosen OB. Die Drahtzieher werden sich dafür verantworten müssen“, sagte er. (mz)